Über den Wolken

20 Minuten hing das Leben des Kosmonauten Leonow buchstäblich an einem seidenen Faden. Mit einer rund fünf Meter langen Versorgungsleine blieb er mit der Raumkapsel Woschod-2 (Woschod = russ. für "Sonnenaufgang") verbunden. Während der Dauer seines Spaziergangs legte er gut 10.000 Kilometer zurück.

Der Pilot Leonow war der erste Mensch, der frei im Weltraum schwebte. In 500 km Höhe überflog er mit 29.000 km/h fast ein Viertel der Erde. Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Museums Viadrina

Alexei Archipowitsch Leonow wurde am 30. Mai 1934 in Sibirien geboren. Die Ausbildung zum Piloten absolvierte er mit zwei Auszeichnungen. Seinen Mut und seine Besonnenheit stellte Leonow bei einem Nachtflug mit einem Mig-Kampfflugzeug unter Beweis. Ein Stromausfall legte den Funk und die meisten Instrumente lahm. Ein Absprung mit dem Fallschirm wäre normal gewesen. Seine Kommandeure hätten es ihm nicht verübelt. Doch er schaffte es, das Flugzeug sicher zu landen. Wahrscheinlich wurde er deswegen später als einer der ersten Kosmonauten ausgewählt.

Tücken der Technik

Mit 31 Jahren flog Leonow im Rahmen der Woschod-2-Mission das erstemal in den Weltraum. Das Woschod-Schiff war eine umgebaute Raumkapsel, deren Luken fest verschraubt waren. Deshalb wurde eine aufblasbare Luftschleuse entwickelt, die einen Ausstieg in den Weltraum ermöglichen sollte. Probleme gab es, als Leonow wieder in die Kapsel zurückkehren wollte. Sein Raumanzug hatte sich zu sehr aufgebläht, so dass er nicht mehr durch die Schleuse passte. Er musste Luft aus seinem Anzug ablassen, um wieder ins Raumschiff zurückkehren zu können. Es war eine ungeplante und sehr gefährliche Aktion.

Eine umgebaute Wostok-Raumkapsel diente den Kosmonauten als Gefährt. Wegen der verschraubten Luken musste eine separate Schleuse angebracht werden, aus denen Leonow aussteigen konnte. Die Schleuse wurde vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre abgesprengt.



Auch das Raumschiff machte Probleme: Eine Luke schloss nicht dicht ab, so dass die Kosmonauten Atemluft verloren. Der Druckverlust wurde automatisch durch reinen Sauerstoff ausgeglichen. Dadurch stieg aber die Brandgefahr stark an. Schließlich versagte auch noch ein Triebwerk der Kapsel. Die Kosmonauten mussten mit einer Handsteuerung landen und verfehlten das Zielgebiet auf der Erde um über 3000 Kilometer. Fast einen Tag mussten die Raumfahrer auf Rettung warten.

Über den Dingen schweben

Der Spaziergang selbst war für Leonow ein unvergleichliches Erlebnis. Er hatte keinerlei Angst, sondern staunte über die unendliche Weite und Tiefe des Alls. Der Weltraum erschien ihm tiefschwarz, übersät mit hell leuchtenden Sternen. Wegen der fehlenden Atmosphäre strahlte die Sonne nicht, sondern hing einfach als helle glatte Scheibe in der Schwärze des Alls.

Heutige Raumanzüge sind manövrierfähig. Mit kleinen Düsen kann der Astronaut sich frei im All bewegen. Hier ist Bruce McCandless auf einer Space Shuttle-Mission zu sehen. Foto: NASA

Mitte der 70er Jahre flog Leonow im Rahmen eines Sowjetisch-Amerikanischen Freundschaftsprogramms zum zweiten und bislang letzten Mal ins All. Zusammen mit dem amerikanischen Astronauten David R. Scott schrieb Leonow die Biographie "Zwei Mann im Mond". Dort beschreiben sie den Wettlauf der beiden Supermächte ins All. Mittlerweile sind die beiden gute Freunde geworden.

Übrigens:

Kosmonaut ist die russische Bezeichnung für Astronaut. Beide Begriffe bedeuten Raumfahrer. Mittlerweile hört man auch von Taikonauten. Das ist das chinesische Wort für Weltraumfahrer.

 

WAS IST WAS-Band 16: Planeten und Raumfahrt

  

Dank an das Museum Viadrina.

Text: -jj- 17.3.2005

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