Die höchste Bahnstrecke der Welt

Eine enorme technische Anstrengung war nötig, um die höchst gelegene Eisenbahnstrecke der Welt zu bauen.

Im Juli 2006 ist sie eingeweiht worden: Die 1142 Kilometer lange Rekordstrecke führt über 5000 Meter hohe Pässe von China in die tibetische Hauptstadt Lhasa. Auch der höchst gelegene Bahnhof liegt an dieser Strecke. Der Bau wird von chinesischer Seite als "technisches Wunderwerk" bezeichnet. Doch es gibt auch Kritik an der außergewöhnlichen Bahnstrecke.

Rekorde und Bauarbeiten der Superlative

Von Golmud in der chinesischen Provinz Qinghai nach Lhasa benötigt der Zug zwölf, von Peking aus 48 Stunden. Dabei können die Außentemperaturen von 30 Grad plus bis 30 Grad minus schwanken. 980 Kilometer der Strecke liegen auf über 4000 Meter über dem Meeresspiegel. Vier Jahre lang verlegten 35 000 Arbeiter die Schienen durch das Gebiet, das lange für den Schienenverkehr tabu war. Rund 3,46 Milliarden Euro kostete die Strecke, die die höchst gelegene der Welt ist. Nun fahren hier Dieselloks vom Typ "Dongfang 8". Insgesamt liegen 29 Bahnhöfe an der Bahnverbindung. Den höchsten Punkt erreicht der Reisende auf 5072 Metern und die Station Tanggula ist nun mit 5068 Metern der höchst gelegene Bahnhof der Welt. Der bisherige Rekordhalter, die südamerikanische Andenbahn, liegt 255 Meter tiefer.

Ein großes Problem: fast die Hälfte der Strecke liegt auf einem Gebiet in dem Permafrost herrscht. Der Untergrund ist also dauerhaft gefroren. Hält aber die Klimaerwärmung an, so taut auch hier im Sommer die Oberfläche auf und so könnten sich die Gleise verschieben und auch absacken.

Die Arbeiter stellte auch die Höhe von über 4000 Meter vor große körperliche Anstrengungen.

Sauerstoffmangel

In den hochgelegenen Gegenden dieser Bergregion ist der Sauerstoffgehalt der Luft nur halb so hoch wie im Flachland. Je höher man kommt, desto "dünner" wird die Luft. Das bedeutet, dass der Luftdruck mit der Höhe abnimmt. Dadurch ist in einer festgelegten Menge Luft weniger Sauerstoff enthalten. Man muss also mehr Luft einatmen, um die gleiche Menge Sauerstoff zu erhalten, als in niedriger gelegenen Gegenden. Der menschliche Körper versucht das kurzfristig auszugleichen, indem man schneller atmet. Längerfristig bildet der Körper nach einigen Tagen mehr rote Blutkörperchen, die den Sauerstoff binden und im Körper transportieren. Bei jedem Menschen kann die Höhe, bei der er Atemprobleme bekommt unterschiedlich sein.

Dieser Sauerstoffmangel war nicht nur für die Arbeiter schwierig er ist auch ein Problem für die Reisenden! Deshalb gibt es Spezialwaggons einer kanadischen Firma, die extra abgedichtet und mit Sauerstoffgeräten bestückt sind. Sie sollen dafür sorgen, dass zusätzlicher Sauerstoff in die Waggons geführt wird. Wie in Flugzeugen, hat jeder Fahrgast im Notfall eine Sauerstoffmaske zur Verfügung. Da dennoch Passagiere an der berüchtigten Höhenkrankheit leiden könnten, reisen extra Ärzte mit, um im Notfall gleich eingreifen zu können. Diese Höhenkrankheit bekommt man, wenn der Körper sich nicht langsam an die Höhe und den Sauerstoffmangel gewöhnen kann. Es können dann Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, fehlender Appetit und Übelkeit auftreten.

Umstrittenes Projekt

Während die Chinesen diese Bahnstrecke als Meisterleistung der Technik feiern und sie offiziell den Tibetern als auch dem westlichen China Wohlstand bringen soll, sehen Kritiker das Projekt ganz anders. Sie sehen darin einen weiteren Schritt Chinas, das tibetische Hochland zu kolonialisieren und unter ihre Macht zu bekommen.

 

1950 hatten chinesische Truppen die tibetische Hauptstadt Lhasa gewaltsam eingenommen und das Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama ins Exil gezwungen. Seither versucht China seine Herrschaft über die Tibeter auszubauen. So versuchen auch immer mehr Chinesen in Tibet eine neue Existenz zu gründen. Die Tibeter haben Angst, dass wieder ein Teil ihrer eigenen Kultur verloren geht und die Chinesen auch ihre Bodenschätze billiger abbauen und ins Landesinnere schaffen wollen.

Auch vor den ökologischen Folgen haben viele Tibeter Angst. So weisen Naturschützer auf die Tiere des Hochplateaus hin, deren Wanderungswege durch die Schienen gekappt wurden. In dieser Region leben zum Beispiel die Yaks, Hochlandrinder, die bestens bei Temperaturen von weit unter 0 Grad Celsius auskommen können. Doch für die Tiere, so die chinesische Regierung, wurden extra Durchgangstunnel unter  der Bahnstrecke gebaut.

Bisher wurde diese Region nur mit dem Flugzeug oder über schlechte Straßen erreicht. Durch die Bahnstrecke kommen viel, viel mehr Menschen in die Region. Sie produzieren natürlich auch viel mehr Abfall und benötigen mehr Nahrung. Noch weiß man nicht, welche Folgen das haben wird.

China plant schon den Ausbau der Strecke und will bis 2017 zwei neue Strecken nach Linzhi im Osten und Xigatse errichten lassen und so am Ende eine Bahnverbindung bis Indien bauen.