Das Schwarze Loch

In dieser Woche wird viel über "schwarze Löcher" geredet. Zum einen erhält am Dienstag, den 9. September 2008 der Astrophysiker Reinhard Genzel den Shaw-Prize für seine Forschungen zu diesem Thema. Heftiger diskutiert wird allerdings der Versuch, der am 10. 9. am Europäischen Zentrum für Kernforschung Cern in Genf stattfinden wird: Im dortigen Teilchenbeschleuniger könnten winzige schwarze Löcher entstehen.

Der Ausdruck Schwarzes Loch wurde 1967 von John Archibald Wheeler geprägt und verweist auf den Umstand, dass auch elektromagnetische Wellen, wie etwa sichtbares Licht, den Ereignishorizont nicht verlassen können und es einem menschlichen Auge daher vollkommen schwarz erscheint. Im Weltraum entstehen Schwarze Löcher, weil ein Stern aufgrund seiner eigenen Schwere zusammenbricht.

 

Ein Schwarzes Loch ist ein Sternrest, mit einer unvorstellbar hohen Anziehungskraft. Wenn Sternreste mehr als drei Sonnenmassen haben (1 Sonnenmasse = die Masse unserer Sonne und eine Grundeinheit der Astronomie), schrumpfen sie zu so winzigen Gebilden zusammen, dass an ihrer Oberfläche eine unvorstellbare Anziehungskraft herrscht. Sie ist so hoch, dass selbst Licht nicht mehr nach außen dringen kann. Deshalb kann man den Sternrest nicht sehen und nennt ihn schwarz. Als Loch wird er bezeichnet, weil alles, was in ihn hineinfällt nicht mehr herauskommt.

Shaw-Prize für Reinhard Genzel

Der Shaw Prize ist ein Wissenschaftspreis, der seit 2004 jährlich von der Shaw Prize Foundation in Hongkong in den drei Kategorien Astronomie, Medizin und Mathematikwissenschaften verliehen wird. Er wurde vom chinesischen Medienunternehmer Run Run Shaw (produzierte u. a. den Film "Blade Runner") gestiftet und ist mit jeweils einer Million US-Dollar dotiert. In der Kategorie Astronomie bekommt 2008 der deutsche Astrophysiker Reinhard Genzel die hohe Auszeichnung. Er war maßgeblich an der Entwicklung der Infrarot- und Submillimeter-Astronomie beteiligt.

Viele Infrarotbeobachtungen in der Milchstraße zielen auf ein Verständnis der Entstehung von Sternen. Im Galaktischen Zentrum wird im Infrarot die Umgebung des nächsten supermassereichen schwarzen Lochs untersucht. So konnte Reinhard Genzel nachweisen, dass sich dort ein Schwarzes Loch befindet.

Da Menschen nur Gegenstände sehen können, die entweder Strahlung reflektieren oder selbst aussenden, bleiben Schwarze Löcher für uns unsichtbar.

Ein Schwarzes Loch wird bisher nur indirekt nachgewiesen und zwar durch die Messung von Masse, die mit hoher Geschwindigkeit um ein Zentrum kreist.

Sterbende Sterne

Wenn Sterne am Ende ihres "Lebens" stehen, blähen sie sich zu gewaltigen Roten Riesen oder Überriesen auf und enden schließlich als Weiße Zwerge, Neutronenstern oder Schwarze Löcher. Sternenreste mit mehr als drei Sonnenmassen kann man nicht sehen. Sie schrumpfen zu so winzigen Gebilden zusammen, dass an ihrer Oberfläche eine unglaubliche Anziehungskraft herrscht.

 

Schwarze Löcher könnte man also auch als massereiche "kosmische Staubsauger" bezeichnen. Sie sind so schwer wie Milliarden Sonnen. Sie rotieren in fernen Galaxien mit nahezu Lichtgeschwindigkeit, ohne von der Fliehkraft zerteilt zu werden.

 

Ihre Anziehungskraft ist so gewaltig, dass sie alle Materie im Umkreis von Millionen von Kilometern an sich reißen. So wird auch Licht so stark von den Schwarzen Löchern angezogen, dass es nicht mehr entweichen kann, sobald es in ihre Nähe gerät. Dass bedeutet, dass es auch keinerlei Strahlung mehr aussendet.

 

Schwarze Löcher in der Röhre?

Bei einem Versuch am Europäischen Zentrum für Kernforschung Cern in Genf könnten winzige schwarze Löcher entstehen: In einem 27 Kilometer langen Tunnel soll in die Mikrowelt hinein gesehen werden, um heraus zu finden, aus welchen Bausteinen die Materie besteht. Der Large Hadron Collider (kurz "LHC", zu deutsch Großer Hadronen-Speicherring) ist ein Teilchenbeschleuniger für Hadronen, der dort gebaut wurde. Im LHC werden im Vakuum Protonen und Bleiatomkerne mit nahezu Lichtgeschwindigkeit zur Kollision gebracht, um Elementarteilchen zu erzeugen. Dabei hofft man auf die Entstehung besonders massereicher Elementarteilchen, insbesondere des zwar vorhergesagten, bislang jedoch noch nicht nachgewiesenen Higgs-Bosons. Die Kosten des LHC beliefen sich auf über drei Milliarden Euro.

Der LHC wird der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt sein und so hoffen Physiker ein neues Tor der Physik öffnen.


Weltuntergangsängste


Einige Wissenschaflter befürchten allerdings, dass der Versuch im Teilchenbeschleuniger die Erde in Gefahr bringt. Der Tübinger Biochemiker Otto Rössler hält unkontrollierte Reaktionen für möglich, die bis zu einem Weltuntergang führen könnten. Deshalb hatte er sogar erfolglos versucht, den LHC-Start durch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu stoppen.

Das Atomforschungszentrum CERN hat Rösslers Befürchtungen zurückgewiesen: Auch wenn im LHC ab Mittwoch Schwarze Löcher erzeugt werden könnten, würden diese "mikroskopisch" klein sein und sich praktisch sofort wieder auflösen, schrieben CERN-Physiker in einer Studie im Fachblatt des Londoner Instituts für Physik. "Jede Kollision eines Protonenpaars im LHC wird so viel Energie freisetzen, wie beim Zusammenstoß von zwei Mücken entsteht", schreiben die CERN-Experten. Folglich würden die im LHC erzeugten Schwarzen Löcher deutlich kleiner sein, als diejenigen, die aus dem Weltall bekannt seien.


Zuletzt noch einige Worterklärungen:


Hadronen: Die bekanntesten Hadronen sind die Nukleonen (Neutronen und Protonen), aus denen die Atomkerne aufgebaut sind.

Protonen: langlebige elektrisch positiv geladene Hadronen mit dem Formelzeichen p. Das Proton gehört neben dem Neutron und dem Elektron zu den Bausteinen, aus denen die dem Menschen alltäglich vertraute Materie besteht.

Higgs-Boson: ein nach dem britischen Physiker Peter Higgs benanntes bisher noch hypothetisches Elementarteilchen, das im Standardmodell der Elementarteilchenphysik vorhergesagt wird. Im Standardmodell ist die Masse der Elementarteilchen keine grundlegende Eigenschaft ihrer selbst, sondern entsteht erst durch den Higgs-Mechanismus.


 

Wenn dich der Weltraum und Raumfahrt allgemein interessiert, dann wirf doch auch mal einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 6: Die Sterne oder in den WAS IST WAS-Band 16: Planeten und Raumfahrt

 


Text: RR, 8. 9.2008, Bilder: Schwarzes Loch: Ute Kraus, Theoretische Astrophysik Tübingen (Creative Commons), Infrarotvergleich Milchstraßenzentrum, NASA, CERN - LHC-Tunnel: Julian Herzog (Creative Commons),


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