Nein zur Wasserstoffbombe

J. Robert Oppenheimer war ein hochintelligenter Physiker. Er war unter anderem an der Entwicklung der Atombombe beteiligt, die schließlich auch von den Amerikanern eingesetzt wurde. Als es an den Bau der Wasserstoffbombe ging, erklärte er - unter dem Eindruck von Hiroshima - seine Bedenken öffentlich. Oppenheimer kam vor den McCarthy Ausschuss und wurde als Sicherheitsrisiko eingestuft. Der brillante Forscher steht für den Konflikt des Wissenschaftlers zwischen seiner Forschung und seinem Gewissen.

Die wissenschaftliche Karriere

J. Robert Oppenheimer war der Sohn deutsch-jüdischer Einwanderer in New York. Geboren wurde er am 22.04.1904. Er studierte zunächst Physik und Chemie, Orientalistik und klassische Philologie an der Harvard University sowie an den Universitäten von Cambridge und Göttingen. Im englischen Cambridge arbeitete er am Cavendish Laboratory, das damals führend in der Atomforschung war. In Göttingen traf er auf Niels Bohr, der 1922 den Nobelpreis für Physik erhielt und auf den Amerikaner Edward Teller, der später den Bau der Wasserstoffbombe vorantrieb.

1927 promovierte Oppenheimer und ging danach wieder in die USA zurück. Schnell machte er sich einen Namen als außergewöhnlicher theoretische Physiker.

Forscher und Lehrer

Ab 1929 lehrte er Physik an der University of California und am California Institute of Technology in Pasadena (1929-1947). Dort baute er große Fachbereiche für theoretische Physik auf und bildete zahlreiche Studenten zu anerkannten Wissenschaftlern aus. Er galt als herausragender Lehrer. Bekannt wurde er durch seine Beiträge zur Quantentheorie, Relativitätstheorie, zu kosmischen Strahlen, Positronen, die positiv geladenen Antiteilchen des Elektrons, und Neutronensternen.

Das Manhattan Project

1943 wurde Oppenheimer Direktor der Forschungslaboratorien in Los Alamos (New Mexico) und wissenschaftlicher Leiter des amerikanischen Atomenergieprojektes, dem so genannten Manhattan Project. Dieser Name war die Deckbezeichnung für die geheime Entwicklung und den Bau einer Atombombe durch die amerikanische Armee während des Zweiten Weltkrieges ab 1942. Unter der Leitung von Oppenheimer wurde diese amerikanische Atombombe bis 1945 schließlich erfolgreich entwickelt und gebaut.

Im August 1945 wurde die japanische Stadt Hiroshima durch den Abwurf der Atombombe zerstört, 140.000 Menschen getötet, zahllose Menschen wurden verseucht und starben zum Teil erst Jahrzehnte später an den Folgen der Atombombe. Und noch heute haben die Kinder und Enkel der Betroffenen an den Folgen zu leiden.

Ab 1947 war Oppenheimer Direktor am Institute for Advanced Studies in Princeton (New Jersey), eine Stellung, die er bis 1966 beibehielt. Außerdem war er von 1947 bis 1952 Präsident des General Advisory Committee der Atomic Energy Commission (AEC; Atomenergiebehörde) und wirkte danach als Berater.

Die moralischen Bedenken

1954 wurde er seines Amtes enthoben, nachdem er sich offen gegen die Entwicklung der Wasserstoffbombe ausgesprochen und eine Rüstungskontrolle befürwortet hatte. Von den Folgen der Atombombenabwürfe entsetzt, wollte er nicht am Bau einer Wasserstoffbombe beteiligt sein. Aus moralischen Gründen sprach er sich gegen die Wasserstoffbombe aus.

Der Konflikt des Wissenschaftlers

In einer Zeit, in der die militärische Vormachtstellung eines Landes als entscheidend galt, wurden solche Zweifel mit sehr viel Misstrauen angesehen. Verbarg sich hinter den Zweifeln etwa ein Landesverräter? Oder waren es tatsächlich die Bedenken eines Menschen, der wusste, welche katastrophalen Folgen der Abwurf einer Wasserstoffbombe bedeutete? Durch Oppenheimers Einspruch gegen die Bombe wurde ein ganz wichtiger Konflikt offenbar: Ist ein Forscher nur der Forschung verpflichtet? Oder muss ein Wissenschaftler auch die Verantwortung für die Folgen und Entwicklungen seiner Ergebnisse übernehmen? Ist ein Physiker, der die Atom- oder Wasserstoffbombe baut, dafür verantwortlich, was die Regierung mit diesen Waffen macht?

Der McCarthy-Ausschuss

In Amerika herrschte zu dieser Zeit ein raues Klima. Vor allem hatte man Angst kommunistisch unterwandert zu werden. Um dem vorzubeugen, wurden zahlreiche Menschen, darunter Forscher, Schauspieler oder auch Musiker vor einen Ausschuss gebracht, der nach dem gleichnamigen federführenden Senator McCarthy Ausschuss genannt wurde. Vorgeladen wurden häufig auch Einwanderer aus Europa. Wurde einem Verdächtigen, wie Bertold Brecht oder Charly Chaplin eine Beziehung zu linken, kommunistischen Kreisen nachgewiesen, wurden sie mit Berufsverbot belegt. Für viele bedeutete dieser Ausschuss das Ende einer Karriere zum Teil auch völlig grundlos, wie man heute weiß.

Oppenheimer vor dem Ausschuss

Nachdem sich Oppenheimer gegen die Wasserstoffbombe ausgesprochen hatte, wurde er als "Sicherheitsrisiko" vor den McCarthy-Ausschuss zur Untersuchung "unamerikanischer Umtriebe" geladen. Man legte ihm seine frühere Verbindung zu politisch linksgerichteten Kreisen zur Last. Vier Wochen dauerte die Verhandlung, über 40 Zeugen wurden gehört. Ein mehr als 3000 Seiten umfassendes Verhandlungsprotokoll wurde erstellt. Oppenheimer wurde als riskant eingestuft und man unterstellte ihm eine Gesinnung, die den USA schaden wollte. Es wurde als ratsam angesehen, ihn nicht mehr entscheidend wissenschaftlich arbeiten zu lassen.

Die Folgen

Zwar blieb der Forscher weiterhin Direktor in Princeton, hielt sich aber bei den Forschungen zurück. Er war auch weiterhin am Projekt Wasserstoffbombe beteiligt, aber nicht mehr federführend. Unter der Regierung John F. Kennedys wurde Oppenheimer von den Vorwürfen frei gesprochen. Er erhielt 1963 sogar den Enrico-Fermi-Preis die höchste Auszeichnung der Atomenergiebehörde. Dennoch hatte seine Karriere unter den Vorwürfen extrem gelitten. Er starb am 18.02.1967 in Princeton.

In der Sache J. Robert Oppenheimer

Der Fall von Oppenheimer ist zu einem Symbol geworden: zum einen für die Arbeit des McCarthy-Ausschusses und das Amerika der 50er Jahre. Zum anderen aber auch für den erfolgreichen Forscher, der durch seine wissenschaftlichen Ergebnisse und deren Umsetzung in einen inneren Konflikt gerät: zwischen der Wissenschaft und der gesellschaftlichen Verantwortung. Der Autor Heiner Kipphardt hat aus diesem Fall ein Stück in neun Szenen geschrieben: In der Sache J. Robert Oppenheimer, in dem es um das Anhörungsverfahren und genau dieses Dilemma des Forschers geht.

-ab-13.04.04 Text / Foto: Bürgernetz Ingolstadt e.V.

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