1960: Die erste "Pille" kommt auf den Markt

Bahn frei für die Antibabypille! Am 18. August 1960 kam das Medikament namens "Envoid" in den USA auf den Markt. Ein Jahr später eroberte das Hormonpräparat auch Deutschland. Anfangs wurde das Verhütungsmittel nur verheirateten Frauen verschrieben. Erst nach der sexuellen Revolution Ende der 60er Jahre war die "Pille" kein Tabu mehr. Heute verhütet jede dritte Frau im gebärfähigen Alter damit.

Die Erfindung geht auf die Zusammenarbeit von drei Forschern zurück: Carl Djerassi, Gregory Pincus und John Rock. Den drei Pharmakologen war es nach dem Zweiten Weltkrieg gelungen, das Schwangerschaftshormon Progesteron und das weibliche Hormon Östrogen künstlich herzustellen. Die Wirkung der "Pille" beruht auf der Zusammenwirkung dieser zwei Hormone indem sie dem Körper eine dauerhafte Schwangerschaft vorgaukelt. Bei regelmäßiger Einnahme bietet sie einen fast 100prozentig sicheren Verhütungsschutz.

So wirkt die "Pille"

Das Wirkungsprinzip der Antibabypille ist dreifach. Zum einen verhindert sie, dass bei der Frau überhaupt monatlich ein Ei heranreift. Da es deshalb auch zu keinem Eisprung kommen kann, ist auch keine Befruchtung möglich. Nimmt eine Frau die "Pille", haben es die Spermien außerdem schwer, sich den richtigen Weg zu bahnen.

Durch die "Pille" verfestigt sich der Schleimpfropf im Gebärmutterhals und verhindert das Aufsteigen der Spermien. Grundsätzlich sorgt die "Pille" auch dafür, dass der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut vermindert wird. Nur in einer stark ausgebildeten Schleimhaut kann sich auch ein befruchtetes Ei einnisten.

Test in Puerto Rico

Ausprobiert wurde die "Pille" in den 50ern zum ersten Mal an Frauen in Puerto Rico. Dort testete Gregory Pincus "Envoid" in den Armenvierteln von San Juan. Erst als sicher gestellt war, dass die Frauen in Puerto Rico nicht schwanger und auch nicht unmittelbar krank würden, wurde die "Pille" für den amerikanischen Markt freigegeben.

Verfall der Sitten befürchtet

Die meisten Frauen waren von der neuen Verhütungsmethode begeistert, weil sie endlich zuverlässigen Schutz bot. Dafür wurde die anfangs doch sehr starke Dosierung inklusive Nebenwirkungen in Kauf genommen. Die Haltung der Gesellschaft war allerdings überaus kritisch.

Vor allem Vertreter von Staat und Kirche befürchteten den allgemeinen Verfall der Sitten und der sexuellen Moral. Die anfängliche Idee, dass die Pille nur an Frauen verschrieben werden soll, die verheiratet sind und schon mehrere Kinder auf die Welt gebracht hatten, ließ sich allerdings auf Dauer nicht durchsetzen.

Hormonhammer

Ein Jahr später brachte der Pharmakonzern Schering die neue Verhütungsmethode auch nach Deutschland. "Anovlar", so der Name der ersten deutschen Pille war ein echter Hormonhammer. 50 Milligramm Östrogen schluckten die Frauen damals pro Tag.

Auf dem Beipackzettel stand, "Anovlar" sei bei Akne oder Menstruationsbeschwerden einzusetzen. Dass das Medikament auch einen Schutz vor ungewollten Schwangerschaften bot, war erst viel weiter hinten zu lesen. Das lag daran, weil die moralischen Vorbehalte gegen das Hormonpräparat die gleichen waren wie in den USA.

Erfolg bis heute ungebrochen

Im Laufe der Studentenrevolte und der sexuellen Revolution Ende der 60er Jahre veränderte sich auch die Einstellung gegenüber der Pille. Sie wurde allgemein akzeptiert und heutzutage ist es ganz normal, damit zu verhüten. In den 80er Jahren begann zwar ein verstärkter Gegentrend, der die Rückkehr zu natürlichen Verhütungsmethoden wie Temperaturmessung etc. befürwortete, aber dennoch ist der Erfolg der Pille bis heute ungebrochen.

Nebenwirkungen möglich

Im Vergleich zu den 60er Jahren haben die Frauen heute den Vorteil, dass die modernen Pillenpräparate wesentlich niedriger dosiert sind. Sie enthalten gerade so viel Hormone wie notwendig um eine Schwangerschaft zuverlässig auszuschließen. Das macht die Pille heutzutage auch viel verträglicher. Normalerweise kann sie bedenkenlos eingenommen werden.

Auch wenn man natürlich nicht vergessen sollte, das die tägliche Dosis einen großen Eingriff in den Hormonhaushalt darstellt. Auch Nebenwirkungen sind möglich. So kann es ganz individuell z.B. zu starker Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen, Migräne etc. kommen. Bei Raucherinnen besteht außerdem ein erhöhtes Thromboserisiko (Thrombose = Blutgerinsel).

Schöne Haut und weniger Regelschmerzen

Doch die Pille hat nicht nur negative Seiten. Sie kann sogar schön machen! Gerade die aus zwei Hormonen bestehende Mikropille, die bei jungen Frauen hoch im Kurs steht und mit Abstand am häufigsten verschrieben wird, hat diesen Beauty-Effekt. Bei Akne und anderen Hautproblemen ist die Pille sogar häufig der letzte Rettungsanker. Und auch gegen fettige Haare und Haarausfall können die Hormone etwas bewirken. Außerdem hilft die Pille bei Regelschmerzen und hält den Zyklus stabil.

Verhütung im Netz

Übrigens: Auch wenn die Pille scheinbar die einfachste Verhütungsmethode ist - sie schützt nicht vor HIV oder anderen ansteckenden Krankheiten! Dafür ist auf jeden Fall ein Kondom notwendig! Ihr wollt mehr über die Themen Verhütung und Pille wissen? Dann klickt doch mal auf die Seite von Loveline.

Nic - 17.08.2005 / Foto: Ceridwen cc-by-sa 3.0

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