Paracelsus experimentierfreudiger Wunderdoktor

Sein Name lautete eigentlich Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, doch bekannt wurde der unangepasste Arzt und Alchemist als Paracelus. Er wandte sich gegen die althergebrachte traditionelle Medizin, deren oberstes Prinzip das Lehrbuchwissen war. Er nutzte Erkenntnisse der Chemie, machte Experimente und beobachtete die Natur um neue Heilmittel zu finden. Geboren wurden Paracelsus am 11. November 1493 in der Schweiz.

Paracelsus auf einem Gemälde von Quentin Massys.

Paracelsus erwarb von seinem Vater, der selbst Arzt war, erste Kenntnisse und erweiterte diese an den Universitäten in Basel, Wien und Ferrara (Italien). Zwölf Jahre lang reiste er als Wundarzt durch ganz Europa. Danach lehrte und arbeitete er in Salzburg, Strassburg und Basel.

Medizin in der Renaissance

In der Zeit von 1450 bis 1600 kam es in allen Künsten und Wissenschaften zu einem grundlegenden Wandel, so auch in der Medizin. Während vorher, im Mittelalter vor allem das überlieferte Wissen aus der Antike etwas galt, besonders vom römischen Arzt Galen und dem Griechen Hippokrates, begannen einige fortschrittliche Ärzte nun selbst Experimente zu machen, den menschlichen Körper genau zu erforschen und nach bislang unbekannten Heilmitteln zu suchen. Doch sie gehörten zur Minderheit und hatten keinen leichten Stand in der Gesellschaft. Paracelsus war einer der ersten von ihnen.

Medizin nur aus dem Lehrbuch

Der Aufbau des menschlichen Körpers (Anatomie) war damals nämlich noch kaum bekannt. Durch kirchliche Verbote war es unmöglich gewesen, menschliche Leichen zu sezieren und daran zu lernen. Stattdessen orientierte man sich an Jahrhunderte alten Lehrbüchern wie dem von Galen, der Tierkadaver auseinander genommen hatte und das was er dort gesehen hatte, einfach auf den Menschen übertrug. Dadurch hatten sich viele Fehler eingeschlichen, die aber niemand korrigierte, weil sich das einfach nicht gehörte.

Die Doctores lehrten an den Universitäten Medizin fast ausschließlich anhand theoretischer Vorlesungen. Das Wissen von Hebammen und sogenannten Handwerksärzten wie Badern, Scherern oder Schwarzkünstlern wurde nicht mit einbezogen.



Paracelsus macht sich unbeliebt

Bild: Paracelsus gründete die Heilkunst auf Erfahrung, Experiment und Natrubeobachtung.



Paracelsus fand diese Vorgehensweise der Schulmedizin blanken Unsinn. Statt stumpf aus alten Büchern auswendig zu lernen, solle der Arzt lieber zum Buch der Natur zurückkehren, empfahl er und machte sich damit bei seinen Kollegen mächtig unbeliebt.

Da er seine Meinung nicht für sich behielt, sondern bereits seit seinen Lehrjahren offen Kritik an Ärzten und Apothekern übte, musste er immer wieder fliehen und führte daher ein unstetes Leben. Er ging sogar so weit, dass er die berühmten Medizinbücher von Galen und Avicenna eines persischen Arztes aus dem 11. Jahrhundert - in einem öffentlichen Johannisfeuer verbrannte um zu zeigen, wie überholt sie seien.



Buch der Natur statt alten Theorien

Aufsehen erregte auch seine Angewohnheit, an den Universitäten auf Deutsch zu lehren. Üblich war bis dahin einzig und allein das Lateinische als Gelehrtensprache. Paracelsus wollte das medizinische Wissen jedoch weiter verbreiten und auch fürs einfache Volk zugänglich machen.

Zudem unternahm er mit seinen Schülern Kräuterexkursionen und vermittelte praktisches Wissen, das er auch von Hebammen und Badern hatte, wie er unverblümt zugab. Nach dem Motto Daß einer wisse und nit wähne! unterrichtete er vor allem das, was er selbst erforscht hatte, statt sich auf überlieferte Ideen zu verlassen.

Auch mit der Obrigkeit legte er sich an, als er sich 1525 während des Bauernkrieges den Aufständischen anschloss. Immer wieder, besonders in seinen Büchern kritisierte er die herrschenden sozialen Missstände.



Der Körper als chemisches System

In Paracelsus' Augen war der menschliche Körper ein chemisches System. Krankheiten müssten sich daher mit chemischen Mitteln, also Arzneien beheben lassen. Er experimentierte mit Metallen, Mineralien und Heilpflanzen und prägte den bis heute berühmten Satz Alle Ding sind Gift und nichts ist ohn Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.

Vom Volk wurde er als Wunderdoktor verehrt, der sich jedem, auch dem Ärmsten annahm. Unter seinen Kollegen war er jedoch zeitlebens umstritten. Nach seinem Tod am 24. September 1541 gab es zunächst viel Streit zwischen seinen Gegnern und seinen Anhängern. Danach geriet er in Vergessenheit und wurde erst ab dem 19. Jahrhundert, unter anderem auch im Umfeld der Homöopathie wieder bekannt und gilt als Vorläufer der modernen Arzneikunde.

 

Text: Liane Manseicher, Bilder: Illustration Paracelsus aus WAS IST WAS Band 66 Geschichte der Medizin: A. Baldanzi Milan Illustrations Agency. Fotos und Briefmarke: pd.

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