Schlimmste Sturmflut aller Zeiten

Kein Landstrich in Deutschland hatte im Laufe der Geschichte mit so vielen Naturkatastrophen zu kämpfen wie Nordfriesland. Die bis heute verheerendste Sturmflut aller Zeiten ereignete sich zwischen dem 15. und 17. Januar 1362. Die so genannte Grote Mandränke (Plattdeutsch für Große Manntränke) tötete nicht nur unzählige Menschen, sondern führte auch zu einschneidenden Veränderungen des Küstenstreifens.

Drei Tage lang wütete die Katastrophe, die offiziell Marcellusflut genannt wird, unerbittlich. Am schlimmsten am 16. Januar. Zwar existierten bereits Schutzwalle, doch gegen die Übermacht des Meeres hatten die Küstenbewohner keine Chance. Die Flutwellen überragten die damaligen Deiche um mehr als zweieinhalb Meter. Hunderte der Holzbollwerke brachen von Dänemark bis Holland. Die Chroniken sprechen von rund 100.000 Toten eine Zahl, die heute häufig als übertrieben bezeichnet wird.

Notdürftiger Küstenschutz

Besonders schlimm erwischte es den westlichen Küstenstreifen in Schleswig-Holstein. Hier waren die Menschen in den Jahren zuvor schon durch Missernten und Viehseuchen auf eine schwere Probe gestellt worden. Dazu kam eine schreckliche Pestepidemie im Jahre 1350, die rund drei Viertel der Bevölkerung dahin gerafft haben soll. Auch ein Grund dafür, dass nicht mehr genügend Kräfte für den Küstenschutz vorhanden waren. Beschädigte Deiche konnten nur notdürftig geflickt werden.

Halligen entstanden

Die Sturmflut von 1362 führte jedoch nicht nur zu menschlichen Verlusten. Sie prägte auch im Wesentlichen das Bild der Nordseeküste, wie es noch heute ist. In Nordfriesland versanken damals 30 Dörfer in den Fluten, darunter auch die Stadt Rungholt, das damals wirtschaftliche Zentrum dieser Region. Es blieb die Insel Strand, auf der Rungholt gelegen haben soll, und es entstanden die ersten Halligen (z.B. Pellworm oder Nordstrand). Darunter versteht man in ihrer Form einzigartige Eilande, die als Reste von der ehemals großen Marschinsel übrig geblieben sind. Bei der zweiten großen Sturmflut von 1634 vollendete die Natur ihr Werk. Heute gibt es im Wattenmeer vor Schleswig-Holstein noch zehn Halligen.

Rungholt - das "Atlantis des Nordens"

Spekulationen ranken sich bis heute um den Verlust der Siedlung Rungholt. Sie wird häufig als das Atlantis des Nordens bezeichnet, da die genauen Umstände ihres Untergangs ungeklärt sind. Im Gegensatz zu Atlantis weiß man aber durch Dokumente, dass Rungholt tatsächlich existiert hat. Es soll eine Ansammlung von Gehöften gewesen sein, deren Bewohner über einen Seehafen erfolgreich überregionalen Handel betrieben. Später machte die Kirche daraus eine reiche Stadt, die Einwohner zu Gotteslästerern. Als Abschreckung vor derartigem Lebenswandel deutete sie die große Flut von 1362 als göttliche Strafe, gewissermaßen als ein mittelalterliches Sodom und Gomorrah. Mehr über Rungholt erfahrt ihr hier

Wie ensteht eine Sturmflut

Sturmfluten haben die Küste seit jeher bedroht und stellen noch heute eine Gefahr für die Bewohner dar. Auch wenn die Deiche heute extrem hoch und stabil sind, kommt es immer noch zu schweren Überflutungen. Landunter nennt man das im Norden. Die Nordsee selbst wird, vor allem in stürmischen Zeiten, als "Blanker Hans" bezeichnet. Doch wie kommt es eigentlich zu einer Sturmflut?

Nordwestwind ist schuld

Möglich werden extreme Fluthöhen durch ausgeprägte Sturmtiefs und starke Nordweststürme, die das Wasser in die Deutsche Bucht drücken. Auch bei Ebbe kommt es kaum zu einer Abflachung des Flutberges. Die nächste auflaufende Flut erhöht den Wasserstand erneut. Besonders langanhaltende Stürme aus Nordwest fördern diesen Effekt, auf dem die schlimmsten Sturmfluten der Nordseeküste beruhen. So muss es wohl auch bei der Katastrophe 1362 passiert sein.

Nic - 17.1.2002

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