Jules Verne planmäßig verglüht

Der unbemannte Weltraumfrachter wurde konstruiert, um Nachschub zur Internationalen Raumstation (ISS) zu transportieren. Seine eigentliche Bezeichnung ist ATV (Automated Transfer Vehicle). Weil das zu unpersönlich klingt benannte man ihn nach Jules Verne, dem Vater der Science-Fiction.

Bisher gab es zwei Möglichkeiten, zur Internationalen Raumstation (ISS) zu gelangen: Entweder mit dem Space-Shuttle oder dem russischen Progress-Raumtransporter. Ersterer ist ein bemanntes, Progress ein unbemanntes Raumfahrzeug. Die Europäer haben jetzt einen weiteren unbemannten Raumtransporter entwickelt, der in erster Linie Kosten sparen soll, obwohl es sich nicht einmal um ein wiederverwendbares Raumschiff handelt.


In der bemannten Raumfahrt verschlingt die Sicherheit der Crew sehr viel Geld. Während ein Flug des Space Shuttles mit 10 Tonnen Nutzlast bis zu einer Milliarde US-Dollar kostet, kommt ein ATV-Flug mit 7,6 Tonnen Nutzlast auf etwa 330 Millionen Euro. Am günstigsten bleibt aber ein Progress-Flug: Mit 2,3 Tonnen Nutzlast kostet dieser etwa 26 Millionen Euro.

Japan hat mit dem Raumtransporter HTV ein ähnliches Konzept wie die Europäer entwickelt. 2009 soll der erste japanische Transporter ins All starten.

Die erste Mission

Am 9. März 2008 ist der Raumtransporter Jules Verne an Bord einer Ariane-5-Rakete gestartet. Normalerweise würde der Flug zur Raumstation fünf Tage dauern. Weil zur gleichen Zeit der Space-Shuttle Endeavour zur ISS unterwegs war, ist Jules Verne bei diesem Erstflug zunächst in eine Parkbahn geschwenkt und umkreiste dort mehr als drei Wochen lang die Erde. Nach dem Abdocken der Endeavour von der Raumstation, nahm Jules Verne Kurs auf die ISS dockte dort am 3. April an. Ein halbes Jahr lang war das ATV eine kleine Erweiterung der Station. Die Triebwerke des ATV stabilisierten in dieser Zeit die ISS und verhinderten, dass sie zu sehr an Höhe verlor. Der 45 Quadratmeter große Innenraum war für Astronauten begehbar. Diese konnten die Fracht wie Nahrung, Wasser,  Stickstoff, Sauerstoff, Treibstoffe und Ausrüstung entladen und hinterher ihren Müll in der Kabine deponieren. 6,3 Tonnen Abfall sind in einem halben Jahr hier gesammelt worden. Drei Wochen nach dem Abdocken - am 29. September 2008 - ist das ATV zusammen mit dem Müll in der Erdatmosphäre über dem Pazifik verglüht.


Die nächsten Einsätze

2009 ist kein ATV-Flug geplant. Allerdings sind für die Jahre 2010 bis einschließlich 2013 vier weitere Flüge angesetzt worden. Nachdem das Space-Shuttle-Programm der USA im Jahr 2010 ausläuft, könnte der Bedarf für das ATV steigen. Die Amerikaner werden erst im Jahr 2014 ihr neues Orion-Raumschiff zur Einsatzreife gebracht haben. Aber auch in den Jahren zwischen Space-Shuttle und Orion muss die Raumstation versorgt werden. Dabei muss das ATV nicht immer ein Einwegraumschiff bleiben. Bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA überlegt man bereits, das Modell mit einem Hitzeschild auszustatten, damit es Fracht auch wieder zur Erde zurückbringen kann.

Bemannte Variante

Tatsächlich ist auch eine Modifikation als CTV (das bedeutet "Crew Transport Vehicle") angedacht. Diese bemannte Ausführung könnte dann auch Astronauten befördern. In der ersten Phase dient es dabei als Crew Return Vehicle (CRV) für die ISS. Später soll es zu einem vollwertigen Raumschiff ausgebaut werden, um Astronauten in die Umlaufbahn und zurück zur Erde zu bringen. In der Zusammenarbeit mit Russland will die ESA ein Raumschiff bauen, mit dem die Umlaufbahn des Mondes erreicht werden kann. Auch hier soll die Technologie des ATV zum Einsatz kommen.

Der Namensgeber

Der Schriftsteller Jules Verne wird mit Recht als "Vater der Science-Fiction" bezeichnet. Er hatte Schilderungen wissenschaftlich- technischer Vorgänge zum ersten Mal in den Mittelpunkt der Literatur gerückt. Wer kennt nicht Kapitän Nemo in seiner Nautilus, den Weltreisenden Phileas Fogg oder Professor Lidenbrock, der zum Mittelpunkt der Erde reiste? Mehr über den Autor erfährst du, wenn du unten auf den Link klickst.

Text: RR, Stand 30. 9. 2008, Grafik: ESA/D. Ducros

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