Fleischfressende Pflanzen

Kannenpflanzen, die es auch in tropischen Regenwäldern gibt,  locken ihre Beute in Gefäße, aus denen es kein entrinnen mehr gibt. Verdauungsenzyme zersetzen das Opfer.

Das Pflanzenreich scheint auf den ersten Blick sehr harmonisch und friedfertig zu sein. Doch sieht man genauer hin, findet man auch hier Organismen, die mit allen möglichen Tricks um ihr Überleben und ihre Fortpflanzung kämpfen. Dazu gehört auch der Verzehr von Tieren.

Eine Sommerwiese im Sonnenlicht scheint ein harmonischer und friedfertiger Platz zu sein: Bienen summen um einen herum, der Duft vieler Blüten kitzelt in der Nase und Blumen wiegen sich im Wind. Doch der Friede ist trügerisch, denn einige Pflanzen besorgen sich ihre Nährstoffe, indem sie Tiere fangen.

Natürlich stellen sie keinen Füchsen oder Rehen nach, doch sie haben verschiedene Fallen entwickelt, mit denen sie reiche Beute machen. Auf dem Speiseplan stehen Einzeller und Insekten bis hin zu Kleintieren wie Mäusen. Fleischfressende Pflanzen werden lateinisch als carnivor bezeichnet.

Der berühmte Naturforscher Carl von Linné bestritt übrigens die Existenz von fleischfressenden Pflanzen. Als er die ersten Beschreibungen der Venusfliegenfalle hörte, lehnte er dies unter Verweis auf die Bibel ab. Denn dort heißt es, dass Pflanzen für Mensch und Tier als Nahrung dienen sollten und nicht umgekehrt. Linné hielt den Gedanken an fleischfressende Pflanzen für blasphemisch, also gotteslästerlich.

Fallen sind kostspielig

Fallen auszubilden ist für Pflanzen eine aufwendige Angelegenheit. Denn die zu Fallen umgewandelten Blätter betreiben Photosynthese  viel schlechter als dafür vorgesehene Laubblätter. Vorteile haben fleischfressende Pflanzen an nährstoffarmen Standorten. Dort können andere Pflanzen kaum gedeihen.

Fleischfressende Pflanzen findet man daher hauptsächlich in Mooren, tropischen Regenwäldern, auf sandigem oder felsigem Untergrund. Damit die schlecht funktionierenden Blätter dennoch genug Photosynthese betreiben können, muss der Standort sehr sonnig und feucht sein.

Fallen machen unabhängig

Weil die Pflanzen den größten Teil des Nährstoffbedarfs über ihre Beute beziehen, gedeihen solche Pflanzen auch auf sehr schwierigen Böden. Etwa solchen, die mit Schwermetallen belastet sind oder sehr sauer oder basisch sind oder mit Salz belastet sind wie Standorte am Meer. Sogar Radioaktivität hält die Gattung Utricularia aus. Carnivore Pflanzen kommen auf allen Kontinenten außer der Arktis vor, man kennt über 1000 Arten. In Österreich und Deutschland gibt es etwa 15 Arten.

Die Pflanzen haben verschiedene Methoden entwickelt, um ihrer Beute habhaft zu werden:

Pflanzen mit Klebefallen sondern an ihren Fangblättern eine klebrige Substanz ab. Ein betörender Duft lockt die Insekten an. Versucht das Insekt, sich zu befreien, berührt es noch andere klebrige Teile und haftet immer fester. Einige Pflanzen rollen auch ihr Blatt um die Beute. Dann werden bestimmte Stoffe, so genannte Enzyme, ausgeschüttet. Die lösen die Beute auf. Einige Pflanzen lassen das gefangene Insekt auch von Wanzen fressen, die auf ihnen leben. Die Pflanze ernährt sich dann von den Ausscheidungen der Wanzen. In Deutschland wendet unter anderem der Sonnentau die Klebefallenmethode an.

Mit fleischfressenden Pflanzen verbindet man im allgemeinen die Klappfallen der Venusfliegenfalle. Außer ihr verwendet nur die Wasserfalle diese Methode. Dabei stehen sich zwei Blatthälften, die mit Fühlhaaren versehen sind, gegenüber. Berührt nun ein Insekt eines dieser Haare mehrmals oder mehrere Haare hintereinander, dann klappen die Blatthälften zusammen. Anschließend wird ein Verdauungssekret produziert, das die Beute zersetzt und die Nährstoffe der Pflanze zugänglich macht. Nach etwa acht Tagen öffnet sich die Falle wieder und die unverdaulichen Überreste werden frei.

Saugfallen funktionieren nur unter Wasser. Nur die Gattung der Wasserschläuche wendet diese Methode an. Dabei wird in speziellen Kammern ein Unterdruck aufgebaut. Wird diese Kammer von einem Beutetier berührt, dann saugt der Unterdruck sie plötzlich in die Falle hinein. Das passiert in nur einer dreißigstel Sekunde, zu schnell für Beutetiere, um noch zu flüchten. Das Wasser wird dann aus der Falle herausgepumpt und die Beute zersetzt.

Fallgrubenfallen sind gekennzeichnet durch einen Hohlraum, in den das Insekt hineinfällt. Steile und glatte Wände machen ein Entkommen unmöglich. Unter anderem Kannenpflanzen und Kobralilien wenden diese Methode an.

Reusenfallen sind Weiterentwicklungen der Fallgrubenfallen. Die Beute kann in der Reuse nur in eine Richtung gehen und landet schließlich in einer Art Magen, gefüllt mit Verdauungssekret. Die Gattung der Reusenfallen und der Papageien-Schlauchpflanzen kommen so zu ihren Nährstoffen.