Boettgers zündende Idee

Vor 200 Jahren wurde der Chemiker Rudolf Christian Boettger geboren. Unter anderem entwickelte er die Schießbaumwolle und die Sicherheitszündhölzer. Noch heute funktionieren unsere Streichhölzer nach Boettgers Prinzip.

Rudolf Christian Boettger wurde am 28. April 1806 in Aschersleben in Sachsen-Anhalt geboren. Seine Schuljahre verbrachte er auf dem Stephaneum, dem ältesten Gymnasium Sachsen-Anhalts. Sein Vater war Küster, kümmerte sich also um Erhalt seiner Gemeindekirche und half bei der Vorbereitung des Gottesdienstes.

Vielleicht deshalb studierte der junge Boettger deshalb von 1822 an Theologie in Halle. Als Nebenfächer hatte er Chemie und Physik belegt. 1828 begann er mit seiner Arbeit für die Kirche. Aber schnell stellte er fest, dass seine ganze Leidenschaft einzig den Naturwissenschaften galt.

Chemie in Jena

Boettger ging nach Jena und arbeitete dort mit dem Chemiker Johann Wolfgang Döbereiner zusammen, der als Vordenker des Periodensystems der Elemente gilt. Bei Döbereiner, der ein guter Lehrer war, erhielt Böttger eine umfassende physikalische und chemische Ausbildung.


Johann Christian Döbereiner -  ein wichtiger Lehrer für Boettger

Böttger war insbesondere an der Verwendung von Strom in chemischen und physikalischen Prozessen interessiert. Er entwickelte und verbesserte Verfahren, mit denen man Gegenstände mit einem Metallüberzug, etwa Gold oder Silber, beschichten konnte. Man nennt dies Galvanotechnik.

Rostschutzgarantie dank Boettger

Im Prinzip wird diese Technik noch heute angewandt, zum Beispiel beim Verzinken von Karosserien. Mit Hilfe von Strom wird eine dünne Schicht Zink auf die Karosserie aufgebracht. Dadurch rostet das darunter liegende Metall nicht so schnell. Man spricht auch von einem Korrosionsschutz. Boettger machte einige Erfindungen im Bereich der Galvanotechnik.

Schießbaumwolle und Kinoleinwand

Neben seiner Vorliebe für Strom mochte Rudolf Christian Boettger es auch explosiv. Er war an der Entwicklung der Schießbaumwolle beteiligt und erfand die Sicherheitszündhölzer. Schießbaumwolle wird auch Nitrozellulose genannt. Es ist ein hochexplosiver Stoff, der als Ausgangsbasis für das später entwickelte Zelluloid diente. Zelluloid war der erste Kunststoff überhaupt und hatte ein breites Anwendungsgebiet von der Feinstrumpfhose bis zum Filmmaterial für Kinofilme.

Geschichte der Zündhölzer

Am bedeutendsten jedoch war die Erfindung der Sicherheitszündhölzer, unserer Streichhölzer, um das Jahr 1850. Die ersten Hölzer, die durch Reibung und chemische Reaktion entflammten, waren hochgefährlich. Die sogenannte Tunkhölzer waren mit verschiedenen Chemikalien, Gummi und Zucker beschichtet und mussten in konzentrierte Schwefelsäure getaucht werden, woraufhin sie sofort entflammten. Die verwendeten Chemikalien und die Schwefelsäure waren giftig und führten immer wieder zu Verletzungen.


Ein modernes Streichholz im Moment der Entzündung. Noch heute funktionieren unsere Streichhölzer nach Boettgers Prinzip.

Man verbesserte die Tunkhölzer zunächst zu so genannten Reibhölzern. Sie waren mit anderen Chemikalien als die Tunkhölzer beschichtet und mussten nicht mehr in Säure getaucht werden, um sich zu entzünden. Es genügte, sie an einer rauen Oberfläche zu reiben. Aber auch die dazu verwendeten Chemikalien waren noch giftig. Außerdem konnten sich die Hölzer unter Druck in der Packung selbst entzünden etwa in der Hosentasche.

Boettger entwickelte ein System, dass aus Streichholzkopf und Reibefläche bestand. Beide waren mit speziellen Chemikalien beschichtet. Und das Streichholz entflammte nur, wenn es auf dieser speziellen Fläche gerieben wurde, daher auch die eigentlich korrekte Bezeichnung Sicherheitszündholz. Boettger ließ sich diese Erfindung nicht patentieren, so dass schließlich andere damit viel Geld verdienten. Noch heute funktionieren unsere Streichhölzer nach Boettgers Prinzip.

Rudolf Christian Boettger starb am 29. April 1881 in Frankfurt am Main. Noch heute kann man auf dem Rossmarkt in Frankfurt/Main das Gutenbergdenkmal bewundern, das von Boettger mit seiner Galvanotechnik errichtet wurde.

Übrigens...

Rudolf Christian Boettger ist weder verwandt, noch verschwägert mit Johann Friedrich Böttger (1682-1719), dem die Erfindung des Meißner Porzellans zugeschrieben wird.

Text: -jj- 26.4.2006 // Fotos: Boettger Peng/GFDL; Streichholz anzünden/GFDL; Welthölzer Peter Niemayer/GFDL; Döbereiner/PD

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