Bausteine der Natur

Der deutsche Biochemiker und Unternehmer Holger Zinke wurde mit dem Deutschen Umweltpreis 2008 ausgezeichnet. Ihm ist es gelungen, den vollständigen Werkzeugkasten der Natur aufzuschlüsseln und für industrielle Zwecke nutzbar zu machen. Unter anderem hat er für die Firma Henkel ein waschaktives Enzym entwickelt, das bei Temperaturen von 40° C die gleiche Waschkraft erreicht, die vorher erst bei 60° C erreicht wurde. Dadurch könnten jährlich 1,3 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid in Deutschland eingespart werden

Holger Zinke wurde am 4. Januar 1963 im hessischen Bensheim geboren. Als 20jähriger begann er an der Technischen Universität Darmstadt sein Biologiestudium mit Schwerpunkt Mikrobiologie. 1992 promovierte er zum Dr. rer. nat. in der Biochemie. Schon ein Jahr später gründete er seine eigene Firma, die BRAIN AG. Das Unternehmen beschäftigt heute 60 hochqualifizierte Mitarbeiter und hat sich zu einem in Europa führenden industriellen Biotech-Unternehmen entwickelt.

BRAIN die Denkfabrik

Das Forschungs- und Entwicklungsunternehmen BRAIN identifiziert und entwickelt neuartige bioaktive Naturstoffe und urheberechtlich geschützte Enzyme für Partner und Kunden in der chemischen und pharmazeutischen sowie in der Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie.

In einem eigenen BioArchiv hat die Firma Millionen von neuen Genen, Proteinen und Stoffwechselwegen von mikrobiellen Isolaten und Metagenom-Bibliotheken gespeichert. Von der Natur abgeschaute Lösungen lassen sich durch intensive Forschung auf Problemstellungen der modernen Industrie übertragen.

Was sind Biokatalysatoren?


Ein Katalysator ist ein Stoff, der eine chemische Reaktion schneller und leichter ablaufen lässt. Der Katalysator selbst wird dabei nicht verändert oder verbraucht. Der Katalysator im Auto zum Beispiel wandelt unter anderem das giftige Kohlenmonoxid in Kohlendioxid um.

Biokatalysatoren sind große Moleküle, die chemische Reaktionen in Lebewesen einfacher ablaufen lassen. Fast immer sind das so genannte Enzyme. Enzyme funktionieren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip und reagieren nur mit bestimmten Stoffen, so wie auch nur ein bestimmter Schlüssel in ein Schloss passt.


Im Prinzip sind alle Lebewesen wandelnde Reagenzgläser. In deinem Körper finden jede Sekunde zigtausend chemische Reaktionen statt. Ohne die Biokatalysatoren, also Enzyme, wären diese Reaktionen nicht möglich und damit auch kein Leben wie wir es kennen.

Enzyme - Schlüssel zum Leben



Die Biotechnologie nutzt Erkenntnisse aus Biochemie, Mikrobiologie und Verfahrenstechnik für die Produktion bestimmter Stoffe. Hierzu bedient man sich der Enzyme, die die eingesetzten Organismen bilden.

Enzyme spielen die zentrale Rolle im Stoffwechsel aller lebenden Organismen. Nahezu jede biochemische Reaktion wird von Enzymen bewerkstelligt und kontrolliert ohne Enzyme könnten wir nicht amten, keine Nahrung verdauen und die Erbinformation in unseren Zellen könnte nicht repariert und kopiert werden.

In der Biotechnologie nutzt man Enzyme zur Herstellung von Käse, Alkohol, Medikamenten und vielen anderen Produkten. Auch die Gentechnik wäre ohne diese molekularen Werkzeuge nicht denkbar. Für bestimmte Anwendungen entwickeln Wissenschaftler heute gezielt leistungsfähigere Enzyme durch Protein-Engineering. So arbeitet man unter anderem daran, Ölverschmutzung durch Bakterien mit den passenden Enzymen zersetzen zu lassen.

Enzyme in der Medizin

Die Diagnostik verwendet Enzyme, um Krankheiten zu entdecken. In den Teststreifen für Diabetiker befindet sich zum Beispiel ein Enzymsystem, das unter Einwirkung von Blutzucker einen Stoff produziert, dessen Gehalt gemessen werden kann. So wird indirekt der Blutzuckerspiegel gemessen. Viele Arzneimittel hemmen Enzyme oder verstärken ihre Wirkung, um eine Krankheit zu heilen. Prominentester Vertreter solcher Arzneistoffe ist wohl die Acetylsalicylsäure, die das Enzym Cyclooxygenase hemmt und somit unter anderem schmerzlindernd wirkt.

Enzyme in der Industrie

Enzyme werden auch zur Herstellung einiger Medikamente und Insektenschutzmittel verwendet. Bei der Käseherstellung wirkt das Labferment mit, ein Enzym, das aus Kälbermägen gewonnen wurde. Waschmitteln fügt man Lipasen (Fett spaltende Enzyme), Proteasen (Eiweiß spaltende Enzyme) und Amylasen (Stärke spaltende Enzyme) zur Erhöhung der Reinigungsleistung hinzu, weil diese Enzyme die entsprechenden Flecken zersetzen.  Viele Enzyme können heute mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden.



Interessierst du dich für Bionik? Wenn dich interessiert, was man alles aus der Natur schon abgeschaut hat, und woran die Forscher in Zukunft arbeiten werden, dann wirf doch auch einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 122: Bionik



Text: RR, Stand: 27. 10. 2008, Foto Preisverleihung: DBU, Osnabrück, P. Himsel. Alle anderen Fotos (c) BRAIN AG, Zwingenberg

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