Ohne Chemie keine Zukunft

Chemie ist wichtiger als wir denken. Ohne sie würde es kein Leben auf der Erde geben.Quelle: © Maxx Studio, Shutterstock

Als Schulfach spielt Chemie neben Physik oft eine Nebenrolle. Dabei ist Chemie die Grundlage des Lebens und zahlreicher Erfindungen. Wir haben uns mit Dr. Rainer Köthe – Chemiker, Biockemiker und Wissenschaftsjournalist – darüber unterhalten, welche bedeutung Chemie für unseree Zukunft hat.

Viele Laien können mit Chemie gar nichts anfangen. Welche modernen Errungenschaften haben wir ihr bis heute zu verdanken?

Chemie ist nicht nur das, was die chemische Industrie herstellt Chemie sind wir alle. In allen Lebewesen finden ständig chemische Umsetzungen statt, anders können wir uns Leben gar nicht vorstellen. Insofern ist Chemie nichts Künstliches, sondern die Grundlage des Lebens.

Aber auch die Produkte der chemischen Industrie sind für unser modernes Leben unverzichtbar, auch wenn viele Menschen darüber nicht nachdenken. Würde ein böser Geist über Nacht alles entfernen, was mithilfe künstlicher chemischer Umsetzungen hergestellt wurde, wäre unser Leben plötzlich sehr leer und arm es gäbe weder Stahl, Aluminium, Kupfer oder Silizium, wir hätten keine Kunststoffe, moderne Arzneimittel, Waschmittel, Farbstoffe, elektronische Geräte, Autos, Schiffe, Brücken, ja nicht einmal Häuser. Und der größte Teil der Menschheit würde verhungern, weil ohne künstliche Düngemittel die Ernteerträge zusammenbrächen.

Welcher Nobelpreisträger im Bereich Chemie hat die Auszeichnung Ihrer Meinung nach bis heute am meisten verdient?

Eine schwierige Frage, denn Wichtiges haben sie alle geleistet, sonst hätten sie ja den Preis nicht bekommen. Mein freilich subjektiver Vorschlag wäre Kary Mullis, dem er 1993 für die Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion zugesprochen bekam. Diese Methode erwies sich als wichtige Grundlage für eine Unzahl biochemischer Forschungen, von der Entschlüsselung des Erbguts vieler Arten bis hin zum genetischen Fingerabdruck in der Verbrechensbekämpfung, und diese Forschungen werden vermutlich im 21. Jahrhundert immer wichtiger. Sie werden unser Leben und nicht zuletzt die Medizin immer stärker prägen.

Inwiefern ist Chemie wichtig für unsere Zukunft? Was kann sie zum Beispiel. in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit leisten?

So wie die Chemie die Gegenwart prägt, wird sie dies auch in der Zukunft tun. Praktisch alle modernen Alltagsgegenstände vom Auto bis zum Flachbildfernseher, vom Computer bis zum Küchengerät sind auf hochentwickelte chemische Produkte angewiesen. Auch Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind ohne chemische Forschungen nicht machbar.

Wenn ich zum Beispiel geringe Mengen wertvoller Stoffe aus Müll zurückgewinnen möchte, brauche ich chemische Methoden dazu. Und ebenso ist die umweltschonende Herstellung von Rohstoffen oder der gezielte Abbau von unerwünschten Stoffen etwa im Abwasser zum Teil auch nach dem Vorbild natürlicher chemischer Abläufe nur möglich, wenn man diese Abläufe versteht und umsetzt oder neue chemische Herstellungsverfahren entwickelt, die von vornherein weniger Abfallprodukte erzeugen.

Im Übrigen ist es eine über 200 Jahre alte chemische Tradition, Abfallstoffe durch Forschung zu wertvollen Rohstoffen für neue Produkte zu machen. Ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert: Das bei der Leuchtgasgewinnung in riesigen Mengen anfallende giftige und zunächst unbrauchbare Abfallprodukt Steinkohlenteer wurde aufgrund der Forschung von Chemikern zur Grundlage der Teerchemie mit Farben und Arzneimitteln und damit zur Keimzelle von Firmen wie BASF, Hoechst und Bayer.

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