Dem Geruchssinn auf der Spur

Der Mensch kann rund 10.000 unterschiedliche Duftstoffe auseinanderhalten und in seinem Gedächtnis speichern. Wie diese Düfte vom Menschen wahrgenommen werden, war lange ein unerklärtes Rätsel. Die beiden amerikanischen Forscher Richard Axel und Linda Buck haben angefangen, es zu lüften.

Seit 1991 erforschen sie und ihr Team an der Columbia Universität in New York, wie der Mensch Gerüche wahrnimmt und unterscheidet. Sie wollten wissen: Wie arbeiten "Geruchsrezeptoren", also bestimmte Zellen oder Strukturen, die fähig sind die Geruchsreize aufzunehmen?

Wie werden Düfte von uns wahrgenommen und was bewirken sie?

Foto: Schon lange arbeiten Wissenschaftler daran, den Geruchssinn zu entschlüsseln.

Warum ist Riechen eigentlich wichtig?

Der Mensch verfügt über acht Sinne: den Gesichtssinn (= Sehen), Gehör-, Gleichgewichts-, Geruchs-, Geschmacks-, Tast-, Temperatur- und Schmerzsinn. Das Riechen ist ein Sinn, der nicht nur das Leben schöner macht, sondern der uns auch vor Gefahren schützt. Man riecht, wenn etwas anbrennt oder Gas leckt. Wenn Lebensmittel verdorben sind, ändern sie ihren Geruch. Denkt nur einmal an ein faules Ei oder alten Fisch.

Auf der anderen Seite erinnern wir uns an bestimmte, besonders schöne Momente, wenn wir einen Duft riechen, den wir damit verbinden. So kann uns der Geruch von Meeressalz den Urlaub zurückbringen. Oder beim Duft von Erdbeeren denken wir an den Sommer oder an den leckeren Kuchen von der Oma.

Alle Lebewesen können chemische Substanzen an ihren Gerüchen erkennen - egal, ob sie davon angezogen oder abgestoßen werden.

Aber wie funktioniert das Riechen?

Das Riechen ist ein Vorgang, bei dem viele einzelne Schritte durchlaufen werden. Alles beginnt mit den Riechzellen. Das sind schlanke, mit "Riechhärchen" besetzte Sinneszellen, die sich in den oberen Nasengängen auf zwei schmalen Schleimhautfeldern befinden. Sobald Geruchsstoffe mit der Atemluft hier vorbeistreichen, lösen sie sich im Flüssigkeitsfilm der Riechschleimhaut, werden von den Riechzellen registriert und zum "Riechzentrum" der Großhirnrinde weitergeleitet.

Doch wodurch werden die Riechzellen überhaupt angeregt? Welche Antennen auf diesen Sinneszellen ermöglichen, dass man die vielen verschiedenen Substanzen wahrnimmt? Gibt es vererbte Voraussetzungen, die das möglich machen? Diese Frage stellten sich die Forscher und untersuchten sie an Mäusen.

Die "Riech-Gene"

1991 entdeckten die Forscher, dass es eine Gruppe von rund 1000 Genen gibt, die für die Wahrnehmung von Gerüchen verantwortlich ist. Das sind rund drei Prozent all unserer Gene. Jedes dieser Gene besitzt die Fähigkeit, einen bestimmten Geruch zu binden. Jede Sinneszelle verfügt nur über einen Typ dieser Bindungsstellen. Deshalb gibt es ebenso viele Arten von Riechsinneszellen wie Rezeptortypen.

Weil die Rezeptoren aber auf mehr als nur einen Geruchsstoff reagieren, können die einzelnen Sinneszellen auf eine begrenzte Zahl von Substanzen ansprechen. Werden sie aktiviert, senden sie ein Signal in eine bestimmte Region des Gehirns, den Riechkolben. Dort wird die Nachricht in kleinen Zentren aufgearbeitet, wobei alle Riechsinneszellen eines Typs ihre Signale in dasselbe Zentrum schicken. Von dort aus wird die Information zu anderen Orten des Gehirns geleitet und genauer entschlüsselt.

Gehirn kann Duftmuster erkennen

Natürlich gibt es viel mehr als tausend Gerüche. Und auch diese können wir erkennen. Das liegt daran, dass die einzelnen Bestandteile einer Duftnote verschiedene Sinneszellen anregen. Das Gehirn verbindet diese Eindrücke zu einem Muster und ordnet es einem Geruch zu. Zum Beispiel erkennt es so den unterschiedlichen Geruch von frischen und faulen Eiern.

Auch wenn die Grundlagen des Riechens erforscht sind, gibt es auf diesem Gebiet noch eine Menge zu entdecken. Das Team an der Columbia University New York forscht weiter!

-ab-12.10.04 Text / Foto: CD Medicine and Healthcare; Skizze nach www.nobelprize.org (englisch).

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