Lichtmikroskop und Hirnschrittmacher - Deutscher Zukunftspreis 2006

Bundespräsident Horst Köhler hat am 23. November in Berlin den Deutschen Zukunftspreis 2006 an Professor Stefan Hell verliehen. Der Gewinner erhielt 250 000 Euro. Der Preis wurde zum 10. Mal vergeben. Bundespräsident Horst Köhler sieht im Deutschen Zukunftspreis einen wichtigen Wegweiser in das Land der Ideen.

Wer kann den Preis bekommen?

Für den Preis können sich Forscher und Wissenschaftler nicht selbst bewerben. Anwärter werden von ausgewählten Organisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vorgeschlagen, wie zum Beispiel dem BDI (Bundesverband der deutschen Industrie), dem Zentralverband des deutschen Handwerks oder dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Finanziert wird der Preis von deutschen Unternehmen und Stiftungen. Bereits am 14. September dieses Jahres hat das Bundespräsidialamt die vier Projekte bekannt gegeben, deren Teilnehmer auf den begehrten Preis hoffen dürfen. Der Preisträger wird von einer unabhängigen Jury ausgesucht, die aus bedeutenden Vertretern der Wissenschaft und Wirtschaft zusammengesetzt ist. Die für den Preis nominierten Projekte kommen aus verschiedenen Forschungsrichtungen.



Lichtmikroskopie in ungekannter Schärfe

Der Zukunftspreis 2006 ging an Professor Stefan Hell. Er hat als Erster einen Weg gefunden, die 130 Jahre alte Abbesche Grenze im Fluoreszenzmikroskop, dem wichtigsten Mikroskop der biomedizinischen Forschung, zu überwinden. Seit dem 17. Jahrhundert steht das Lichtmikroskop wie kaum ein anderes Instrument für wissenschaftlichen Fortschritt. Die Lichtmikroskopie war der Schlüssel zu wichtigen Entdeckungen insbesondere in der Biologie und der Medizin.

Die optische Erschließung der Nanoskala verspricht einen bisher kaum für möglich gehaltenen Zugang zum Verständnis des Lebensvorgangs in der Zelle, der zu bahnbrechenden Entdeckungen bei der Entstehung von Krankheiten führen kann.

Fokussiertes Laserlicht lässt Zellen fliegen

Wesentliche Aufgaben der modernen Biologie und Medizin sind die genaue Aufklärung zellulärer Vorgänge und die Nutzung der dabei gewonnenen Erkenntnisse für Therapien, Produkte oder Wirkstoffe. Laserstrahlen sind bevorzugte Werkzeuge der biomedizinischen Forschung: Sie dringen berührungslos in die Zelle ein, mit ihnen können Lebensvorgänge untersucht werden, ohne die Zelle selbst zu schädigen. Mit fokussierten Laserstrahlen lassen sich auch ganz gezielt Zellen aus Präparaten ausschneiden oder mikrochirurgische Eingriffe durchführen.

Ein weiterer Fortschritt bestand in der Kombination mehrerer Bearbeitungsschritte zu einer neuen Technologie: Dabei schneidet der Laserstrahl einzelne Zellen oder ganze Zellareale aus einer Gewebeprobe, hebt sie nur unter Einsatz des gebündelten Lichtes aus der Präparatebene hinaus und transportiert sie zielgenau in ein Probengefäß. Dieses aus Schneiden und Katapultieren kombinierte Verfahren wurde unter der Abkürzung LMPC (Laser Micro-dissection and Pressure Catapulting) patentiert und bekannt. Es eröffnet der Gen- und Proteinforschung neue Einblicke in die zellulären Mechanismen bei der Entstehung von Krankheiten.

Infrarot-Technik für mehr Fahrsicherheit bei Dunkelheit

Die Projektpartner DaimlerChrysler und Bosch arbeiten seit vielen Jahren daran, das Autofahren bei Dunkelheit sicherer zu machen. Immerhin ist das Risiko, im Straßenverkehr schwer zu verunglücken, in der Dämmerung und bei Dunkelheit viel größer als tagsüber. Obwohl sich das durchschnittliche Verkehrsaufkommen in der Nacht auf ca. 15 bis 20 Prozent verringert, ereignet sich in dieser Zeit mehr als jeder dritte tödliche Verkehrsunfall.

Beim Nachtsicht-Assistenten beleuchten zwei Infrarot-Fernscheinwerfer die Fahrbahn. Die Kamera an der Innenseite der Frontscheibe nimmt die ausgeleuchtete Straßenszene auf. Diese wird auf einem großen Grafikdisplay als kontraststarkes Schwarzweiß-Bild dargestellt. Der Nachtsicht-Assistent blendet den Gegenverkehr nicht, da Infrarotstrahlung für das menschliche Auge unsichtbar ist.

Schrittmacher für das Gehirn

Die Behandlung mit einem Hirnschrittmacher ist die Standardtherapie für Patienten mit schweren, medikamentös nicht behandelbaren Bewegungsstörungen wie bei Parkinson und essentiellem Tremor. Hierzu werden Elektroden in Hirngebiete implantiert, in denen die Nervenzellverbände krankhaft synchron aktiv sind. Durch eine elektrische Dauerreizung wird die Aktivität der Nervenzellen in den Zielgebieten massiv verändert und unterdrückt.  Peter Tass und Volker Sturm haben einen neuartigen Hirnschrittmacher entwickelt, der deutlich schonender und effektiver den eigentlichen Krankheitsprozessen entgegenwirkt.  Dadurch ergeben sich völlig neue Behandlungsmöglichkeiten für Bewegungsstörungen, Funktionsstörungen nach Schlaganfällen, Epilepsien und schwerste, anders nicht behandelbare psychiatrische Erkrankungen.

Weitere Informationen zum Zukunftspreis, den Nominierten und den Preisträgern findest du auf www.deutscher-zukunftspreis.de

Text: RR/CP 20./24. 11.2006 / Fotos: © Büro Deutscher Zukunftspreis.

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