Benzin aus Kohle

Kohle und Benzin unterscheiden sich chemisch nicht so sehr, wie man glaubt. Das geniale Verfahren der deutschen Chemiker spielte sogar eine Rolle beim Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Mittlerweile gibt es in Deutschland kaum noch Experten dafür, obwohl das Verfahren bei den aktuellen Rohstoffpreisen für Öl durchaus rentabel wäre. Gearbeitet wird mit diesem und ähnlichen Verfahren heute vor allem in den USA und China.

Was haben die beiden entdeckt?

Franz Fischer war Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kohleforschung in Mühlheim an der Ruhr. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Hans Tropsch gelang es ihm, Braun- oder Steinkohle in Benzin und Diesel umzuwandeln. Das Verfahren ist heute weltweit als Fischer-Tropsch-Synthese (gr. Synthese=Zusammenfügen) bekannt.

Wann fuhr man mit Benzin aus Kohle?

Ab 1934 wurde das Verfahren in großem Maßstab von der Ruhrkohle AG angewandt. Hitler wollte während des zweiten Weltkrieges am liebsten unabhängig sein von ausländischem Öl. Das Verfahren kam ihm sehr gelegen und spielte eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Truppen. 1943 und 1944 erzeugten die Hydrierungsanlagen im Gebiet des Deutschen Reichs vier Millionen Tonnen an flüssigem Treibstoff. Aber richtig unabhängig wurde Deutschland nicht. Nach dem Krieg verwendete man das Verfahren in der DDR, in Südafrika sogar noch heute.

Wie kann man Kohle in Benzin umwandeln?

Kohle und Benzin unterscheiden sich nicht so sehr, wie es auf den ersten Blick scheint. In beiden chemischen Substanzen spielt Kohlenstoff eine entscheidende Rolle. Während in Kohle aber fast nur Kohlenstoff vorkommt, ist in Benzin und Dieselölen noch viel Wasserstoff vorhanden.

Fügt man in einem chemischen Prozess Wasserstoff hinzu, spricht man von "Hydrierung". Fischer und Tropsch verwendeten keine Kohlebriketts, sondern erzeugten zunächst das Gas Kohlenmonoxid. Bei 400 Grad Celsius und 300 bar Druck wird Wasserstoff zugegeben. Der bindet sich an die Kohlenstoffatome und so bilden sich daraus die chemischen Substanzen Benzin und Diesel.

Wo wird das Verfahren heute noch genutzt?

 

In dieser österreichischen Anlage wird Holz vergast. Auch das dabei entstehende Gas kann dann in Benzin umgewandelt werden, oder das Gas wird direkt genutzt.



Das ursprüngliche Verfahren nutzt man noch, um auch aus Erdgas Benzin herzustellen. Eine Anlage dafür steht im Wüstenstaat Quattar. In China nutzt man das Verfahren, um die großen Kohlevorräte in begehrten Treibstoff umzuwandeln. Der Mineralölkonzern Shell hat das Verfahren zusammen mit der Firma Choren weiterentwickelt. Gemeinsam wollen sie so genannten Sun-Diesel (Sonnen-Diesel) auf den Markt bringen.

Was soll Sun-Diesel sein? Erdöl ist vor Millionen von Jahren aus Biomasse, also Tieren und Pflanzen, entstanden. Shell und Choren wollen den Prozess abkürzen und Treibstoffe direkt erzeugen. In ein paar Jahren könnten Bauern also auf die Frage, was sie auf ihren Feldern anbauen, mit "Diesel!" antworten. So gewonnener Treibstoff würde auch die Atmosphäre nicht mit zusätzlichen Treibhausgasen belasten.

Bei den aktuellen und vermutlich weiter steigenden Rohölpreisen ist das Verfahren schon heute wirtschaftlich. Man schätzt, dass auf einem Acker von einem Hektar Fläche rund 4000 Liter Kraftstoff erzeugt werden können. Womöglich wird man irgendwann, wie im Film "Zurück in die Zukunft - Teil 3", einfach seine Küchenabfälle in den Tank werfen.

Text: -jj- 21.7.2005; Illustration aus Band 4: Chemie; Foto: Gerfriedc cc-by-sa 3.0;


Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt