Seismologie und alles über Erdbeben

Zum Jahr der Geowissenschaften haben www.lesestein.de und www.wasistwas.de echte Experten eingeladen, die euch bei verschiednen Aktionen eure Fragen beantworten. Am 12. Juni ging es um Erdbeben. Der Seismologe Dr. Rainer Blum vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie war gespannt auf eure Fragen zu Erdbeben und zur Erdbebenforschung.


Drei tolle WAS IST WAS Bücher gab es für die spannensten Fragen.

Und hier kommen eure Fragen:

1. Andreas, 10 Jahre, fragt: Ich habe schon in vielen Ländern, auch in Asien, in der Türkei und in Afrika Urlaub gemacht. Wie soll man sich verhalten, wenn man irgendwo ein Erdbeben miterlebt?

Lieber Andreas,

das Gefährlichste an einem Erdbeben sind zuerst die Erschütterungen, die Häuser beschädigen oder gar zum Einsturz bringen können. Ist man in einem Gebäude, so soll man am besten darin bleiben und sich rasch einen möglichst sicheren Ort dort suchen, unter einem Türsturz, an einer

Innenwand, zur Not unter einem kräftigen Tisch. Die Erschütterungen sind nach längstens einer Minute abgeklungen, dann kann man sich endgültig in Sicherheit bringen. Auf keine Fall darf man Aufzüge benützen und von Fenstern und Außenwänden soll man sich fern halten. Ist man bei einem Beben im Freien, so soll man da auch bleiben, nicht unter Hochspannungsleitungen oder nahe an höheren Gebäuden, von denen Teile herabfallen können.

2. Samira, 7 Jahre: Gibt es in Mainz auch Erdbeben?

Liebe Samira,

wirklich hat es auch in Mainz schon 2 starke Erdbeben gegeben, vor mehr als 1000 Jahren und dann nochmal vor knapp 300 Jahren. Schwächere, für uns ungefährliche Beben kommen immer wieder vor und werden manchmal gefühlt. Aber auch bei den stärksten Beben, die in Mainz passieren können, werden die Häuser, die hier,-im Gegensatz zu ärmeren Ländern,- recht stabil gebaut sind, nicht einstürzen.

3. Laila, 6 Jahre: Warum bebt die Erde überhaupt?

Liebe Laila,

Die verschiedenen Erdteile, wie zum Beispiel Afrika und Europa sind nicht für immer fest, sondern bewegen sich langsam gegeneinander, dabei verhaken sie sich ineinander und wenn sie dann wieder in einem Ruck weiter rutschen, gibt es ein Erdbeben.

4. Marten, 3 Jahre: Warum gehen bei Erdbeben die Häuser kaputt?

Warum bei einem Erdbeben Häuser einstürzen können, habt Ihr in Eurem Experiment eigentlich prima gezeigt. Durch die Erschütterungen, die vom Erdbebenherd ausgehen und sich nach allen Richtungen ausbreiten, kann ein Haus so stark zum Schwingen gebracht werden, dass die Wände umfallen können. Die Häuser fallen ein, wenn die Erschütterungen zu groß werden,

wie bei Eurem Versuch mit den Bauklötzen.

5. Leon, 4 Jahre: Gab es bei den Rittern auch schon Erdbeben?

Erdbeben hat es auch zu den Zeiten der Ritter schon gegeben, Erdbeben gibt es seit die äußere Erdkruste fest geworden ist, also seit mehreren Milliarden Jahren.

Christian, 9 Jahre aus Weimar stellte uns gleich 9 Fragen:

1. Warum verschieben sich die Erdplatten und Kontinente?

2. Hat es mit dem Weltraum zu tun?

3. Gibt es eine Verbindung von Vulkanausbrüchen und Erdbeben?

4. Was ist Seismologie?

5. Kann man Erdbeben voraussagen und stoppen?

6. Wo kommen die häufigsten und stärksten Erdbeben vor?

7. Gibt es in Deutschland Erdbeben und wo?

8. Wie kann man Erdbeben messen?

9. Was sind Tsunamis?

Lieber Christian,

das sind ja mächtig viele Fragen auf einmal, aber ich will mir Mühe geben.

1. Also die Erdplatten, sie sind so ungefähr 100 km dick und starr, schwimmen auf einer Schicht, die etwas beweglich ist, so dass sich langsam die Platten verschieben können. In dieser beweglichen Schicht unter den Erdplatten, im Erdmantel steigt an manchen Stellen als Folge der großen Hitze im tiefen Erdinnern Material aus der Tiefe auf, wie in einem Kochtopf in dem Brei gekocht wird und es dann auch mächtig blubbert. Wo es an die festen Platten oben anstößt, weicht es nach den Seiten aus und schiebt die Platten weg.

