110/112 - die Nummer für den Notfall

Welche Nummer wählt man im Notfall? Egal, ob die Wohnung brennt oder man einen Krankenwagen braucht? Klar, den kostenlosen Notruf 110/ 112! Seit wann es die Nummer gibt und was der Unfalltod des achtjährigen Björn Steiger damit zu tun hat, möchten wir dir hier erklären.

Im Mai 1969 ereignete sich in Deutschland ein Verkehrsunfall, der weitreichende Folgen haben sollte. Auf dem Heimweg vom Schwimmbad wird Björn Steiger von einem Auto erfasst und erliegt noch an der Unfallstelle seinen Verletzungen. Nur einige Tage vor seinem neunten Geburtstag. Ein Schock für die Eltern. Zumal sich später herausstellt, dass Björn hätte gerettet werden können, wenn der Krankenwagen rechtzeitig eingetroffen wäre.


Die Björn-Steiger-Stiftung wird gegründet

Obwohl mehrere Augenzeugen die Polizei und das Rote Kreuz alarmierten, dauerte es viele zu lange, bis Hilfe kam. Das Problem damals: Man musste die Nummer der örtlichen Polizeistation und des Rettungsdienstes kennen, um Hilfe anzufordern. Handys gab es auch noch keine. Björns Vater Siegfried beschloss kurzerhand, Abhilfe zu schaffen: Er gründete die Björn-Steiger-Stiftung, die sich dafür einsetzte, das deutsche Notrufsystems zu verbessern. 


Abbildung: Dieses Schild weist auf Notrufsäulen an deutschen Autobahnen hin.




Notruf startet in Baden-Württemberg


Zunächst finanzierte die Stiftung Funkgeräte, mit denen die Krankentransporte ausgestattet und abgerufen werden konnten. 1971 wurden hundert Notruftelefone entlang von Straßen und Autobahnen in ganz Deutschland aufgestellt. Im Frühjahr 1973 der nächste Schritt: die Björn-Steiger-Stiftung startete den kostenlosen Notruf 110/112 zunächst im Norden Baden-Württembergs.

Einfache Zahlenkombination

Man entschied sich für eine sehr einfache Zahlenkombination, die auch Menschen in Stress- und Notsituationen parat haben. Zudem gab es in Deutschland bereits mehrere dreistellige Servicenummern zwischen 101 und 109. 101 wählte man zum Beispiel für die Vermittlung, 102 war die Störungsnummer. Die 110 war der nächste logische Schritt nach der 109. Die 111 wurde übersprungen, weil wohl zu viele Kinder Fehlalarm auslösten. An der Drehscheibe der damaligen Telefone war die 1 die Zahl, die auch für Kleine am einfachsten zu wählen war.   

110 für Polizei, 112 für Rettungsdienst

Die 110 ist bis heute die erste Wahl, wenn man die Hilfe der Polizei braucht. Die 112 ist der Draht zur nächsten Rettungsdienststelle. Diese Zahlenfolge gilt auch europaweit. Sie wählt man, wenn es brennt oder man einen Rettungswagen oder hubschrauber benötigt. Sollte man beide Nummern aus Versehen verwechseln, ist das kein Problem. Man wird sofort weiter verbunden.    




Foto: Feuerwehrleute im Einsatz



Bundesweite Notrufnummer

Die bundesweite Einführung der 110/112 stieß 1973 zunächst auf den Widerstand von Politikern. Die Maßnahme sei nicht finanzierbar, hieß es ausweichend. Das ließ Siegfried Steiger nicht auf sich sitzen. Er stieß eine öffentliche Diskussion in den Medien an, deren Druck sich die Regierung beugen musste. Am 20. September 1973 wurde ein Gesetz beschlossen, dass die Ausweitung des Notrufs 110/112 auf ganz Deutschland beinhaltete. Bis alle Netze an das System angeschlossen wurden, sollte es aber noch acht Jahre dauern.   

Seit 1998: Europaweit gültig

Seit 1998 ist die 112 auch europaweit gültig. Die EU-Staaten durften zwar ihre nationalen Notrufnummern behalten, mussten aber garantieren, dass auch bei der Wahl der 112 geholfen wird.  In Ländern wie Polen, Bulgarien und Italien klappte die Umstellung zunächst gar nicht.  Statt schnelle Hilfe zu bekommen, hingen Menschen in Not in Warteschleifen fest oder bekamen gar keine Verbindung. Erst seit 2008 funktioniert der einheitliche Notruf in ganz Europa.  


Neu seit April: Arztnotruf 116117

 

Im April 2012 kam eine weitere Vereinfachung im deutschen Notrufsystem hinzu: Der bundesweite Arztnotruf.

Foto: Bei Rettungseinsätzen zählt oft jede Sekunde.

Die 116117 gilt dann, wenn man außerhalb der Sprechzeiten - also vor allem abends, nachts und an den Wochenenden - einen diensthabenden Arzt erreichen möchte. Man wird automatisch mit dem nächsten ärztlichen Bereitschaftsdienst verbunden. Dafür gab es vorher in Deutschland über tausend Telefonnummern. Jeder Anruf ist aus dem Fest- oder Mobilnetz kostenlos.

Im akuten Notfall ist die 112 immer noch dem Arztnotruf vorzuziehen. Vor allem dann, wenn jede Sekunde zählt, zum Beispiel beim Verdacht auf Herzinfarkt.

Nic 20.09.2012 / Fotos: pd; Rettungsdienst: GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Benutzer: de:Benutzer: Rettungssani 

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