Ent-lich Land in Sicht?

Vor 15 Jahren stürzten 29000 Badeenten und anderes Gummigetier von einem chinesischen Frachter ins Meer. Seither treiben sie auf den Ozeanen rund um die Welt. Wissenschaftler nutzten sie zur Erforschung von Meeresströmungen. Aktuell werden einige an den Küsten Englands erwartet, der Hersteller hat für jedes gefundene Exemplar eine Prämie ausgelobt.

Am 10 Januar 1992 verlor ein Frachter auf dem Weg von Hong Kong nach Seattle (USA) in einem Sturm 12 Container. Als sich einer davon öffnete, wurden 29000 Stück schwimmendes Spaßgetier, wie gelbe Badeenten, rote Biber, blaue Schildkröten und grüne Frösche urplötzlich in Freiheit entlassen.

Sie nutzten die Gunst der Stunde und erkunden seitdem die Weltmeere. Mehr als 17000 Seemeilen, also gut 27000 Kilometer, haben die Tiere der Marke Friendly Floatees bislang auf ihrer gut 15-jährigen Reise zurückgelegt.

Grüne Frösche und bleiche Biber

Dabei folgten sie unterschiedlichen Meeresströmungen, so dass die Tiere mittlerweile weltweit an Küsten gespült wurden. Der größte Teil wurde noch im Pazifik Richtung Süden abgetrieben. Der Rest gelangte über das Beringmeer in den Atlantik. Mittlerweile hatte die Sonne die gelben Enten und roten Biber ausgebleicht, aber an Hand der Inschrift First Years Inc. konnten sie eindeutig identifiziert werden. Frösche und Schildkröten haben ihre Farben bis heute behalten.

Die Tiere und ihre Geschichte haben schon zwei Kinderbuchautoren inspiriert und an Stränden gefundene Exemplare werden von Sammlern mit Preisen bis zu 1000 Dollar gehandelt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Kunststoff bis zu 100 Jahre im Meer überdauern kann.

Hyper-Enten düsen übers Meer

Meeresforscher entdeckten die Möglichkeiten, die in dem unfreiwilligen Treibgut steckten. Die US-Ozeanographen Curtis Ebbesmeyer und James Ingraham verfolgten deren Spur. Sie arbeiteten an einem Strömungsmodell der Ozeane.

Die Vielzahl an Enten half dabei, das Modell zu verbessern. Normalerweise werden 500 bis 1000 Driftflaschen ausgesetzt, um Strömungen zu verfolgen. Durch starke Winde bewegten sich die Enten auf der Wasseroberfläche schneller fort, als das Wasser selbst, deshalb nannte Ebbesmeyer sie Hyper-Enten.

Schwimmende Müllhalde

Die Enten wurden im Pazifik zunächst vom subarktischen Meereswirbel erfasst. Dieser erhält seine Energie von starken Winden und der Erdrotation. Der Wirbel ist eine der größten Müllhalden der Welt, denn jedes Jahr verlieren Schiffe um die 10000 Container und Fässer in dem Seegebiet, von denen sich viele im Wirbel sammeln.

In der Strömung des Wirbels hat sich ein ringförmiger Müllteppich mit dem Umfang von Mitteleuropa gebildet, der auch eine Gefahr für die Schifffahrt darstellt. Auch die Enten fuhren zunächst drei Jahre Meereskarussell. Als sie den Rand des Wirbels erreichten, wurden sie von verschiedenen Strömungen erfasst und nach Nord und Süd abgetrieben.

50 Pfund Belohnung

An Hand ihres durch die Enten verbesserten Strömungsmodells konnten Ebbesmeyer und Ingraham korrekt vorhersagen, wo in den letzten Jahren Enten erwartet werden konnten. Nun sagen sie voraus, dass während des Sommers Enten an die Küsten Irlands und Englands gespült werden. Die Firma First Years Inc. hat für jedes gefundene Badetier eine Prämie von 50 Pfund, etwa 75 Euro, ausgesetzt.

Neben Enten hat Ebbesmeyer auch schon durch andere Gegenstände Unterstützung bei seiner Untersuchung der Meeresströmungen erfahren, etwa durch 100 000 Spielzeugautos, 34 000 Eishockeyhandschuhe, 33 000 Nike Schuhe und fünf Millionen Legosteine. Es treibt sich buchstäblich einiges herum auf den Weltmeeren.

Der Lange Marsch chinesischer Plastiktiere über die Weltmeere



1. 10. Januar 1992: Auf dem Weg von Hong Kong nach Seattle verliert ein Frachter 12 Container. Einer öffnet sich und 29000 Gummitiere werden in die wogenden Weiten des Pazifiks gespült.

2. 16. November 1992: In Alaska werden einige der Tiere an Land gespült.

3. 1995: teilt sich die Badeenten-Meute. 19000 Exemplare treiben Richtung Süden nach Hawaii, Indonesien und Südamerika.

4. 1995: Die übrigen 10000 gelangen durch die Beringstraße in das arktische Meer und treiben durch das Packeis in den Atlantik.

5. 2001: Wieder teilt sich die verbliebene Gruppe: Nachdem Grönland passiert wurde, treibt ein Teil zu den schottischen Hebriden.

6. 2003: Der größte Teil treibt Richtung Neuengland (USA), einige Tiere werden an Land gespült.

7. 2007: Die Enten gelangen in den Bereich des Golfstromes, der sie im Sommer 2007 an die Küsten Englands und Irlands treiben soll.

Wenn du dich für das Meer interessierst, dann wirf doch auch mal einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 32: Meereskunde

Text: -jj- 13.7.2007 // Bilder: Weltkarte NASA/PD Bearbeitung M.Jäger; Ente: M. Jäger

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