Ganz nah dran an den Wölfe - Interview mit zwei Wildbiologen

 

 

 

 

 

Wolfsforscher wachen unter anderem darüber, wie viele Wolfamilien es in einem bestimmten Gebiet gibt und wie viele Jungtiere geboren werden. Quelle: © Vibe Images, sutterstock

 

 

 

 

 

 

Wie beobachtet man Wölfe? Muss man Angst vor den Tieren haben? Und warum Salamibrote als Proviant keine gute Idee sind. Hier könnt ihr ein Interview mit Gesa Kluth und Sebastian Koerner, beide Wildbiologen mit diesem Schwerpunkt, lesen.

 

Wie arbeiten eigentlich Wolfsforscher?

 

Gesa Kluth:Für unsere Auftraggeber, zum Beispiel das sächsische Umweltministerium, versuchen wir herauszufinden, wie viele Wolfspaare und wie viele Wolfsfamilien es gibt, wie sich der Bestand entwickelt und welche Beute die Wölfe jagen. Dazu werden automatische Kameras aufgestellt, die auslösen, sobald die Wölfe vorbeilaufen. Auch untersuchen wir den Kot der Wölfe und die Reste der erbeuteten Tiere.  

 

Das klingt ja zum Teil ziemlich ekelig und gruselig!

 

Sebastian Koerner:Nicht für Biologen. In dem getrockneten Wolfsköttel lassen sich unverdaute Rehhaare und Hasenzähnchen finden. Wildbiologen können schon an ein paar Knochen erkennen, welche Art oder welches Geschlecht das Tier hatte, und auch ob es jung, alt, krank oder gesund war. So weiß man, was die Wölfe fressen.

 

Dann sind sie sicher viel draußen in der Natur unterwegs?

 

Gesa Kluth:
Schön wär`s! Den größten Teil des Tages sitzen wir vor den Computern und müssen unsere Daten eingeben und auswerten. Wir legen einzelnen Tieren Sender an und können so auf dem Computer verfolgen, wo sie schlafen, wie lange sie laufen und wo sie gerne jagen. Auch viele Besprechungen und Telefonate sind zu erledigen. Wenn das Wetter ideal ist – frischer Schnee im Winter zum Beispiel – dann lasse ich im Büro auch mal alles fallen und gehe auf Spurensuche. Die Wölfe halten einen so oder so wirklich auf Trab!

 

Haben sich die Wölfe inzwischen an Sie als Filmer und Forscher gewöhnt?

 

Gesa Kluth:Wir versuchen ja gar nicht in die Nähe der Wölfe zu kommen und sie an uns zu gewöhnen – das gehört nicht zu unserer Arbeit. Natürlich kann es sein, dass die Wölfe unseren Geruch kennen.  

 

Haben Sie manchmal doch Angst, dass Wölfe doch gefährlich werden könnten?

 

Sebastian Koerner: Nein, nie. Wölfe sind ja klug und wollen einfach keinen Ärger mit Menschen. Angst habe ich im Wald eigentlich eher vor menschlichen Jägern, die mich in der Dämmerung mit einem Wildschwein verwechseln könnten.

 

Gesa Kluth:Wölfe sind vorsichtige Tiere, die Angst vor Neuem und Unbekanntem haben. Solange Wölfe und Menschen nebeneinander leben, ist eigentlich alles in Ordnung. Echte Probleme verursacht man nur, wenn man Wölfe füttert, denn dann bekommen Wölfe Interesse an Menschen als Futterquelle und das ist gefährlich.

 

Herr Koerner, wie wurden Sie Wolfsfilmer?

 

Sebastian Koerner: Ich habe zwar Biologie studiert, aber zu den Wölfen kam ich eher durch Zufall. Ich hab` mich nämlich in eine Wolfsforscherin verliebt. Gesa hat geschwärmt, was für interessante Tiere Wölfe doch sind und dass es über sie noch so viel zu lernen gibt. So wurde ich Wolfsfilmer.

 

Wie nah kommen Sie an die Tiere heran?

 

Sebastian Koerner: Also, ich will schon näher an die Wölfe herankommen. So 60 bis 120 Meter sind für mein 1200-mm-Teleobjektiv optimal. Und ich bin überzeugt, dass die Wölfe meinen Geruch kennen und nicht beunruhigt sind, wenn ich ihre Rendezvouz-Plätze besuche, wo man die Tiere besonders gut filmen kann. Oft muss man stundenlang mucksmäuschenstill warte, drei bis vier Stunden, bis sich die Wölfe zeigen.

 

Können Sie denn mal etwas essen?Und was ist, wenn Sie mal müssen?

 

Sebastian Koerner: Ich geh` halt vorher auf`s Klo. Menschlicher Urin riecht auch für Wölfe ziemlich streng. Und essen, das geht gar nicht. Salamigeruch und Käse machen die Tiere sofort auf mich aufmerksam. Oft lutsche ich aber ein Bonbon, damit ich nicht husten muss.

 

Das wildbiologische Büro LUPUS klingt nach einem tollen Arbeitsplatz, Wie wird man in Deutschland Wildbiologe?

 

Gesa Kluth: Es ist eine sehr spannende Arbeit, das ist wahr. Leider gibt es in Deutschland bisher noch wenige Möglichkeiten in diesem Bereich zu arbeiten. Es wäre aber wichtig, dass sich in Zukunft mehr junge Leute dafür interessieren. Berufe, die zwischen den Interessen von Wildtieren und Menschen vermitteln, werden in Zukunft sicherlich gebraucht.