China im All

China ist nun endgültig die dritte unter den raumfahrenden Nationen. Nach den USA und Russland hat nun auch das größte Entwicklungsland der Erde ein Raumschiff ins All geschossen und die Besatzung einen Weltraumspaziergang unternehmen lassen. Eine erste bemannte Mission fand im Jahr 2003 statt, doch damals kam es zu keinem Ausstieg aus dem Raumschiff.

Das Raumschiff Shenzou 7 (Bild) startete auf einer Rakete des Typs Changzheng 2F (=Langer Marsch). Die Bezeichnung hat nichts mit dem beschwerlichen Weg in den Weltraum zu tun, sondern bezieht sich auf einen militärischen Gewaltmarsch des früheren Staatschefs Mao in den 1940er Jahren.

Der Name Shenzou der Raumkapsel kann sinngemäß als Götterschiffübersetzt werden, in chinesischen Quellen ist aber auch eine Schreibweise zu finden, die als poetische Bezeichnung für China gelesen werden kann.

Am 25. September 2008 starteten Kommandant Zhai Zhigang, Liu Boming und Jing Haipeng vom chinesischen Weltraumbahnhof Jiuquan. Es ist das größte und älteste Zentrum seiner Art in China. Schon seit 1958 wird dort Raketenforschung betrieben. Bislang starteten von dort aus Satellitenmissionen.

Auf einer Fläche von 2800 Quadratkilometern sind dort rund 20 000 Menschen beschäftigt. Für die drei Taikonauten war es der erste Raumflug. Nachdem es schon zwei bemannte Missionen Chinas gab, war das Ziel dieser Mission nun der erste Weltraumspaziergang eines Chinesen.

Mit dem Götterschiff ins All

Das Raketenmodell Changzheng, das bei diesem Trip als Vehikel ins All diente, startete 1992 zum ersten Mal. Seither wurden stetig Verbesserungen durchgeführt. Äußerlich erinnert sie an die europäische Ariane-Rakete. Beim aktuellen Modell 2F wurden gegenüber den ersten Raketen zusätzliche Booster für mehr Schub angebracht. Zudem wurde die Technik stark verbessert, da es Abstürze bei früheren Modellen gab. Für eine bemannte Mission muss eine Rakete aber so Sicher sein wie möglich.

Es wurden zusätzliche Sicherungssysteme eingebaut und andere wichtige Systeme wurden redundant, also mehrfach eingebaut, damit im Falle eines Versagens ein anderes System das ausgefallene ersetzen kann. Die Rakete ist 58,3 Meter hoch, hat einen Durchmesser von 7,8 Metern, ein Startgewicht von 464 Tonnen und kann maximal 8,4 Tonnen Nutzlast tragen. Vor der Mission Shenzou 7 wurde die Rakete betankt und ein Vorrat an Kräutern der Traditionellen Chinesischen Medizin mit an Bord genommen.

Die Mission

Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen waren und Testläufe keine Probleme ergeben hatten, bestiegen die drei Astronauten am 25. September um 18.28 Uhr Ortszeit die Rakete. Der Start der Rakete erfolgte bei gutem Wetter um 21.10 Uhr. Kurz nach erreichen der Umlaufbahn stabilisierte sich die Raumkapsel und die Solarzellen zur Energieversorgung entfalteten sich planmäßig.

Am 26. September erfolgte eine geringfügige Kurskorrektur und die Taikonauten begaben sich in das Orbitermodul. Dort legten Zhai Zhigang seinen in China entwickelten Raumanzug an. Sein Kamerad Liu Boming kleidete sich in einen russischen Raumanzug.

Am 27. September, dem dritten Tag der Mission, begab sich Kommandant Zhai Zhigang als erster Chinese in den freien Weltraum, neun Minuten später als es der Zeitplan vorsah. Der mitfliegende Liu Boming reichte seinem Kommandanten eine chinesische Flagge nach außen. Die beiden waren mit einer Sicherungsleine mit dem Raumschiff verbunden. Jing Haipeng blieb im Inneren der Kapsel und überwachte das Außenmanöver.

Dieses historische Ereignis wurde von Kameras live übertragen. Zhai winkte und grüßte das chinesische Volk und die Welt. Nachdem ein wissenschaftliches Experiment von der Außenwand der Kapsel abmontiert worden war, kehrte Zhai um wieder in die Kapsel zurück. Schließlich wurde noch ein kleiner Satellit ausgesetzt, der Shenzou 7 fotografierte.

Am 28. September landete die Mannschaft wohlbehalten in der Inneren Mongolei. Der erste Außeneinsatz eines Taikonauten war der 298. Weltraumspaziergang insgesamt. Die Mannschaft wurde mit einer Jubelparade gefeiert.

Meilenstein für China

Dieser erfolgreiche Flug ist ein Meilenstein im chinesischen Weltraumprogramm. Als nächstes sind bei den Flügen Shenzou 8 und Shenzou 9 Kopplungsmanöver zwischen zwei Raumschiffen geplant. Shenzou 10 schließlich soll ein Weltraumlabor in den Orbit bringen.

China ist nun die dritte Nation, die Menschen sicher ins All und zurück bringen kann und auch Einsätze im freien All durchführen kann. Westliche Experten vergleichen den Stand des chinesischen Raumfahrtprogramms mit dem US-Programm im Jahr 1967. Dennoch ist es eine große Leistung, die China, das offiziell als Entwicklungsland gilt, gezeigt hat. Zumal erst 1999 eine unbemannte Kapsel ins All gestartet war.

Wettlauf im All?

Insbesondere in den USA dürfte man die Aktivitäten Chinas genau verfolgen, gilt doch der Weltraum als neues strategisches Feld, das es zu besetzen gilt. Den Amerikanern war insbesondere sauer aufgestoßen, dass China 2007 einen funktionsunfähigen Wettersatelliten mit einer Mittelstreckenrakete von der Erde aus abgeschossen hatte. Wie auch in den USA sind Militär und Weltraumforschung in China eng verbandelt.

Insbesondere die US-Militärs werden ein waches Auge auf weitere Aktivitäten haben, denn die USA verfolgen eine Doktrin der Full Spectrum Dominance - sie wollen Zu Lande, zu Wasser, in der Luft, im All und im Cyberspace die militärische Führungsmacht bleiben.

Aber die Chinesen sind nicht die einzigen, die sich strategische Vorteile von ihrer Weltraumfähigkeit versprechen. Indien plant eine Mondmission, die im Oktober 2008 starten soll und denkt über eine bemannte Mondmission für das Jahr 2015 nach.

Zwar gibt es internationale Verträge, die eine Militarisierung des Weltraums verbieten. Dennoch ist der Mond wegen möglicher Rohstoffe und als Ausgangsbasis für mögliche Marsmissionen ein Ziel, um das in den nächsten Jahren ein Wettlauf beginnen könnte.

Übrigens:

Auf Englisch heißen Weltraumspaziergänge EVA = Extravehicular Activity, sinnngemäß als Außenbordaktivität zu übersetzen.

Den ersten Weltraumspaziergang absolvierte im März 1965 der russische Kosmonaut Alexej Leonow. Im Juni folgte der US-Amerikaner Edward White. 2008 machte als erster Deutscher Hans Schlegel einen Ausflug ins freie All.

Wenn du mehr über die chinesische Raumfahrt erfahren willst, dann bist du hier richtig.



Wenn dich der Weltraum interessiert, dann wirf doch auch einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 16: Planeten und Raumfahrt.

Text: -jj- 29.9.2008; Bilder: Shenzou-Raumschiff Steven S. Pietrobon/GFDL; Weltraumbahnhof Jiuquan CGWIC/cc-by-sa 2.5; Edward White: NASA/PD;

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt