Sternguckers Paradies

Acht Jahre Bauzeit und hundert Millionen Euro kostete die Fertigstellung des "Großen Binokularen Teleskops" (="Large Binocular Telescope", LBT). Binokular heißt, dass es wie ein Fernglas mit zwei Röhren ("Tuben") konstruiert ist. Durch die Verwendung von zwei großen Spiegeln erreichen die Konstrukteure eine Auflösung, die zehnmal besser ist als die des Hubble-Teleskops. Das LBT ist das Beste, weil empfindlichste momentan in Betrieb befindliche Teleskop.

Das neue Riesenteleskop steht im amerikanischen Bundesstaat Arizona auf dem Mount Graham. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von deutschen, amerikanischen und italienischen Forschungseinrichtungen. In Deutschland war unter anderem das Max-Planck-Institut für Astronomie aus Heidelberg beteiligt. Dort wurde ein wesentliches Element des Teleskops entwickelt, die so genannte "adaptive Optik".

Größer ist besser

Das LBT ist ein Spiegelteleskop, das heißt, dass die meisten optischen Elemente Spiegel sind. Anders etwa als bei den Fernrohren, die ihr aus Piratenfilmen kennt. Bei denen sind die optischen Elemente Linsen, sie werden deshalb auch als Refraktorteleskope bezeichnet. Für große Teleskope wie das LBT kommt aber nur die Spiegeltechnologie in Frage. Denn es wird nur ein großer Hauptspiegel und ein kleiner Fangspiegel benötigt, statt vieler großer und schwerer Linsen. Der große Hauptspiegel lenkt das Licht zum Fangspiegel, der es wiederum zu einer Kamera oder auf eine Fotoplatte lenkt.Foto: Das Teleskop im Vergleich zum Brandenburger Tor; © idw/Leibnizgemeinschaft

Egal, ob Spiegel oder Linsen zum Lichtsammeln zum Einsatz kommen, wichtig ist, dass so viel Licht wie möglich gesammelt wird. Das gelingt, wenn man Linsen oder Spiegel möglichst groß macht. Denn je mehr Licht und damit Information gesammelt wird, desto schärfer ist die Abbildung und umso weiter entfernte Objekte lassen sich darstellen.

Spieglein, Spieglein ...

Die beiden Spiegel, die im LBT verwendet werden, haben jeweils einen Durchmesser von 8,4 Metern und jeder wiegt 16 Tonnen. Die zwei Spiegel haben denselben Effekt wie ein großer Spiegel mit 22,8 Metern Durchmesser. Zusammen haben sie eine Fläche von rund 110 Quadratmetern. Mit dieser Spiegelfläche kann so viel Licht gesammelt werden, dass man damit sogar noch eine Kerzenflamme in 2,5 Millionen Kilometern Entfernung sehen kann, das entspricht etwa dem 60-fachen Erdumfang.Foto: Der Projektleiter Dr.Hill hinter einem seiner Spiegel; © University of Arizona

Es dauerte rund sechs Jahre bis die Spiegel fertig waren. Nachdem das Material geschmolzen war, wurde es in eine sich langsam drehende Form gegossen. Dadurch erhielten die Spiegel ihre spezielle Form. Das Abkühlen dauerte noch mehrere Monate, bevor die Spiegel poliert werden konnten. Auch das Polieren war eine Meisterleistung. Die Höhenunterschiede auf der gesamten Spiegelfläche betragen nicht mehr als 20 Nanometer. Ein menschliches Haar ist bis zu 100000 Nanometer dick. Foto: Spiegeltransport; © University of Arizona

Wer viel sieht, sieht auch viele Fehler

Die Leistungsfähigkeit des Teleskops bringt aber auch Probleme. Vielleicht habt ihr auch schon einmal in einer klaren Nacht gemerkt, dass das Licht mancher Sterne zu flackern scheint. Das liegt nicht am Stern, sondern an der Atmosphäre der Erde. Die verschieden warmen Luftschichten der Erdatmosphäre beeinflussen das Licht des Sterns und verfälschen es. Damit das LBT nun nicht nur riesengroße Bilder von wabernden Sternen liefert, muss diese Unruhe der Erdatmosphäre ausgeglichen werden.

Hier kommt die "adaptive Optik" des Max-Planck-Institutes zum Einsatz. "Adaptiv" heißt so viel wie "sich anpassende" Optik. In den Weg des Lichts werden kleine, verformbare Spiegel eingebracht. Ein leistungsfähiger Computer errechnet die Störungen, die die Erdatmosphäre und die Erdrotation verursachen und verändert bis zu 2000 Mal in der Sekunde die Form der kleinen Spiegel. Dadurch kann das Bild entwackelt und geschärft werden. Das ist ungefähr so, als würde man 2000 Mal in der Sekunde verschiedene Brillen aufsetzen, um scharf zu sehen.

Scharfer Durchblick für neue Antworten

Weil das neue Instrument so empfindlich ist, hoffen die Forscher auch, ganz neue Erkenntnisse über das Universum zu erhalten. So wollen sie besonders weit in den Weltraum hineinschauen, in die Frühzeit des Universums. Außerdem könnte es mit dem neuen Gerät auch erstmals möglich sein, Planeten außerhalb des Sonnensystems direkt zu beobachten. Das geöffnete Observatorium; © University of Arizona

Übrigens...

...Teleskope gibt es nicht nur im sichtbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Vielleicht habt ihr auch schon mal von Radioteleskopen gehört. Damit betreibt man Radioastronomie. Rein technisch betrachtet sind auch Satellitenschüsseln kleine Radioteleskope. Das größte steht in Südamerika, in Arecibo. Dessen Schüssel hat einen Durchmesser von 305 Metern. Dort sucht man mit dem SETI-Projekt auch nach Botschaften von Außerirdischen.

...Röntgenteleskope haben keine Spiegel oder Linsen, weil die die Röntgenstrahlen einfach verschlucken würden. Stattdessen baut man lange kegelförmige Röhren, an deren Wänden die Röntgenstrahlung abprallt, genau wie ein Stein beim "Ditschen" auf einem See.

Wenn Du dich für Sterne und Weltall interessierst, dann schau dir doch mal den "Was ist Was" Band 6 "Die Sterne" an.

Oder Band 16 "Planeten und Raumfahrt"

Oder Band 102 "Unser Kosmos"

Hier findest Du mehr Informationen:

Eine Webcam im Inneren des LBT in Arizona

Eine Webcam, die das LBT von außen zeigt

Hier gibt´s mehr Bilder und Informationen zur Herstellung der riesigen Spiegel

Hier findet ihr noch mehr zur Geschichte der Teleskope

Hier seid ihr richtig, wenn ihr bei der Suche nach Außerirdischen mithelfen wollt

Text: -jj- 18.11.2004

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt