Zeitlupe extrem

Besonders interessant wird Foto- und Filmtechnik dort, wo sie Ungesehenes sichtbar macht. Das ist bei Zeitlupe und Hochgeschwindigkeitsfotografie der Fall, wo kürzeste Abläufe für den Menschen wahrnehmbar dargestellt werden. Fotos und Videos von eigentümlicher Schönheit sind das Ergebnis.

Zeitlupe, Slow Motion oder auch Slomo genannt, kommt aus der Filmtechnik. Zeitlupe ist die verlangsamte Darstellung von Abläufen. Schon 1904 hatte der österreichische Physiker August Musger eine Kamera mit Zeitlupenfunktionalität erfunden.

Einem breiten Publikum sind Zeitlupenaufnahmen besonders aus Dokumentationsfilmen oder Sportübertragungen, etwa beim Fußball oder Boxen, bekannt.


Wenn das menschliche Auge etwa 25 Bilder pro Sekunde nacheinander sieht, dann werden die Einzelbilder als eine fließende Bewegung wahrgenommen. Einen Zeitlupenfilm produziert man, indem man mehr Bilder pro Sekunde aufnimmt und sie dann mit 25 Bildern pro Sekunde (eng. fps) abspielt.

Langsam wird ein Film daraus

Wenn eine Kamera einen Vorgang, der eine Sekunde dauert, mit 250 Bildern aufnimmt und diese Aufnahme wird mit der normalen Geschwindigkeit (25 fps) abgespielt, dann dauert der Film nun 10 Sekunden. Der Vorgang wird nun zehn Mal langsamer dargestellt, als er in Wirklichkeit dauert. Für solch schnelle Aufnahmen braucht man besondere Kameras. Es gibt Hochgeschwindigkeitskameras, die mit belichtbarem Film arbeiten und es gibt sie in digitaler Ausführung.


Je nach Aufnahmegeschwindigkeit gibt es unterschiedliche Kameratypen: Hochgeschwindigkeits-Filmkameras schaffen bis zu 360 fps. Eine Sekunde real wird zu 14,4 Sekunden in Zeitlupe. Drehprismenkameras arbeiten mit einem Prisma statt einem Verschluss und schaffen 10.000 fps. Eine Sekunde real wird zu 400 Sekunden Zeitlupe. Trommel- und Drehspiegelkameras schaffen schließlich mehr als 200.000 fps. Eine Sekunde entspricht dann über 8.000 Sekunden Zeitlupe.


Eine Aufnahme von ganz bizarrer Ästhetik: Die Explosion einer Atombombe, etwa eine Millisekunde (1/1000) nach der Zündung. Die seltsame Oberfläche der Explosionsfront ist auf das Gehäuse der Bombe zurückzuführen, das hier seine Spuren hinterlässt. Die Auswüchse unten sind Halteseile, mit denen das Explosionsgestell des "Tumbler Snapper"-Tests fixiert gewesen war. Sie leiten die Explosionshitze gut weiter.



Digitale Zeitlupe: Belichtung mit Laser

Bei den ganz schnellen Kameras bewegt sich nicht mehr der Film, sondern es wird entweder eine Trommel mit eingelegtem Film oder ein Spiegel rasend schnell über einen feststehenden Film bewegt, um die entsprechende Vielzahl an Bildern zu belichten. Umgerechnet müsste der Film sonst mit weit mehr als 100 Metern pro Sekunde bewegt werden, was das Filmmaterial und die Mechanik extrem belasten oder überlasten würde.


Digitale Hochgeschwindigkeitskameras benutzen teils Laser zur Belichtung und schaffen bis zu 25.000.000 fps. Experimentelle Anlagen ermöglichen sogar 20.000.000.000 fps! Jedes Einzelbild wird dann im Abstand von nur 50 Picosekunden aufgenommen. Damit kann man sogar die Bewegung von Molekülen auf Film bannen.

Ungesehenes sichtbar machen


Hier eine Aufnahme kurz nach dem Moment des Aufpralls, der Motorblock verformt sich bereits nach dem Zusammenstoß: Crashtest bei General Motors.

Zeitlupenaufnahmen werden besonders in der Forschung eingesetzt. So werden die Crashtests von Autos mit Zeitlupe aufgenommen, damit man deutlich erkennen kann, wo Schwachstellen liegen und wie der Airbag auslöst. Auch Explosions- und Verbrennungsvorgänge in Motoren werden damit gefilmt. Planetenforscher können so auch die Effekte eines Kometeneinschlags im Modell simulieren und filmen.


Eng verwandt mit der Zeitlupenaufnahme ist auch die Hochgeschwindigkeitsfotografie. Die erste und eine der bekanntesten war angeblich das Ergebnis einer Wette. Eadweard Muybridge machte die Serienaufnahme eines Pferdes (rechts), um zu beweisen, dass beim Galopp alle vier Hufe in der Luft sind.

Viel Licht=viel Hitze

Problematisch bei Zeitlupen und Hochgeschwindigkeitsfotos ist die Beleuchtung. Weil extrem viele Bilder geschossen werden oder der abzubildende Vorgang nur Milli- oder Mikrosekunden dauert, braucht man sehr viel Licht, was wiederum zu Problemen durch Wärmeentwicklung führt.


Übrigens ...


Das Gegenteil der Zeitlupe ist die Zeitraffer. Dabei wird im Abstand von Sekunden oder Minuten ein Bild aufgenommen. So werden sehr langsame Vorgänge ebenfalls für den Menschen kontinuierlich wahrnehmbar dargestellt. Dazu zählen etwa die Entfaltung von Blüten oder der Zug von Wolken am Himmel.


Wer einmal beeindruckende Zeitlupenaufnahmen sehen möchte, ist auf ultraslo.com richtig.


Auch für die Videobearbeitung zu Hause gibt es schon Plug-Ins, die aus normalem Videomaterial teils beeindruckende Zeitlupenaufnahmen errechnen können.


Text: -jj- 27.9.2011 // Bilder: Atombombe PD; Pferd PD; Crashtest PD; Birne Markus Kempf&Frank Bastian cc-by-sa 3.0;


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