Vor 90 Jahren: Knaus, Ogino und die fruchtbaren Tage

Vor 90 Jahren, am 12. Juli 1919 veröffentlichten die beiden Frauenärzte, Hermann Knaus und Kyusaku Ogino eine neue Verhütungsmethode gegen ungewollte Schwangerschaften. Sie hatten herausgefunden, dass eine Frau nicht an allen Tagen fruchtbar ist.

Die Methode beruhte also auf der genauen Beobachtung des weiblichen Zyklus. Daraus wurden die fruchtbaren Tage errechnet, an denen es zu einer Schwangerschaft kommen kann. Heute wird diese Methode nicht mehr empfohlen, birgt sie doch zu viele Fehlerquellen. Über den eigenen Zyklus können Mädchen und Frauen dadurch jedoch einiges lernen.

Die Knaus-Ogino-Methode, die auch Kalendermethode genannt wird, beruht auf der Tatsache, dass eine Frau nicht an allen Tagen fruchtbar ist, Sex also nur an einigen Tagen des Zyklus zu einer Schwangerschaft führen kann.

Was ist der Zyklus und wann sind die fruchtbaren Tage?

Cartoon: Menstruation

Als Zyklus bezeichnet man den Zeitraum von einer Monatsblutung bis zur nächsten. Der erste Tag des Zyklus ist dabei der erste Tag der Blutung, der letzte Tag fällt mit dem letzten Tag vor der nächsten Periode zusammen. Dieser Zeitraum ist ungefähr 28 Tage lang, kann aber auch ein paar Tage länger oder kürzer sein.

Fruchtbar ist eine Frau etwa um die Zeit des Eisprunges herum. Dieser findet etwa zwölf bis 16 Tage vor dem ersten Tag der nächsten Blutung statt. Das Problem ist, dass man nicht mit Sicherheit sagen, kann, wann diese Tage sind, wenn die Regelblutungen nicht immer an einem bestimmten, z. B. dem 28. Tag beginnen.

Da männliche Spermien nach dem Geschlechtsverkehr noch etwa vier Tage in den Geschlechtsorganen der Frau am Leben bleiben, muss man diese Tage vor den fruchtbaren Tagen der Frau noch dazurechnen, kommt also auf einen Zeitraum von neun Tagen, in denen die Möglichkeit besteht, schwanger zu werden, wenn man Sex hat.

Wie funktioniert Knaus-Ogino?

Knaus und Ogino entwickelten aus diesen Erkenntnissen folgende Berechnungsmethode, mit der die fruchtbaren Tage ermittelt werden sollten:

Über mindestens ein Jahr hinweg soll die Frau einen Zykluskalender führen, also immer aufschreiben, wann sie ihre Periode hat. Nun kann sie anhand des längsten und des kürzesten Zyklus berechnen, an welchen Tagen sie sehr wahrscheinlich fruchtbar ist:

Von der Anzahl der Tage des kürzesten Zyklus wird die Zahl 17 abgezogen. Das Ergebnis ist der erste fruchtbare Tag. Dann werden von der Dauer des längsten Zyklus 13 Tage abgezogen. Das Ergebnis dieser zweiten Rechnung ergibt den letzten fruchtbaren Tag.

Beispiel:

Kürzester Zyklus: 28 Tage minus 17 = 11

Längster Zyklus: 34 Tage minus 13 = 21

Daraus ergibt sich eine fruchtbare Zeit vom 11. bis zum 21. Zyklustag.

Je unregelmäßiger die Periode kommt, umso größer wird der Zeitraum, in dem eine Fruchtbarkeit angenommen werden muss. In der fruchtbaren Phase sollte man keinen ungeschützten Sex haben, wenn man nicht schwanger werden will.

Fehlerquellen und Risiken

Cartoon: Schangerschaftstest

Die Knaus-Ogino-Methode ist sehr unsicher. Statistisch gesehen werden von 100 Frauen, die diese Methode ein Jahr lang anwenden 15 bis 38 ungewollt schwanger. Das hat verschiedene Gründe:

Zum einen ist ein Zyklus keine sichere Sache, sondern von vielen verschiedenen Faktoren abhängig: wenn man krank oder gestresst ist oder sich der Tagesrhythmus verschiebt, kann auch ein sonst regelmäßiger Zyklus durcheinander geraten. Bei vielen Frauen und besonders bei Mädchen, die noch nicht lange ihre Regelblutung haben, kommt die Periode sehr unregelmäßig. In diesen Fällen kann die Kalendermethode nur sehr unsichere Auskünfte über fruchtbare Zeiten geben.

Auch wenn der Zyklus ziemlich regelmäßig kommt, erfordert die Knaus-Ogino-Methode eine erhebliche Disziplin, in der fruchtbaren Zeit entweder darauf zu verzichten, miteinander zu schlafen oder aber andere Verhütungsmethoden, wie beispielsweise Kondome zu verwenden.

Ein weiteres Risiko der Kalendermethode besteht darin, dass sie nicht vor Krankheiten schützt, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden können, z. B. AIDS.

Sicherere Verhütungsmethoden

Wesentlich sicherer als die von Knaus und Ogino erfundene Methode sind die Pille, ihr verwandte Produkte wie Mikro- oder Minipille sowie Kondome, wobei die Sicherheit jeweils von der korrekten Handhabung abhängt.

Die Kalendermethode wird auch heute noch in Verbindung mit anderen natürlichen Methoden angewandt, bei denen Veränderungen der Körpertemperatur und des Scheidenschleims während des Zyklus beobachtet werden. In Kombination mit solchen weiteren Faktoren gibt die 90 Jahre alte Verhütungsmethode heute relativ sichere Ergebnisse, aber auch nur, wenn sie mit großer Disziplin und Erfahrung verwendet wird.

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Text: LM 7.7.04; Cartoons: Tessloffs Aufklärungsbuch: Petra Graef; Foto Kalender: Tessloff Archiv.

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