Was ist ein Kreuzverhör?

Wer kennt sie nicht, die Szenen aus amerikanischen Gerichtsfilmen: Verteidiger und Staatsanwalt nehmen den Zeugen oder Angeklagten abwechselnd in die Zange. Kreuzverhör heißt diese Methode, bei der die Befragten heftig ins Schwitzen geraten. Aber was genau ist ein Kreuzverhör? Diese Frage interessiert Jan aus Isenbüttel.

Wichtiges Mittel zur Wahrheitsfindung

Im Rechtssystem der USA spielt das Kreuzverhör bei der Wahrheitsfindung vor Gericht eine wichtige Rolle. Im Kreuzverhör wird ein Zeuge oder Sachverständiger, in Strafprozessen auch der Angeklagte auf Herz und Nieren geprüft. Über Kreuz, also abwechselnd, richten der Staatsanwalt (als Vertreter der Anklage) und der Verteidiger (als Vertreter des Angeklagten) ihre Fragen an ihn. Der Richter hält sich dabei zurück.

Ziel des Kreuzverhörs ist es, den Befragten so unter Druck zu setzen, dass er gezwungen ist, die Wahrheit preiszugeben. Widersprüche, so die Annahme, lassen sich im Kreuzverhör leichter aufdecken.

Das Kreuzverhör gilt als entscheidendes Mittel, um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen und den Wahrheitsgehalt seiner Aussage zu überprüfen. Auf Richter und Geschworene übt es eine große Wirkung aus. Oft ändern diese ihre Meinung zu einem Fall, wenn im Verlauf des Kreuzverhörs erfolgreich Zweifel an der Glaubwürdigkeit eines Zeugen gesät werden.

So ist es meist nicht die Abschlussrede von Verteidiger oder Staatsanwalt, also das Plädoyer, das über den Ausgang eines Prozesses entscheidet, sondern das erfolgreiche Kreuzverhör.

Im deutschen Strafrecht unüblich

In deutschen Gerichtssälen wird das Kreuzverhör nur selten angewendet, obwohl die deutsche Rechtsprechung die Möglichkeit dazu vorsieht. In Deutschland ist es aber vor allem Aufgabe des Richters, die Zeugen und Angeklagten zu befragen und dadurch zu einer Einschätzung des Falles zu kommen. Der Richter ist es auch, der auf dieser Grundlage das Urteil spricht.

In den USA hingegen entscheiden die Geschworenen über den Ausgang des Prozesses. Der Richter hat dort vor allem die Aufgabe, den ordnungsgemäßen Ablauf zu überwachen.

In deutschen Strafprozessen kommt es nur zu einem Kreuzverhör vor Gericht, wenn Staatsanwaltschaft und Verteidigung gemeinsam den Antrag stellen, die Vernehmung selbst durchzuführen, also ohne Mitwirkung des Richters. Haben sie ihre Vernehmung beendet, kann der Richter noch weitere Fragen stellen, die ihm für die Beurteilung des Falles wichtig erscheinen.

Generell bildet das Kreuzverhör einen Fremdkörper im deutschen Strafprozessrecht. In der Schweiz ist es in wenigen Kantonen vorgesehen, in der Praxis aber nicht üblich. Die österreichische Strafprozessordnung erwähnt das Kreuzverhör nicht.  

-ed- 14.03.12

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