J. Piccard: Reise zum tiefsten Punkt der Erde

Am 23. Januar 1960 ging der Tiefseeforscher Jacques Piccard in die Geschichte ein. Im Team mit der amerikanischen Marine tauchte er zum bis dahin tiefsten bekannten Punkt der Erde: Fast 11.000 Meter hinab in den Pazifik. Ein Rekord, der bis heute unangetastet ist. Am 28. Juli 1922 wurde der Schweizer geboren.

Die Tiefen des Meeres beschäftigen die Menschen seit der Antike. Immerhin 71 % der Oberfläche unseres Planeten sind von Ozeanen bedeckt und trotzdem wissen wir nur einen Bruchteil davon, was sich tief unter dem Wasser verbirgt. Vor allem der enorme Druck hat Wissenschaftler und Ingenieure bis in 20. Jahrhundert hinein davon abgehalten, auf den Grund des Ozeans zu tauchen. Dieser Traum der Menschheit war fast ebenso schwierig zu realisieren wie die erste Landung auf dem Mond.

Phänomen Tiefsee

Erst seit wenigen Jahrzehnten gibt es technische Möglichkeiten, den unbekannten Kontinent Tiefsee zu erkunden. Möglich geworden sind diese Expeditionen ins Unbekannte unter anderem durch Pioniere wie den Schweizer Tiefseeforscher Jacques Piccard. In den 50er Jahren gehörte er zu den Wissenschaftlern, die nur ein Ziel vor Augen hatten: Zum tiefsten Punkt der Erde zu gelangen.

Ein geborener Wissenschaftler

Das Interesse an Wissenschaft und Technik schien dem in Brüssel geborenen Schweizer in die Wiege gelegt. Auch sein Vater Auguste, ein Physiker, war mit einem gewagten Experiment zu Weltruhm gelangt: Als erstem Menschen war es ihm gelungen in einer unter einem Heliumballon hängenden Druckkapsel bis zur Stratosphäre vorzudringen. Diese Teilschicht der Atmosphäre beginnt ca. 18 Meter über der Erdoberfläche.

Im Team mit der Navy

Jacques stieg gleich nach Abschluss eines wirtschaftswissen-

schaftlichen Studiums mit in die Arbeit seines Vater ein. Dieser hatte sich inzwischen auf die Konstruktion und den Bau von Tiefseetauch-

geräten, so genannter Bathyscaphen, verlegt. Im Dienst der amerikanischen Marine entwickelten Vater und Sohn die Trieste, mit dem die US-Navy zu einem der tiefsten Punkte der Erde tauchen wollte: zum Grund des Marianengrabens im Pazifischen Ozean fast 11.000 Meter unter dem Meeresspiegel.

Wie ein Zeppelin unter Wasser

Das von den Piccards entwickelte Boot gab nach mehreren Testfahrten vor der Insel Capri allen Anlass zum Optimismus. In Aussehen und Funktionsweise glich die Trieste den deutschen Luftschiffen, die Graf Zeppelin Anfang der 30er Jahre entwickelt hatte. Der Auftrieb des Bootes wurde so geregelt, dass es das spezifische Gewicht des Wassers in jeder beliebigen Tiefe annehmen konnte.

Ein nervenaufreibender Tauchgang

Die Reise auf den Meeresgrund sollte allerdings keine Vergnügungsfahrt werden. Zwei Mann Besatzung mussten sich am 23. Januar 1960 in eine nur zwei Meter 20 durchmessenden Kugel aus 18 Zentimeter dickem Stahl quetschen, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen: Der amerikanische Marineleutnant Don Walsh und Jacques Piccard als sein wissenschaftlicher Berater.

Die abenteuerliche Expedition begann punkt 8.23 Uhr. Von da ab sank das Tiefseeboot einen Meter pro Sekunde bis es um 13.06 Uhr endlich auf dem Grund des Marianengrabens im Pazifik aufsetzte. Ein Echolot warnte die beiden Besatzungsmitglieder vor einem unsanften Aufprall in völliger Dunkelheit. Nach kurzem Aufenthalt, bei dem Piccard durch zwei trichterförmige Plexiglasfenster nichts weiter als einen kleinen Fisch erspähen konnte, begann der dreieinhalbstündige Aufstieg.

Als das Team nach einem nervenaufreibenden neunstündigen Tauchgang unbeschadet wieder an die Meeresfläche kam, war der Jubel groß. Mit Piccards Hilfe hatten die Amerikaner es geschafft noch vor den Russen an die damals tiefste bekannte Stelle der Erde zu gelangen. Mit ähnlich knappem Vorsprung wie neun Jahre später beim Wettrennen um die erste Mondlandung. Piccard war von diesem Tag an ein gemachter Mann. Sein Rekord ging in die Geschichte ein und ist bis heute ungebrochen.

Auf dem Grund des Genfer Sees

Nach dem geglückten Experiment spezialisierte sich der Schweizer auf Unterseeboote für touristische Zwecke. In mehr als tausend Tauchfahrten führte er mehr als 33.000 Passagiere auf den Grund des Genfer Sees. Nebenbei engagierte er sich für den Umweltschutz und leitete die von ihm gegründete Stiftung zum Schutz der Meere und Seen in Cully. Nach alter Familientradition wurde auch Jacques Piccards Sohn als Wissenschaftler berühmt. Bertrand Piccards Team gelang im März 1999 die erste Non-Stopp-Umrundung der Erde in einem Heißluftballon.

Abtauchen im Internet

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Wenn dich die Erforschung der Tiefsee interessiert, dann wirf doch einen Blick in unseren WAS IST WAS Band 32: Meereskunde.

Nic/rr 23.07.2002/2008 Foto: U.S. Naval Historical Center

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