Tätowierung und Piercing nur eine Frage des Geschmacks?

Deutsche Kinderärzte fordern ein Verbot von Piercings und Tatoos bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Warum finden viele Menschen solche Körperveränderungen schön? Welche Gefahren sind damit verbunden?

Links: Ohrpiercing

Ringe, Stäbchen und Schmucksteine durch Ohren, Lippen, Zunge, Augenbrauen, Bauchnabel und andere Körperstellen sind seit Jahren in. Auch mit Tätowierungen lassen viele Menschen ihren Körper verändern. Schätzungen zufolge trägt schon fast jedes zweite Mädchen unter 18 Piercings oder Tätowierungen. Viele Eltern bringen ihre Kinder bereits im Säuglingsalter zum Ohrlochstechen.


Nun forderte der Präsident des Verbands der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland, Wolfram Hartmann, dass Piercings und Tätwierungen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verboten werden sollen. Er wies darauf hin, dass etwa jeder fünfte derartige Eingriff medizinische Komplikationen nach sich ziehe. Doch was sind eigentlich Piercings und Tatoos und warum sind sie so verbreitet?


Schön durchbohrt Piercing


Rechts: Hier wird gerade ein Zungenpiercing gestochen.

Piercing kommt vom englischen Verb to pierce, das durchbohren, durchstechen bedeutet. Es handelt sich dabei um Schmuck in Form von Ringen oder Stäben, meist mit kleinen Kugeln an den Enden, die durch Haut oder das Knorpelgewebe gezogen werden, nachdem die betreffende Stelle mit einer speziellen Nadel durchstochen wurde.



Für immer bemalt Tätowierung


Links: Abstrakte Tätowierungen am Arm.

Beim Tätowieren wird Farbe mit Nadeln oder einer Tätowiermaschine unter die dritte Hautschicht aufgetragen, so dass ein Bild oder ein Schriftzug entsteht. Solche Tatoos halten normalerweise ein Leben lang. Es gibt zwar verschiedene Methoden, mit denen die Bemalungen entfernt werden können (Ätzen, Herausschneiden oder Lasern), jedoch klappt das nicht immer und hinterlässt manchmal Narben.


Vom Rand in die Mitte der Gesellschaft


Beide Formen der Körperveränderung gibt es schon lange. Es wurden Jahrtausende alte Mumien mit Tätowierungen gefunden. Traditionelle Piercings waren und sind bei den Ureinwohnern Afrikas, Asiens und Amerikas verbreitet und haben zum Teil religiöse Bedeutung. In Mitteleuropa waren bis in die 1970er Jahre nur Ohrringe üblich, Tätowierungen galten als Zeichen von Randgruppen wie Häftlingen oder Seeleuten. Über die Punkszene fanden diese Arten des Körperschmuckes Eingang in die Jugendkulturen.


Rechts: Modische Steisstätowierung, auch "Tribal" genannt.

Heute sind Piercing und Tatoos meist eine Frage der Mode. An welchen Stellen man sich tätowieren lässt und welche Motive man bevorzugt hängt häufig davon ab, was Stars aus Musik- und Showbusiness oder Sport vormachen. Oft spielt auch die eigene Clique eine Rolle. Tragen alle Freunde einen Stern am Knöchel oder einen Ring im Bauchnabel? Was gilt im Freundeskreis als schön?


Risiken und Nebenwirkungen


Links: Verschiedene Piercing-Schmuckstücke.

Sowohl Piercer als auch Tätowierer sind keine Ausbildungsberufe. Insofern ist oft nicht klar erkennbar wie qualifiziert derjenige ist, von dem man sich ein Loch oder ein Tatoo stechen lässt. Zwar gibt es Hygienevorschriften, doch werden die nicht immer kontrolliert, wobei die Gesetze in Österreich und der Schweiz derzeit strenger sind als in Deutschland. Bei unsteriler Arbeitsweise kann es zu Infektionen kommen, schlimmstenfalls sogar Hepatitis oder AIDS.


Da es kaum Regelungen bezüglich der Tätowierfarben gibt, sind allergische Reaktionen und andere Hautkrankheiten möglich. Wer sich ein Piercing stechen lässt muss damit rechnen, dass es mehrere Wochen bis Monate dauert, bis die Wunde an dieser Stelle verheilt ist. Infektionen sind keine Seltenheit. Ringe oder Stäbchen in den Lippen oder der Zunge führen auf Dauer oft zu Schäden an den Zähnen oder dem Zahnfleisch.


Wer darf?


Wer unter 18 Jahre alt ist, muss eine Einwilligung der Eltern mitbringen, wenn er sich ein Tatoo oder Piercing machen lassen will. Doch den Kinderärzten geht das nicht weit genug. Sie fordern ein generelles Verbot von Piercings und Tatoos für Minderjährige. Sie finden es unsinnig, dass Jugendliche für ein Schönheitsideal ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Auch Hautärzte raten übrigens von Tätowierungen ab.


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Text: Liane Manseicher, 05.05.08; Fotos: Piercingschmuckstücke: pd; Zungenpiercing: johnleach: GFDL; Ohrpiercing: Magnus Manske: GFDL; Steisstatoo: the weaver: GFDL; Armtatoo: pd; 

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