Nur ein kleiner Pieks: Die Erfindung der Lokalanästhesie

Moderne Anästhesie gehört heute zu jeder Operation dazu.

Die lokale Betäubung gilt als eine Errungenschaft der modernen Medizin. Nur eine kleiner Piks und der Patient spürt – zum Beispiel beim Zahnarzt – keine Schmerzen mehr. Pionier auf diesem Gebiet war der aus Stettin stammende Carl Ludwig Schleich. Sein verfahren setzte sich trotz vielfachen Widerstands in der Ärzteschaft durch.

Eine herausragende Leistung Schleichs war die Entwicklung der so genannten "Infiltrationsanästhesie", auch örtliche Betäubung genannt. Beim Zahnarzt bekommt man ein lokal wirkendes Betäubungsmittel ins Zahnfleisch gespritzt. Die Moleküle des Schmerzmittels verstopfen Poren in den Nerven. Wissenschaftlich gesprochen: Sie blockieren Ionenkanäle. Dadurch kann der Nerv keine Reize mehr weiterleiten. Weil das zu betäubende Gebiet vom Betäubungsmittel durchdrungen (infiltriert) wird.

Diese Entdeckung war zu Zeiten Carl Ludwig Schleichs geradezu revolutionär. Denn damals kannte man nur die allgemeine Narkose, etwa durch Chloroform. Schleich sprach sich dafür aus, wo immer möglich, eine lokale Betäubung vorzunehmen, statt eine Narkose. Denn eine Narkose war besonders zu Schleichs Zeiten auch immer mit der Gefahr von Herz-Kreislaufkomplikationen verbunden, die durchaus tödlich sein konnten.

Narkose

Als Narkose bezeichnet man zum Beispiele eine allgemeine, den ganzen Körper betreffende Betäubung vor einer großen Operation. Eine Narkose erfolgt, indem man Gase einatmet und verschiedene Substanzen gespritzt bekommt. Die verschiedenen Mittel dienen dazu, die Muskeln zu entspannen und das Bewusstsein auszuschalten. Man spricht von hypnotischer (das Bewusstsein ausschaltender), analgetischer (schmerzstillender) und relaxierender (entspannender) Wirkung.

Ärzte gegen Schmerzfreiheit

Gegen das von Schleich entwickelte Betäubungsverfahren gab es zunächst großen Widerstand. So wurde Schleich auf einem Kongress, wo er sein Verfahren vorstellte, das Rederecht entzogen. Man war man sich nicht sicher, ob die Ausschaltung des Schmerzempfindens neue Gefahren barg. Denn der Schmerz diente bei Operationen dem Arzt auch als Signal dafür, ob er auf dem richtigen Weg war.

Betäubungsmittel als Partydroge

Zudem dachte man, der Organismus würde durch die Betäubung zusätzlich zur Operation belastet. Und schließlich wandte man sich gegen die Verwendung von zum Beispiel Lachgas, weil es damals als Partydroge galt. Damit wollten seriöse Ärzte nicht in Verbindung gebracht werden.

Heute völlig unverständliche Ansichten und gruselig, wenn man sich vorstellt, einen Zahnarzteingriff oder eine Mandeloperation ohne Betäubung mitmachen zu müssen. Schließlich setzte sich auch das Verfahren von Carl Ludwig Schleich.

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