Großstadtvögel müssen lauter singen

Ob im Schulbus oder auf einer Party – je mehr Lärm herrscht, desto lauter reden wir. Singvogelmännchen in unseren Städten geht es ähnlich. Auch sie müssen ihre Stimme erheben, um den Lärm in der Stadt zu übertönen. Das fanden Vogelkundler (Ornithologen) aus Deutschland und den Niederlanden heraus.

Gegen den Großstadtlärm anzusingen wird für Vögel immer schwieriger. Quelle: ©martin 33, Shutterstock

 

Einfach lauter singen?

Der deutsche Verhaltensforscher Henrik Brumm untersuchte männliche Nachtigallen in der Stadt und fand heraus, dass diese bis zu fünf Mal so laut singen wie ihre Artgenossen auf dem Land.
Kein Wunder, müssen sie doch stark befahrene Straßen, Eisenbahnlärm, Baustellengetöse und Lautsprecherdurchsagen übertönen. Sie erreichen bis zu 95 Dezibel und sind damit vergleichbar mit einem Presslufthammer. 

Schneller, höher, lauter – sind Singvögel Soundmaschinen?

Kohlmeisen singen nicht nur lauter, sondern auch in höheren Tonlagen um sich gegen den meist dumpfen Straßenlärm abzusetzen. Außerdem sind ihre Lieder schneller und schriller als in ruhigerer Umgebung. Eine andere Lösung hat das Rotkehlchen parat: Statt wie gewohnt am Tage, singt es einfach in der Nacht, wo es in der Stadt am stillsten ist.

Die Stillen fliegen raus

Doch nicht alle Vögel haben die Möglichkeit sich so gut an ihre Umgebung anzupassen. Viele können nicht höher singen, so etwa Goldamsel, Hausspatz oder Kuckuck. In städtischen Gebieten haben sie es daher immer schwerer. Schließlich ist das Singen nicht ihr Hobby sondern notwendig zum Überleben. Die Männchen locken damit Weibchen an und schrecken gleichzeitig Konkurrenten ab.  

Immer weniger Vögel in der Stadt

Doch was ist, wenn diese sie nicht mehr hören können, da der Umgebungslärm zu laut ist? Das Männchen wird öfter in Kämpfe verstrickt und kann sich seltener fortpflanzen – beides keine guten Voraussetzungen für das Überleben der Art.

Neben Luftverschmutzung, schlechterem Nahrungsangebot und weniger Brutplätzen wird auch der Lärm dafür sorgen, dass viele Vogelarten über kurz oder lang ganz aus den Städten verschwinden. Das heißt zwar nicht, dass das Gezwitscher dann aufhört, aber es wird eintöniger werden. Weniger Stimmen und weniger Arten werden sich in Zukunft in unseren Städten tummeln. 

Neue Arten durch neue Gesänge

Manche Biologen fragen sich sogar schon, ob durch die veränderten Gesangsbedingungen in der Stadt sogar neue Arten entstehen. Fakt ist, dass sich das Erbgut der Stadtamseln bereits von dem der Landamseln unterscheidet. So spielten Vogelkundler in Holland Stadt-Vögeln die Balzrufe anderer Stadtamseln und die ihrer Wald- und Wiesenkollegen vor.

Der Effekt war eindeutig: die Stimmen aus der eigenen Umgebung wurden deutlich bevorzugt. Bei den Landbewohnern ergab sich das gleiche Bild. Es ist wohl nur noch eine Frage von einigen Jahrhunderten, wenn nicht gar Jahrzehnten und die Stadtamseln werden sich überhaupt nicht mehr mit den Landamseln paaren können.

Du willst mehr über Vögel erfahren? Hier gelangst Du zu WAS IST WAS Band 40 Vögel, Akrobaten der Lüfte.