Biochirurgie: Heilen mit Maden & Co.

Biochirurgie: Heilen mit Maden & Co.

Habt ihr schon einmal den Begriff Biochirurgen gehört? Damit bezeichnet man tierische Helfer wie Maden und Blutegel, die in der Medizin gezielt eingesetzt werden, um zur Heilung von Patienten beizutragen. Wie das funktioniert? Erklären wir euch hier!


Die Goldfliege



Wundheiler Nummer 1 sind die Maden der so genannten Goldfliege. Setzt man sie in eine Wunde, tasten sie das gesunde Gewebe nicht an, sondern entfernen nur die abgestorbenen Zellen. Mit Hilfe von Verdauungssäften, die gleichzeitig antibakteriell wirken, verflüssigen sie das tote Gewebe und trinken diesen selbst gemixten Cocktail. Wachstumshormone tragen ebenfalls dazu bei, dass sich die Wunde schneller schließt.

Schon bei Urvölkern bekannt



Dieses Phänomen ist seit Jahrtausenden bekannt. Die Urvölker in Asien, Australien und Südamerika haben seit jeher Fliegenlarven zur Wundheilung verwendet. In Europa entdeckte ein britischer Feldarzt im Ersten Weltkrieg die tierischen Wunderheiler. Nach tagelangem Transport wurden verletzte Soldaten mit Wunden voller Maden in sein Lazarett eingeliefert. Trotzdem waren die Wunden nicht infiziert, sondern heilten sogar schneller.

In den 90er wieder entdeckt

Weil die großen Pharmakonzerne ab den 50er Jahren auf die Entwicklung und den Absatz neu entwickelter Antibiotika setzten, geriet das alte Wundermittel aber zunächst in Vergessenheit. Erst als immer mehr Menschen eine Resistenz gegen Antibiotika entwickelten, das heißt diese Medikamente bei ihnen gar nicht mehr wirkten, entdeckten amerikanische Ärzte in den 90er Jahren die Madentherapie wieder.

Segen für Diabetiker

Gerade für Diabetiker, die häufig an offenen Fußgeschwüren leiden, für Menschen mit Venenschwäche oder wund gelegene Patienten sind die Biochirurgen ein echter Segen. Der einzige Nachteil der Therapie: in den ersten 24 Stunden können verstärkt Schmerzen auftreten. Auch die Kosten sind minimal höher, als wenn mit konventionellen Salben gearbeitet wird.

Ekel? Muss nicht sein!

Was die Patienten häufig jedoch mehr stört als Schmerzen und Kosten, ist der Anblick der sich windenden Tierchen. Um den Menschen den Ekel zu nehmen, hat die Medizin jedoch eine spezielle Methode entwickelt: Die Maden werden in netzartige Tütchen eingepackt, auf die Wunde gelegt und mit einer feuchten Kompresse abgedeckt. So verrichten sie wie unsichtbar ihre Arbeit um nach drei Tagen gegebenenfalls durch einen neuen Wundverband ausgetauscht zu werden.

 Professionelle Zucht

Heutzutage ist die Therapie mit Maden weltweit in ihrer Wirksamkeit anerkannt und wird professionell betrieben. 1995 eröffnet in Wales die erste europäische Produktionsstätte von Goldfliegen-Larven. Seit 2008 können auch Apotheken keimfreie Eier von Goldfliegen erhalten und daraus Maden züchten.

"Kollege" Blutegel

Ein wichtiger Kollege der Goldfliegen-Made ist der Blutegel. Die heilende Wirkung des Parasiten war schon im antiken Ägypten bekannt. Die Blutsauer werden gerne bei Krampfaderleiden, Venenentzündung oder sogar Tinnitus (Pfeifgeräusche im Ohr) eingesetzt. Ihr Trick: Beim Saugen gelangen spezielle Sekrete in die Wunde, die entzündungshemmend wirken und die Gefäße erweitern.

Neue Biochirurgen in Sicht

Recht neu ist die Therapie mit dem Schweinewurm, die bislang nur in den USA durchgeführt wird. Der Parasit, der sich nur im Schwein vermehren kann und beim Menschen nach spätestens 2 Wochen abstirbt, soll bei entzündlichen Darmerkrankungen wirken. Studien hierzu stehen in Deutschland aber noch aus.

Nic - 2.2. 2011 / Fotos: Goldfliege: GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Autor: Alvesgaspar, Fotos Maden: public domain

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