Alles außer gewöhnlich

Der 3. Dezember ist der internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Wir haben ein paar grundlegende Fakten zum Thema Behinderung zusammengetragen.

Behinderung in Zahlen

Etwa 10 Prozent der Weltbevölkerung, also 650 Millionen Menschen leben mit einer Behinderung. In Deutschland sind es rund 6,8 Millionen. Ganz genau weiß das jedoch niemand, da mit dieser Zahl nur all diejenigen erfasst sind, die einen Schwerbehindertenausweis besitzen. Wer zwar Anspruch auf einen solchen Ausweis hätte, ihn aber nicht beantragt, wird in der Statistik nicht berücksichtigt. Schließlich gibt es keine Meldepflicht für Behinderungen.

Mehr als die Hälfte der Menschen mit Behinderung sind über 65 Jahre alt klar, denn viele Behinderungen entstehen erst mit zunehmendem Alter, etwa durch Krankheiten oder Altersschwäche. Andere Gründe für eine Behinderung können zum Beispiel Schädigungen im Mutterleib oder bei der Geburt sein. Nur 2% der Beeinträchtigungen sind durch einen Unfall zustande gekommen. Natürlich gibt es auch in allen anderen Altersgruppen behinderte Menschen. Nur 4 % der Behinderten sind unter 25 Jahre alt.

Formen von Behinderung

Foto: Der Bass-Bariton Sänger und Gesangsprofessor Thomas Quasthoff ist contergangeschädigt. © Wolfgang Reese

Man unterscheidet folgende Arten von Behinderungen: körperliche Behinderungen, etwa am Bewegungsapparat oder inneren Organen (auch Einschränkungen durch Krebserkrankungen, Diabetes etc.), Sinnesbehinderungen, wie zum Beispiel Blindheit, Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit. Außerdem gibt es Sprachbehinderungen wie etwa Stottern oder Stummheit sowie psychische Behinderungen, also seelische Störungen, die dauerhaft oder immer wieder auftreten, zum Beispiel Schizophrenie.

Foto: Der Schauspieler Bobby Brederlow mit Down-Syndrom erhielt 2004 das Bundes-Verdienstkreuz. © Peer Brocke, Bundesverband Lebenshilfe.

Schließlich wird noch zwischen Lernbehinderung und geistiger Behinderung unterschieden. In beiden Fällen haben die Betroffenen meist einen niedrigeren Intelligenzquotienten als der Durchschnitt der Bevölkerung. Ursachen können aber zusätzlich auch in Verhaltensstörungen sowie Sinnesbehinderungen, etwa Schwerhörigkeit oder Sprachstörungen sein.

Auch wenn Vorurteile es nahelegen es gibt nicht den typischen geistig Behinderten oder die typische Blinde. So wie sich auch sonst jeder Mensch von anderen durch zahlreiche (Persönlichkeits-)merkmale unterscheidet, treten auch Behinderungen in jedem Einzelfall unterschiedlich zu Tage.

Man ist nicht behindert man wird behindert...

Foto: Braille-Schrift für Blinde.

... dieser Spruch stimmt tatsächlich, denn viele Probleme von behinderten Menschen entstehen in erster Linie dadurch, dass ihre Umgebung nicht für sie geeignet ist und andere Menschen ihnen das Leben schwer machen. In unserem Grundgesetz steht in Artikel 3: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Deshalb gibt es heute zahlreiche Gesetze, die dafür sorgen sollen, dass

  • beim Bau von öffentlichen Gebäuden und Straßen darauf geachtet wird, dass sie auch für Blinde und Rollstuhlfahrer benutzbar sind.

  • Internetseiten auch für Leute mit Sehschwäche lesbar sind (Barrierefreiheit im Internet). Versionen in einfacher Sprache sollen dafür sorgen, dass die Informationen auch von jemandem verstanden werden können, der sich mit komplizierten Formulierungen schwer tut.

  • Menschen mit Behinderung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz nicht benachteiligt werden und in einem Arbeitsverhältnis besonders geschützt sind.

  • Förder- und Rehabilitationseinrichtungen behinderte Menschen unterstützen, ein möglichst selbständiges Leben zu führen.

  • Nachteilsausgleiche z. B. in Form von Zuschüssen für behinderungsbedingte Wohnungsumbauten, vergünstige Eintritte und Fahrkarten, Steuerermäßigungen und andere finanzielle Hilfen wenigstens zu einem Teil die Schwierigkeiten ausgleichen, die durch die Behinderung entstehen.



Um diese Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen zu können, benötigt man einen Schwerbehindertenausweis, den man beim Versorgungsamt beantragt. Eingetragen ist dort der Grad der Behinderung von 50-100 % sowie gesundheitliche Merkmale in Form von Merkzeichen. So steht zum Beispiel das Merkzeichen G für gehbehindert, Bl bedeutet blind.

Foto: Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble ist seit einem Attentat im Jahr 1990 querschnittsgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.

Heute wird mehr als früher versucht, behinderte Kinder gemeinsam mit nicht-behinderten in den normalen Regelkindergärten und -schulen zu unterrichten und die Bedingungen für behinderte Erwachsene so zu gestalten, dass sie an regulären Arbeitsplätzen tätig sein können.

Behinderung in der Familie

Foto: Im Behindertensport werden spezielle Hilfsmittel eingesetzt wie dieser Tennis-Rollstuhl.

Wird ein behindertes Kind geboren oder tritt eine Behinderung zum Beispiel durch Krankheit bei einem Familienmitglied auf, so ist das eine Krise für die gesamte Familie. Häufig vergeht eine gewisse Zeit, bis festgestellt wird, um welche Krankheit oder Behinderung es sich handelt. Gerade bei kleinen Kindern dauert es oft einige Jahre bis die Eltern nach unzähligen Arztbesuchen endlich Gewissheit darüber haben, woran ihr Kind leidet.

Nun müssen sich alle Beteiligten, auch Freunde und Verwandte mit dieser Situation auseinandersetzen. Wünsche und Träume für die Zukunft werden sich ändern, Informationen müssen eingeholt werden, die häusliche Umgebung muss so gestaltet werden, dass sie an die besonderen Bedürfnisse des Behinderten angepasst ist.

Auch die Geschwister von behinderten Kindern leben in einer besonderen Situation. Ihre Eltern haben weniger Zeit für sie, da sie sich intensiv um den kranken Bruder oder die kranke Schwester kümmern müssen. Manchmal tragen sie eine höhere Verantwortung als ihre Altersgenossen. Gleichzeitig lernen sie im Umgang mit ihrem Bruder oder ihrer Schwester viel, von dem ihre Freunde keine Ahnung haben. In jedem Fall gestaltet sich ihr Alltag anders als in anderen Familien.

Glücklicherweise stehen sie mit ihren Erfahrungen nicht allein da. Es gibt Selbsthilfegruppen, bei denen man andere Betroffene findet, die einen verstehen und die einem helfen und Mut machen können.

Habt ihr einen behinderten Bruder oder eine behinderte Schwester, dann findet ihr hier eine ganze Linkliste zum Thema.

Mehr zum Thema Behinderung findet ihr beim Familienratgeber der Aktion Mensch.

Text: Liane Manseicher, 03.12.2008, Fotos: Wolfgang Schäuble mit seiner Frau: Franz Richter: cc-by-sa; W. Schäuble allein: wici: pd; Rollstuhltennis: pd;

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