1870: Ein Tag bei einer Bergarbeiterfamilie

Um 1900 arbeiteten viele Kinder in Kohlebergwerken. Heute ist das bei uns verboten, in Südamerika gibt es diese Form der Kinderarbeit aber immer noch. Quelle: © Everett Historical, Shutterstock

Die Förderung schon Rohstoffen hat in Deutschland eine lange Tradition.  Wie hat wohl der Alltag einer Bergarbeiterfamilie im Ruhrgebiet um das Jahr 1870 ausgesehen? Wir haben für euch nachgeforscht.

Bergarbeitersiedlungen

Damals lebten die meisten Arbeiter in Werkssiedlungen. Die Chefs der Bergwerke hatten nämlich Wohnungen für die Bergmänner und ihre Familien bauen lassen. Das war notwendig geworden, weil viele Familien in so schlimmen hygienischen Verhältnissen gelebt hatten, dass Krankheiten und Epidemien unter den Arbeitern ausgebrochen waren.
Allerdings wurden dadurch die Bergleute noch abhängiger von ihren Chefs, denn der Bergwerksbesitzer war nicht mehr nur Arbeitgeber, sondern auch Vermieter. Leider waren diese Werkssiedlungen, für viele, aber die einzig bezahlbare Unterkunft.

Die Familie Stahl

Auch Kumpel (anderes Wort für Bergarbeiter) Heinrich Stahl lebte mit seiner Frau Berta und vier Kindern in einer solchen Reihenhaussiedlung. Zum Haus gehörte ein kleiner rechteckiger Garten, der gerade groß genug für eine Ziege, eine Gans und drei Hühner war. Familie Stahl hatte auch ein kleines Gemüsebeet. Das war wichtig, denn Lebensmittel waren teuer.

Im Haus gab es ein großes Zimmer, das gleichzeitig Küche, Wohn- und Badezimmer war. Dann gab es noch zwei fensterlose Kammern, dort musste die sechsköpfige Familie schlafen. Schon um vier Uhr morgens war die Nacht zu Ende. Vater Heinrich und der 16-jährige Klaus mussten ins Kohlebergwerk, wo sie in Schichten unter Tage hart arbeiten mussten.

Nachdem die Männer das Haus verlassen hatten, versorgte Berta die Tiere und weckte die jüngeren Kinder. Es gab Malzkaffee, Ziegenmilch, und Schmalzbrote zum Frühstück. Dann gingen die drei Kleineren in die Schule. Dort lernten sie ein bisschen Schreiben und Lesen.

Für Berta stand Wäsche waschen, kochen und putzen auf dem Programm. Wenn um 18 Uhr die Männer hungrig und dreckig von der Arbeit kamen, hatte sie bereits mehrere Wassereimer ins Haus geschleppt. Vater und Sohn schrubbten sich eilig den Dreck vom Körper. Die kleineren Kinder saßen schon ungeduldig bei Schmalzbrot, Kartoffeln und Ziegenmilch um den Tisch.

Nach dem Abendessen mussten noch die Kartoffeln für den nächsten Morgen geschält werden. Erst dann durften die Kinder ins Bett. Die Erwachsenen konnten sich nun die Ereignisse des Tages erzählen. Aber oftmals schliefen sie vor Erschöpfung dabei ein.

In Bochum gibt es ein Bergbaumuseum, in dem es eine auch für Kinder interessante Ausstellung zu sehen gibt.