Öffentliche Toiletten im Wandel der Zeit

Schon 1908 konnte man im Wiener Schlosspark Schönbrunn in dieser stilvollen Toilettenanlage sein Geschäft verrichten. Sie ist - natürlich innen modernisiert - bis heute in Betrieb.

Für uns ist die öffentliche Toilette ganz normal - obwohl es diesen "stillen Ort" erst seit 1847 gibt. Bis dahin mussten abgelegene Ecken und Gassen zur Notdurft herhalten. London hat in puncto öffentliche Toilette Maßstäbe gesetzt: Es war die erste Stadt, die dem Freipinkeln Einhalt gebot.

Heute gehen wir, wenn wir mal müssen, ganz selbstverständlich auf die Toilette, lassen unser Geschäft mit dem Druck auf die Spülung verschwinden, fertig!

Im Mittelalter sah das ganz anders aus. Viele Städte versanken in Dreck und Abwässern. Der Inhalt der Nachttöpfe und anderer Unrat wurde einfach aus dem Fenster geschüttet! Vorher und danach - so verlangte es ein Gesetz - musste jedoch ein Warnruf gegeben werden, damit die Fußgänger rechtzeitig zur Seite springen konnten.

Andere Länder, andere Sitten

Im antiken Rom war der Toilettengang eine soziale Angelegenheit: Auf den steinernen Toiletten saß man in langen Reihen und unterhielt sich.

Der Stadtmensch im alten China urinierte auf offener Straße. Dazu stülpte er ein bis zu zwei Meter langes Rohr über, um sich ja nicht nass zu machen. Auf dem Lande hingegen erleichterten sich die Chinesen gern unterirdisch. Sie hoben bis zu acht Meter tiefe Gruben aus.

Einen eigentümlichen Brauch gab es in Japan. Wenn der Shogun auf Reisen war und mal dringend ein größeres Geschäft verrichten musste, betrat er einfach das nächste Haus und machte dort wortlos mitten in die gute Stube. Das war eine große Ehre für den Hausherrn, der das Hinterlassene stolz seinen Nachbarn präsentierte.

Die Geschichte der Notdurft

Das Plumpsprinzip herrschte auf dem ,,Häusl" des Bauern wie auf der ,,Commode" im Bürgerhaus und bei den auf Brücken installierten öffentlichen Latrinen - elf Stück davon gab es allein über dem Londoner Fleet River, der unter der Fäkallast allmählich zur Fleet Street heranwuchs.

Ebenfalls von hoch oben erleichterten sich die edlen Ritter und ihre Fräulein auf den Burgen, wenn sie auf die so genannten "Garderobes" gingen, die Urtyenp der privaten Einzelklos.

Backe an Backe saßen die Mönche auf gemeinschaftlichen Donnerbalken nebeneinander, denn allein durften sich die Ordensbrüder nicht entleeren.

In einem an die Außenwand gemauerten Erker, durch deren Lochsitz das Exkrement in den Burggraben fiel, saß lang und oft auch Martin Luther. Angeblich hatte der Reformator hier sogar seine besten Ideen.

Öffentlich hingegen thronte König Ludwig XIV. auf seiner überreich verzierten Chaise percée, dem damals an europäischen Höfen modischen Leibstuhl mit Samtpolstern für den königlichen Allerwertesten. Dabei rissen sich die Mitglieder des französischen Adels um das Vorrecht, dem Sonnenkönig beim ... zusehen zu dürfen. Man war sogar bereit, den König dafür zu bezahlen.

Rückzug ins Privatleben

Erst im 18. Jahrhundert, als verheerende Seuchen in Europa wüteten, besann man sich wieder auf Sauberkeit. Man entdeckte, dass die schlimmen Seuchen in Zusammenhang mit mangelnder Hygiene standen.

Noch Mitte des 19. Jahrhunderts verrichteten fast alle ihre Notdurft im Freien. Es gehörte zum alltäglichen Stadtbild, dass dort, wo heute elegant gekleidete Leute durch die Straßen eilten, Frauen in einem Straßengraben oder hinter einem Busch hockten, die langen Röcke um sich gerafft. Die Männer erledigten ihr Geschäft ungestört in dunklen Gässchen. Der Gestank störte niemanden.

Allmählich änderten sich die Gewohnheiten. Nach und nach wurden in den Städten Kanäle und Kläranlagen gebaut. Das Wasserklosett wurde erfunden und mit der Zeit veränderten sich auch die Pinkelgewohnheiten der Bürger. Was Jahrhunderte lang auf der Straße stattfand, wurde jetzt zur Privatangelegenheit.