Wie ein antarktisches Gebiet zum Kaiser Wilhelm II. Land wurde

Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts war bis auf den Nord- und Südpol fast die ganze Erde entdeckt. Immer wieder zogen wagemutige Expeditionen los um die Arktis und Antarktis zu durchqueren und immer wieder scheiterten sie am Klima und am Eis. Engländer, Norweger und auch deutsche Forscher machten sich mit finanzieller Unterstützung ihrer Regenten und Regierungen auf, um als erste diese unwirtlichen Gebiete zu erreichen. So startete auch das deutsche Schiff Gauß in die eisigen Regionen.

Am 11. August 1901 lief die erste deutsche Antarktis- Expedition aus dem Kieler Hafen aus. Das Kommando hatte Erich Dagobert von Drygalski, ein 36-jähriger Wissenschaftler. 1,2 Millionen Reichsmark hatte Kaiser Wilhelm Il. für den Bau der "Gauß" auf der Kieler Howaldts- Werft bewilligt. Er wollte mit diesem Schiff den Engländern und ihren Expeditionen den Rang ablaufen.

Expeditionsschiff für Eismeere

Das Segelschiff, das mit Dampfmaschinen ausgerüstet war ist eines der ersten Forschungsschiffe überhaupt. Mit seinem runden Rumpf sollte es für das Navigieren im Eis besonders geeignet sein. Im Gegensatz zu den rein militärischen Schiffen der anderen Nationen wie England, den USA oder Skandinavien war die Gauß auf die wissenschaftliche Polarforschung ausgerichtet. Zur Besatzung zählten 5 Forscher und 22 Mann, wobei selbst die Matrosen der "Gauß" wissenschaftlich geschult waren. Das Schiff, mit Pech und Korkmehl isoliert, war ein reines Forschungsschiff und militärisch nicht zu gebrauchen.

Zweck der Reise

Ziel der Reise war unter anderem, den magnetischen Südpol zu finden, deshalb war auf Metall beim Bau des Schiffes fast völlig verzichtet worden. Schließlich sollte kein Eisen die Instrumente ablenken.

Während der Geophysiker von Drygalski aus wissenschaftlichem Interesse in die Antarktis zog und er dort zahlreiche Untersuchungen machen wollte, verfolgte der deutsche Kaiser vor allem politische Ziele. Er investierte sein Geld, weil er sich eine spektakuläre, medienwirksame Reise erhoffte am besten noch mit dem Ergebnis, dass die Deutschen als erste den Südpol erreichten. Doch daraus wurde nichts. Im Gegensatz zum Kaiser dachte Drygalski nie an das Erreichen des Südpols. Der erschien ihm wissenschaftlich nicht so interessant.

Die Reise

Am 11. August 1901 verließ die Gauß den Kieler Hafen. Auf den Kerguelen, einer Inselgruppe im südlichen Indischen Ozean, wo zu jener Zeit eine deutsche Station entstand, machte das Schiff Halt. Von dort aus ging es weiter nach Süden. Ende Februar 1902 wurde die "Gauß" am Südpolarkreis vom Packeis eingeschlossen, 85 Kilometer vom Festlandrand entfernt. Das neu entdeckte Gebiet erhielt den Namen "Kaiser Wilhelm II.-Land".

Die Forschung im Eis

Die "Gauß" überwinterte viel nördlicher als die Konkurrenz, bei 90 Grad Ost und 82 Grad Süd. Die Crew nutzte die Zeit im Eis für Forschungen über das Wetter, den Magnetismus, die Strömung, über Tiere und Pflanzen. Die Forscher ernährten sich auch von Pinguinen und Robben. Sie bauten auf einer Scholle aus Eisblöcken und Brettern ein Observatorium und eine Wetterhütte.

Als die Forscher mit dem Schlitten die Umgebung erkundeten, entdeckten sie einen 366 Meter hohen kegelförmigen Berg, die einzige eisfreie Erhebung im Expeditionsgebiet. Es stellte sich heraus, dass der Berg aus vulkanischem Gestein bestand. Er erhielt den Namen "Gaußberg".

Rückkehr nach Deutschland

Am 08. Februar 1903 konnte das Schiff durch das aufbrechende Eis seine Fahrt wieder aufnehmen. Und am 24. November 1903 traf die Gauß wieder in Deutschland ein. Kaiser Wilhelm II sah die Expedition als erfolglos an - kein Rekord war gebrochen, die Deutschen waren nicht so weit vorgedrungen, wie eine zeitgleiche englische Epxedition und der Südpol war nicht annähernd erreicht worden.

Für die Forscher sah die Sache allerdinga ganz anders aus: Bis 1931 wertete Drygalski die Reise aus, er füllte 20 Bände und zwei Atlanten. Über 1400 Tierarten wurden zum ersten Mal beschrieben. Die Fachwelt war überrascht über die ungeheuere Artenvielfalt in diesem eisigen Gebiet. Die Forscher erhielten neue Erkenntnisse über den südlichen Indischen Ozean und seine Temperatur. Außerdem wurde eine Tiefenkarte des dieses Ozeans erstellt.

Doch Kaiser Wilhelm Il. wollte Schlagzeilen und Rekorde und keine wissenschaftlichen Abhandlungen. Er verweigerte dem Forscher enttäuscht das Geld für seine weitere Arbeit. Doch obwohl der Kaiser diese Expedition als gescheitert ansah: das "Kaiser Wilhelm Il. - Land" ist bis heute in jedem Atlas zu finden.

-ab- 24.11.03 Text / Foto: deutsche Post, Briefmarke erschienen 2001

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