Der Rhesusfaktor

Gemeinsam mit seinem amerikanischen Kollegen Alexander Solomon Wiener entdeckte Karl Landsteiner 1940 ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Blutgruppen: den Rhesusfaktor.

Der Rhesusfaktor ist ein Bestandteil der Zellmembran der roten Blutkörperchen im menschlichen Blut. Benannt wurde er nach dem Rhesusaffen, bei dem er während einer Versuchsreihe zum ersten Mal entdeckt wurde. Ob man den Rhesusfaktor besitzt, also Resus-positiv ist oder nicht (Rhesus-negativ) wird von den Eltern vererbt. Er ist neben dem ABO-System das wichtigste Merkmal des menschlichen Bluts.

Untersuchung mit Affenblut

Landsteiner und Wiener entdeckten den Rhesusfaktor bei der Untersuchung von Antikörpern. Darunter versteht man spezielle Proteine, die für das Immunsystem des Körpers wichtig sind. Die Mediziner stellten fest, dass sich die Antikörper eines Kaninchens sowohl gegen die roten Blutkörperchen der Affenart "Macaca rhesus" richteten als auch gegen menschliche Blutkörperchen.

Revolutionäre Entdeckung

Diese Reaktion war allerdings nur bei einem Teil des untersuchten Menschenblutes der Fall. Diesen Reaktionstypus nannte man aufgrund der Versuchsreihe mit den Rhesus-Affen "Rhesus positiv", kurz Rh+. Die Blutgruppe, deren Blutkörperchen nicht reagierten, nannte man "Rhesus negativ". Risiken bei Bluttransfusionen konnten durch diese Entdeckung noch weiter minimiert werden. Künftig stimmte man nicht nur die Blutgruppen von Spendern und Empfängern aufeinander ab, sondern auch die Rhesusfaktoren.

Komplikationen in der Schwangerschaft

Insbesondere für Schwangere spielt der Rhesus-Faktor eine wichtige Rolle. Trägt eine Rh-negative Mutter ein Rh-positives Baby im Bauch, dann bildet ihr Organismus Antikörper. Diese können dann in späteren Schwangerschaften das Kind im Mutterleib schädigen. Heute wird daher bei Schwangeren routinemäßig der Rh-Faktor bestimmt. Durch gezielte Antikörpergaben können Komplikationen vermieden werden.

 

Wie funktioniert die Vererbung?

Doch wieso haben einige Menschen den Rhesusfaktor und andere nicht? Um das zu erklären, müssen wir etwas tiefgründiger in die Vererbungslehre einsteigen. Die Weitergabe des Rhesusfaktors funktioniert dominant-rezessiv. Das ist Fachchinesisch der Genetiker und bedeutet, dass es wahrscheinlicher ist den Rhesusfaktors bei entsprechender Anlage der Eltern weiter zu vererben als ihn nicht weiter zu vererben. Das Gen, durch den der Rhesusfaktor weiter vererbt, trägt allerdings zwei Merkmale, so genannte Allele.

Positiv oder negativ?



Jetzt wird es noch ein bißchen komplizierter: So können ein Mann und eine Frau , wenn sie in Kind zeugen, zum Beispiel beide die dominante Anlage zur Vererbung des Rhesusfaktors in sich tragen. Ihr Gen  trägt dann die Merkmale, die Wissenschaftler mit zwei große Buchstaben D bezeichnen, also DD (D= Rhesusfaktor vorhanden, im Fall DD ist das Merkmal gleich doppelt angelegt). Ein Kind aus dieser Verbindung ist in jedem Fall Rhesus-positiv, da ja keinerlei Anlage für Rhesus-negativ bei den Eltern besteht.

Menschen ohne Rhesusfaktor sind selten

Es ist aber auch möglich, dass  das Gen beider oder eines Partners nur ein oder gar kein Merkmal für den Rhesusfaktor hat. Man bezeichnet das dann als Dd (D= Rhesusfaktor, kleines d= kein Rhesusfaktor) oder dd (dd= gar keine Anlage für den Rhesusfakto). Aus dieser Verbindung kann dann selbstverständlich auch ein Kind ohne Rhesusfaktor hervorgehen. Das ist umso wahrscheinlicher je mehr d-Merkmale beide Elternteile aufweisen. Weltweit sind Menschen ohne Rhesusfaktor deutlich unterrepräsentiert und machen nur 15 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Noch weitere Systeme

Neben dem ABO-System und dem Rhesusfaktorsystem wurden bis heute noch 26 weitere Blutgruppensysteme beschrieben. Sie alle können bei der Blutübertragung eine Rolle spielen, werden aber meist nur dann benötigt, wenn es bei einer Blutübertragung trotz Abstimmung von Blutgruppe und Rhesusfaktor Komplikationen gibt. Dann wird das menschliche Blut noch genauer untersucht. So gibt es z.B. Menschen, die aufgrund eines Gendefekts kein kein Blut gespendet bekommen können bzw. nur Eigenblut.      


Nic - 14.11.2006

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