Paul Hermann Müller und das DDT
Paul Hermann Müller wurde am 12. Januar 1899 im Schweizer Kanton Aargau geboren. Als er 17 Jahre alt war musste er wegen schlechter Noten die Schule verlassen und arbeitete als Laborant. Nach zwei Jahren entschloss er sich, erneut die Schule zu besuchen und machte seine Matura (entspricht in Deutschland dem Abitur). Anschließend studierte er Chemie in Basel und legte seine Doktorprüfung mit Bestnote ab.
Chemie - bunt und wirksamFoto: Paul Hermann Müller
Als Forschungschemiker arbeitete er ab 1925 bei der Chemie-Firma J. R. Geigy AG in Basel. Dort beschäftigte er sich zunächst mit pflanzlichen und natürlichen Farb- und Gerbstoffen. So entwickelte er eine Substanz, mit der man Leder weiß färben konnte.
Auch Desinfektionsmittel, Mottenschutz und Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) gehörten zu seinem Fachbereich. So entdeckte er auch, dass das bereits 1874 erstmals hergestellte Mittel DDT auch gegen Insekten eingesetzt werden konnte.
Medizinnobelpreis für Chemiker
1948 erhielt Paul Hermann Müller für seine Entdeckung des DDTs als Pestizid den Medizinnobelpreis. Es war das erste Mal, dass dieser Preis nicht an einen Mediziner verliehen wurde. Grund für die Preisverleihung war, dass DDT enorm dazu beigetragen hatte, die Hygiene zu verbessern und ansteckende Krankheiten, die durch Insekten verbreitet wurden, einzudämmen.
Müller war bis zu seiner Pensionierung 1961 für den Geigy-Konzern tätig. Er starb am 12. Oktober 1965 in Basel.
Was bedeutet DDT?
Bild: Chemische Struktur des DDT
DDT ist die Abkürzung für Dichlordiphenyl- trichlorethan. Es handelt sich dabei um ein weißes Pulver, das aus Chloral und Chlorbenzol hergestellt wird, die in konzentrierter Schwefelsäure zu DDT reagieren.
DDT ist ein sehr effektives Insektengift, das unterschiedlichste Arten von der Stubenfliege über den Malariaüberträger Anopheles bis zu Schädlingen wie dem Kartoffelkäfer, dem Schwammspinner und dem Borkenkäfer tötet. Die Tiere müssen das Gift nicht einmal zu sich nehmen sondern es reicht bereits der Kontakt mit dem Pulver.
Wundermittel DDT
Foto: Zwei amerikanische Soldaten führen den Einsatz von DDT vor. Das Pestizid wird zwischen die Kleidungslagen gesprüht.
Mitten im Zweiten Weltkrieg kam DDT unter den Markennamen Gesarol und Neocid 1942 auf den Markt. Im Deutschen Reich wurde es sogleich in großem Umfang gegen den Kartoffelkäfer und als Entlausungsmittel eingesetzt. Als 1943 in Neapel / Italien eine Typhusepidemie ausbrach zeigte sich erstmals der medizinische Nutzen des Mittels. Da die lebensbedrohliche Krankheit von Läusen übertragen wurde, konnte man sie sehr schnell eindämmen, indem man die Menschen mit DDT einsprühte.
Hoffnung: Malaria ausrotten
Malaria ist eine der verbreitetsten Krankheiten auf der Welt. Rund 400 Millionen Menschen infizieren sich jedes Jahr neu mit dieser Krankheit. Um der Malaria vorzubeugen wurden in Italien aber auch weltweit Hauswände mit DDT eingesprüht. Die Anopheles-Mücken, die diese Krankheit übertragen werden auf diese Weise getötet.
Tatsächlich wurde dadurch die Zahl der Neuansteckungen in Indien innerhalb von neun Jahren von 100 Millionen jährlich auf 50.000 vermindert. Man hoffte sogar, die Malaria mittels DDT weltweit komplett ausrotten zu können. In Europa gelang dies, nicht jedoch in den tropischen und subtropischen Ländern, in denen bis heute jährlich rund 2 Millionen Menschen an Malaria sterben, die Hälfte davon sind Kinder unter fünf Jahren.
Einer der Gründe für das Ausbleiben des Erfolgs von DDT war, dass viele Krankeitsüberträger mit der Zeit resistent gegen das Gift wurden, DDT wirkte also nicht mehr.
