Die Frage der Woche: Warum ist radioaktive Strahlung gefährlich?

Jede Woche beantworten wir euch Fragen zu allen möglichen Themen. Heute fragt uns Jonas W. aus Liers: Warum ist radioaktive Strahlung gefährlich? Hier erfahrt ihr die Antwort ...

Am Samstag, den 11. März 2011 gab es im Meer vor Japan ein schweres Erdbeben. Dadurch wurde eine riesige Flutwelle, ein sogenannter Tsunami ausgelöst.

Der Tsunami überspülte große Gebiete im Fukushima ("Glücksinsel") genannten Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu. Von den Wassermassen wurde auch das Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi getroffen. Dabei wurde das Kraftwerk schwer beschädigt und Radioaktivität trat aus.

Warum ist Radioaktivität so gefährlich?

Radioaktive Strahlung ist eine Form von elektromagnetischer Strahlung, genauso wie Radiowellen die dein Radio hörbar macht, Mikrowellenstrahlung aus dem Mikrowellenofen, wärmende Infrarotstrahlung oder sichtbares Licht. Radioaktive Strahlung ist aber besonders hochfrequent und kurzwellig. Sie kann schwere Schäden hervorrufen.

  


Hier ist das sogenannte "elektromagnetische Spektrum" dargestellt. Ganz rechts beginnt es mit den langwelligen Radiowellen, geht nach links über die Mikrowellen hin zum sichtbaren Licht, das besonders herausgehoben ist. Daran schließen sich dann die ultraviolette Strahlung, Röntgenstrahlung und schließlich Gammastrahlung an. Mit unseren Augen können wir nur einen winzigen Ausschnitt der uns umgebenden, gefährlichen und ungefährlichen Strahlungsarten wahrnehmen.

Die größten Wellenlängen haben Radiowellen. Ihre Wellenlänge kann bis zu 10 Kilometern betragen. Bis zu einer Wellenlänge von etwa einem Meter reichen Mittel-, Kurz- und Ultrakurzwelle - damit werden Radio- und Fernsehsendungen übertragen.

Daran schließen sich die Mikrowellen an. Ihre Wellenlänge liegt im Zentimeter- und Millimeterbereich. Eine bestimmte Wellenlänge passt gut zum Wassermolekül und bringt dieses zum Schwingen. Dabei erwärmt es sich, das ist das Funktionsprinzip des Mikrowellenherdes.

An den Mikrowellenbereich schließt sich Infrarotstrahlung an. Es ist die Infrarotstrahlung der Sonne, die du draußen im Sonnenschein als Wärme spürst. Dann beginnt der Teil des elektromagnetischen Spektrums, den wir mit unseren Augen wahrnehmen können - das sichtbare Licht. Es geht über Rot, Gelb, Grün hin zu Blau. Dann folgt das für uns wieder unsichtbare Ultraviolett.

Immer energiereicher

Jetzt haben wir schon den besonders energiereichen und kurzwelligen Bereich des elektromagnetischen Spektrums erreicht. Ultraviolette Strahlung ist ebenfalls im Sonnenlicht enthalten. Es ist für die Bräunung der Haut und für die Bildung von Vitamin D zuständig. Zu viel Sonne und damit zu viel ultraviolette Strahlung führt aber zu Sonnenbrand - die Haut rötet sich und schmerzt wie bei einer Verbrennung.

Jenseits des Ultravioletten folgt nun die Röntgenstrahlung, die deinen Körper durchdringen kann und die in der Medizin zur Durchleuchtung genutzt wird - so kann man Knochenbrüche und einige andere innere Verletzungen feststellen.

Nun folgt der Bereich der tödlichen Gammastrahlung. Sie ist besonders energiereich und kann schnell zum Tod führen, je nachdem wie intensiv die Strahlung ist und wie lange man ihr ausgesetzt ist. Aber was macht sie so gefährlich?

Radiowellen am unteren Ende des Spektrums haben Wellenlängen von bis zu zehn Kilometern und mehr. Mikrowellen haben sich im Zentimeterbereich bewegt, sichtbares Licht schwingt im Bereich kleiner als ein millionstel Meter.

Die Gammastrahlung hat nun Wellenlängen im Bereich von einem Billionstel Meter oder einem Picometer - eine Billion (1000 Milliarden) Schwingungen passen also in einen Meter. Gammastrahlen schwingen sehr schnell und haben eine große Energie.  

Wellenlänge und Energie

Mach selbst den Test: Nimm ein Seilstück oder eine längere, nicht zu leichte Schnur. Wenn du sie langsam hin und her schwingst, dann siehst du lange Wellen und es strengt dich nicht sehr an. Je schneller du die Schnur nun von links nach rechts schwingst, umso kürzer werden die Wellen und umso mehr Energie musst du hineinstecken.

Ultraviolette Strahlung, Röntgen- und Gammastrahlung schwingen also extrem schnell. Sie haben so viel Energie, dass sie die Bausteine deines Körpers beschädigen können. Denn dein Körper besteht aus vielen Zellen, die sich wiederum aus kleinen chemischen Bausteinen, den Molekülen zusammensetzen.

Die genannten Strahlungsarten können nun die Moleküle aus ihrem Verbund schleudern und dadurch die Zellen und damit deinen Körper schädigen. Das ist so, als würden Steine aus einer Mauer herausgeschlagen werden - sind irgendwann zu viele Steine weg, dann bricht die Mauer zusammen.

Man kann sich vorstellen, dass die Moleküle kleine Stimmgabeln wären. Radiowellen haben eine viel zu große Wellenlänge, um die winzigen Moleküle anzuregen - es wird also keine Energie der Radiowelle auf das Molekül übertragen, sie sind nicht in Resonanz. Jetzt wird die Wellenlänge immer kleiner, und ab dem Bereich der UV-Strahlung (gefolgt von Röntgen- und Gammastrahlung) sind die Wellenlängen klein genug, um das Molekül anzuregen und Energie zu übertragen - bei zu viel Energie geht das Molekül kaputt.

Licht, UV-Strahlung und Radioaktivität

Sichtbares Licht schadet uns nicht, ultraviolette Strahlung hingegen schon. Sie hat schon viel Energie, kann aber noch nicht tief in den Körper eindringen. Sie kann aber die obersten Hautschichten schädigen und zum Sonnenbrand führen. Zu viel Sonne oder Solarium führt auch zu Hautkrebs!

Röntgen- und Gammastrahlung hingegen dringen in den Körper und deine Zellen ein. Bei einer Röntgenaufnahme wird nur ganz kurz eine geringe Dosis eingesetzt, die nicht gleich etwas kaputt macht.

Wenn man sich aber in einer verstrahlten Umgebung aufhält oder radioaktive Stoffe, etwa durch die Nahrung, in sich aufnimmt, dann führt die Gammastrahlung dazu, dass die Erbinformation in der Zelle zerstört wird. Die Erbinformation (auch "DNA-Molekül" genannt) ist notwendig, damit der Körper wachsen und sich entwickeln kann. Wird diese beschädigt, dann teilen sich die Zellen nicht ordnungsgemäß und es kann zu schlimmen und tödlichen Krankheiten wie Krebs führen.

Übrigens:

* Infrarot und Ultraviolett kann von einigen Tierarten (etwa Insekten und Schlangen) noch wahrgenommen werden. Viele Blumen haben Muster, die im ultravioletten Licht der Sonne erstrahlen.

* Man unterscheidet radioaktive Strahlung auch noch in drei Bereiche: Alpha-, Beta-, und die besonders gefährliche Gammastrahlung.

* Bis zum sichtbaren Licht spricht man von "nicht-ionisierender Strahlung". Strahlung mit mehr Energie (Ultraviolett, Röntgen und Gammastrahlung) nennt man wegen ihrer Fähigkeit, Teilchen aus ihrem Verbund zu schleudern, auch "ionisierende Strahlung". Diese Strahlung wirkt nicht nur auf lebendes Gewebe, sondern auch auf elektrische Schaltungen in Computern und Robotern - darum kann man in Japan nicht so einfach Roboter im Kraftwerk einsetzen!

* Es gibt auch eine sogenannte Hintergrundstrahlung. Damit bezeichnet man die natürliche Radioaktivität der Umgebung. Zum Beispiel strahlt auch Granit und andere natürliche Stoffe von Natur aus. Aber sie senden nur ganz geringe Dosen aus, die ungefährlich sind. Auch dein Körper enthält von Natur aus zum Beispiel eine bestimmte, radioaktive Form des Elements Kalium. Sie wird unter anderem durch die Nahrung aufgenommen - das ist aber ganz natürlich und das gab es schon lange, bevor der Mensch die Atomenergie nutzbar gemacht hatte!

* Noch heute sind unter anderem in Bayern einige Pilzarten aus dem Wald oder auch das Fleisch von Widltieren wegen Tschernobyl stark radioaktiv belastet.

Weitere Informationen 

Wenn ihr schon etwas älter seid und Englisch könnt, dann gibt es hier eine sehr interessante Dokumentation der BBC zur Geschichte der Atomkraft: "A is for Atom".  

Text: -jj- 5.5.2011 // Bilder: Fukushima cc-by-sa 3.0; Spektrum Horst Frank/Phrood/Anony cc-by-sa 3.0; Warnzeichen PD

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