2. Mit dem Weltraum haben diese Vorgänge nichts zu tun, sie sind nur durch Kräfte im Erdinneren verursacht.

3. Zwischen Vulkanausbrüchen und Erdbeben gibt es wirklich eine Verbindung, und das sind auch ganz besondere Erdbeben. Sie entstehen, wenn Magma aus der Tiefe aufsteigt und Gesteinsblöcke auseinander drückt, aber auch durch das Brodeln der heißen Gesteinsmasse selbst. An besonders gefährlichen Vulkanen gibt es heute auch meistens Erdbebenbeobachtungsstationen. Wenn die Zahl der Erdbeben dann immer größer wird, kann man so voraussagen, dass ein Ausbruch des Vulkans unmittelbar bevorsteht.

4. Seismologie ist einfach die Lehre oder Kunde von den Erdbeben, und kommt, wie viele verzwickte Worte aus dem Griechischen.

5. Man kann Erdbeben leider nicht exakt voraussagen und erst recht nicht verhindern. Aber man kann voraussagen, dass in bestimmten Gegenden innerhalb eines gewissen Zeitraums, zum Beispiel von 50 Jahren, mit einem Beben einer bestimmten Stärke gerechnet werden muss.

6. Die häufigsten und stärksten Erdbeben sind an den Rändern der festen Platten, nach denen du in deiner ersten Frage gefragt hast, also rings um den Pazifik, in der Mitte des gesamten Atlantiks und am Südrand der eurasischen Platte, auf der Europa und Asien sitzen.

7. Auch in Deutschland gibt es ab und zu Erdbeben. Die stärksten sind auf der Schwäbischen Alb (zwischen Stuttgart und dem Bodensee) beobachtet worden, aber auch im Oberrheingraben (zwischen Basel und Frankfurt) und in der sogenannten Niederrheinischen Bucht (zwischen Köln

und Aachen) kommt es immer wieder zu fühlbaren Erdbeben.

8. Erdbeben misst man mit Seismometern. Die funktionieren wie Mikrofone, sie verwandlen Schall- oder Erschütterungswellen in elektrische Signale, die man dann zum Beispiel auf einem Blatt Papier aufzeichnen kann. Solche Seismometer sind so empfindlich, dass sie auch ganz schwache Beben, die man nicht fühlen kann, messen können, und die stärksten, mit

großen Magnituden, selbstverständlich auch.

9. Ein Tsunami ist eine besonders große Welle auf dem Ozean. Sie entsteht, wenn sich bei flachen Erdbeben unter dem Meeresboden dieser ruckartig bewegt. Eine solche Welle breitet sich dann mit großer Geschwindigkeit nach allen Richtungen aus. Auf dem offenen Meer ist sie

ungefährlich, wenn sie aber auf eine Küste trifft, kann sie im flachen Wasser bis zu 20 m hoch werden und in Ufernähe alles überfluten. Bei rechtzeitiger Warnung muss man dann schleunigst in höher gelegenes Land flüchten.

Nora, 12 Jahre, aus Mainz fragte: Ich fahre für 4 Wochen nach San Francisco. Ist es da gefährlich wegen der Erdbebengafahr?

Es gibt dort immer wieder Erdbeben. Vor kurzem war auch ein stärkeres gefühlt worden. Es hatte die Stärke oder Magnitude 5.0.

Und: Was macht man bei einem Erdbeben?

Wenn man im Haus ist, im Haus bleiben. Am besten an einer Innenwand, unter einem Türsturz, von Außenwänden und Fenstern wegbleiben.

Nils, 7 Jahre, aus Mainz-Gonsenheim fragte: Was ist das größte bekannte Erdbeben der Welt?

Das war in Alaska 1964. Es hatte eine Stärke von 8.8. Dabei wurden sogar große Schiffe an die Küste geworfen.

Kann so etwas auch in Mainz-Gonsenheim passieren?

So starke Beben gibt es in der Gegend von Mainz nicht. Dort treten zwar häufig Erdbeben auf, die aber nur Stärken von etwa 3-4 erreichen.

Unsere drei Gewinner der WAS IST WAS Bücher sind:

1. Gewinner: Christian Lukas, 9 Jahre aus Ahnatal/Weima bekommt für 9 spannende Fragen den WAS IST WAS Band 1 "Unsere Erde".

2. Gewinnerin: Samira Schlegel, 7 Jahre, aus Niederolm erhält den WAS IST WAS Band 74 "Naturkatastrophen" und

3. Gewinner ist Andreas, 10 Jahre aus Kelkheim. Für seine Frage "Ich habe schon in vielen Ländern, auch in Asien, in der Türkei und in Afrika Urlaub gemacht. Wie soll man sich verhalten, wenn man irgendwo ein Erdbeben miterlebt?" bekommt er WAS IST WAS Band 32 "Meereskunde".

Und hier erfahrt ihr noch mehr über Seismologie:


Seismogramm eines alten Seismografen aus dem Jahr 1912. Ein Schreiber (oben rechts) zeichnet die Erdbebenwellen auf, indem er sie in eine rußgeschwärzte Walze kratzt.

Was ist Seismologie überhaupt?

Seismologie ist die Erdbebenkunde. Das kommt von griechisch seismós = Erschütterung und lógos = Kunde. Also genau übersetzt ist es die "Erschütterungskunde". Das ist eigentlich auch genauer, da die Forscher, die Seismologen, nicht nur natürliche Erdbeben untersuchen. Sie erzeugen beispielsweise auch selbst künstliche Erschütterungen, um nach Rohstoffen im Untergrund zu suchen. Etwa nach Grundwasser oder Erdöl.

Seismologen sind meist Geologen oder Geophysiker, da es Seismologie nicht als eigenes Studienfach gibt.

Was machen Seismologen ?

Mithilfe von künstlichen und echten Erdbebenwellen können Seismologen in unerreichbare Tiefen unseres Planeten blicken, ähnlich wie sich ein Arzt mittels Ultraschall ein Bild vom Innern unseres Körpers macht.

Die P-Welle durchläuft das Gestein in einer Richtung, indem es sich zusammenzieht und wieder ausdehnt. Das ist so, als würdest du die Metallfeder eines Kugelschreibers der Länge nach auseinander ziehen und wieder zusammenschieben.

Dabei wird der Umstand genutzt, dass sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit von so genannten seismischen Wellen verändert, wenn sie die Grenzen von unterschiedlichem Material durchlaufen, so wie Licht in der Luft eine raschere Ausbreitung erfährt als in Wasser oder Glas.

P- und S- Wellen

Seismische Erdschütterungen erzeugen Longitudinal- (=Längs-) und Transversalwellen (=quer verlaufende, schräge Wellen). Man nennt sie auch P- und S- Wellen. Einfach mal so merken, auch wenn die Begriffe etwas kompliziert erscheinen.


Die S-Welle durchläuft das Gestein so ähnlich, wie sich eine Schlange fortbewegt.

Wichtig ist, dass sich S-Wellen in Flüssigkeiten nicht fortpflanzen! Wenn Wellen auf eine Materialgrenze stoßen, werden sie teilweise reflektiert und zum Teil durchgelassen. Nach ihrem Übertritt in das andere Material ändern sie nicht nur ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit, sondern, genau wie Licht an der Grenzfläche Luft- Wasser, ihre Richtung. Sie werden gebrochen.

Was man durch die Wellen über die Erde weiß

Wäre die Erde ein, in jeder Hinsicht ein einheitlicher Körper, würden die Erdbebenwellen den Planeten auf dem kürzesten Weg zu einem Seismometer durchlaufen. Die Auswertung von unzähligen Erdbebenwellen zeigten jedoch, dass sie auf eine bestimmte Art und Weise das Innere der Erde in unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchlaufen und verschiedene Reflexionen erfahren. Daher wissen wir, dass die Erde aus verschiedenartigen Schalen aufgebaut sein muss. Das wird am Beispiel der S-Wellen deutlich, denn nur Flüssigkeiten verhindern eine Ausbreitung von Transversalwellen.

Die S-Wellen durchlaufen die Lithosphäre aus Erdkruste und oberstem Erdmantel ungestört, was auf ihre feste Konsistenz hinweist. Danach nimmt ihre Geschwindigkeit ab, teilweise werden sie absorbiert, also aufgenommen. Das zeigt, dass dieser Bereich des Globus, die Asthenosphäre, deutlich weicher und zum Teil von flüssiger Konsistenz ist. Unter dem Mantel folgt eine Schale, in der S-Wellen aussetzten, der flüssige äußere Kern. P-Wellen werden an der Grenzfläche vom Erdmantel zum flüssigen Erdkern gebrochen und werden langsamer, durchdringen ihn aber. In noch größerer Tiefe werden sie plötzlich schneller, was auf einen festen inneren Kern der Erde hindeutet.


P- und S-Wellen werden an den Grenzen der Erdschalen unterschiedlich gebrochen oder reflektiert. Aus den verschiedenen Seismogrammen, das sind die dunklen Zick-Zacklinien, kann der Seismologe erkennen, welche Eigenschaften ein Gestein besitzt.

All das untersuchen Seismologen um herauszufinden, wie die Erde aufgebaut ist.

Text: Alexander Stahr

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