Umweltschäden durch DDT
Foto: 1958: DDT wird an einem Gewässerrand versprüht.
Da man lange Zeit den Eindruck hatte, dass DDT für Menschen und Säugetiere völlig harmlos sei, wurde es in den 1950er und 1960er Jahren tonnenweise auf Felder und Wälder ausgebracht. Mit Sprühflugzeugen ließ man es auf Baumwollfelder und von Schädlingen befallene Baumbestände niederregnen, aber auch ganze Siedlungen wurden damit benetzt, zum Beispiel um den Ulmensplintkäfer zu vernichten, der die Ulmen in amerikanischen Vorstädten zerfraß.
1963 nutzte man 14.500 Tonnen DDT in den USA. Besonders intensiv wurde das Pestizid auch in der DDR eingesetzt, wo 1983/84 600 Tonnen davon gegen Borkenkäferbefall versprüht wurden.
Ab Mitte der 1950er Jahre stellte man fest, dass immer weniger Singvögel in den Gebieten vorkamen, die mit DDT behandelt worden waren. Das Buch Silent spring (Stummer Frühling) der amerikanischen Biologin Rachel Carson rüttelte die US-Bevölkerung wach: Es wies auf die Risiken des Umweltgiftes hin.
Dünne Eierschalen aussterbende Vögel
Besonders auffällig war der Einfluss von DDT auf die Vogelwelt. In den besprühten Vorstädten hörte man bald kaum noch Gezwitscher. Die Singvögel waren verschwunden. DDT in Gewässern führte zu einem Fischsterben und besonders hart traf es die Greifvögel. Da sie sowohl kleinere Vögel als auch Fische fressen, reicherte sich in ihren Körpern das DDT sehr stark an und führte dazu, dass die Schalen ihrer Eier viel dünner wurden. Die Eier zerbrachen zu früh und die unreifen Jungtiere starben.
In kürzester Zeit war der Wanderfalke in großen Teilen Europas und der USA ausgerottet. Auch dem Weißkopfseeadler Wappentier der USA dem Sperber, Kormoran und Fischadler ging es ähnlich. Als in Kalifornien DDT-haltige Abwässer ins Meer gelangten, kamen plötzlich viel mehr weibliche als männliche Möwen zur Welt. Wahrscheinlich wirkte DDT wie das weibliche Hormon Östrogen und veränderte das Geschlecht der Embryonen.
Unfruchtbarkeit durch DDT?
Man fragte sich deshalb, ob DDT auch auf Menschen eine hormonähnliche Wirkung hat und ob das Gift dafür verantwortlich ist, dass immer mehr Männer unfruchtbar werden, was durch eine hohe Östrogenkonzentration im männlichen Körper verursacht sein könnte. Ein direkter Zusammenhang ließ sich jedoch nicht nachweisen, da noch viele andere Umweltgifte auf uns Menschen einwirken und man daher nicht eindeutig feststellen kann, welches die Ursache für die Unfruchtbarkeit ist. Eine weitere Befürchtung: DDT könnte außerdem krebserregend sein.
Man erkannte, dass das Hauptproblem von DDT seine lange Haltbarkeit im Körper von Menschen und Tieren ist. Erst nach über einem Jahr ist die Hälfte des Giftes aus dem menschlichen Fettgewebe wieder verschwunden. Menschen und Tiere am Ende der Nahrungskette bekommen daher am meisten DDT ab, da es sich in den pflanzlichen und tierischen Produkten, die diese zu sich nehmen angereichert hat.
Verbot von DDT
Anfang der 1970er Jahre wurde der Einsatz von DDT daher in den USA und Europa verboten. In vielen Entwicklungsländern wird es jedoch bis heute genutzt und hergestellt. Derzeit wird diskutiert, ob man DDT auch wieder verstärkt gegen Malaria einsetzen sollte oder ob eher auf Mückennetze ausgewichen werden sollte. Keine einfache Frage!
Text: Liane Manseicher, 12.01.2009; Fotos: Paul Hermann Müller: The Nobel Foundation; DDT-Sprüher: Nutzung von DDT in den USA 1958. Chemische Struktur von DDT: cacycle: GFDL; Amerikanische Soldaten führen DDT-Nutzung am Menschen vor und Wanderfalke: pd.
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