Auf Stelzen in der Antarktis die neue deutsche Forschungsstation

Am 20. Februar 2009 wurde die neue deutsche Antarktis-Forschungsstation eingeweiht. Ihre beiden Vorgängerinnen konnten nicht mehr benutzt werden, da sie buchstäblich im Schnee versunken sind. Welche Konstruktion die Neumayer III vor diesem Schicksal bewahren soll und wie man dort das ganze Jahr über leben kann, erfahrt ihr hier.

Erdrückende Schneelast

Foto: So sieht die Neumayer III Station aus der Luft aus.

1981 wurde die erste deutsche Antarktis-Forschungsstation Georg von Neumayer auf dem Ekström-Schelfeis errichtet. Bereits Anfang der 90er Jahre wurde ein Neubau nötig, weil klar war, dass die Station den Schneemassen, die auf sie nieder schneiten bald nicht mehr standhalten würde. Außerdem verschob sich das Eis rund um das Bauwerk, sodass es langsam aber sicher zerquetscht wurde.

Neumayer II

Foto: Neumayer III

1992 wurde in zehn Kilometern Entfernung von der ersten die zweite Neumayer-Station fertig gestellt. Doch auch sie ist mittlerweile einsturzgefährdet, da sie nach 15 Jahren bereits zwölf Meter tief im Schnee versunken ist.

Hoch hinaus auf Stelzen

Bild: Illustration des Aufbaus von Neumayer III: Die roten Stützen im untersten Segment können hydraulisch verlängert werden. Im untersten Stockwerk (unterirdisch) befindet sich die Garage, darüber zwei Etagen mit Wohn- und Arbeitsräumen.

Während Neumayer II aus zwei 90 Meter langen Stahlröhren besteht, die komplett im Eis verborgen liegen, setzte man für die Neumayer III auf eine völlig neue Bautechnik. Um das Problem des raschen Einschneiens zu verzögern, wurde die neue Station auf Stelzen gebaut, die man hydraulisch bewegen kann. So lässt sich die gesamte, 68x24 Meter große Plattform mit den Wohn- und Forschungseinrichtungen jedes Jahr etwa einen Meter anheben. Man hofft, dass dadurch die Einrichtung 25 bis 30 Jahre lang genutzt werden kann.

Immer in Bewegung

Karte der Antarktis. Am roten Punkt befindet sich die Neumayer Station auf dem Ekström-Schelfeis.

Bewegen wird sich Neumayer III zusätzlich dadurch, dass es sich, wie seine beiden Vorgängerinnen auch auf dem Schelfeis (Erklärung siehe unten) befindet. Sie fließt mit ihrem Untergrund, einer 200 Meter dicken Eisschicht, jedes Jahr etwa 200 Meter Richtung offenes Meer. Bei seiner Einweihung ist Neumayer III etwa zehn Kilometer vom Meer entfernt.

Forschung zu Land zu Wasser und in der Luft








Fotos: Mit Wetterballons werden unter anderem die Ozonwert in der Antarktis gemessen.

  

In den vergangenen 28 Jahren hat sich die Arbeit der Polarforscher immer mehr erweitert. Während sie zu Beginn vor allem das Wetter, die Chemie der Luft und die Physik der Erde (z. B. Erdmagnetismus, Erdbeben, Bewegungen des Eisschelfs) untersuchten, messen sie heute zusätzlich das Ozon in der Atmosphäre sowie Strahlung am Boden und machen Ton- und Infraschallaufnahmen im Meer um dadurch das Verhalten von Meeressäugetieren besser kennen zu lernen.

Leben auf der Antarktisstation

Logo des 28. Überwinterungsteams, des letzten auf der Station Neumayer II. Das nächste Team für 2009 ist bereits auf der neuen Station im Einsatz. Sieben Männer und zwei Frauen machen sich dort bereit für ein Jahr im Eis.

Die neue Forschungsstation wird wie ihre Vorgänger auch das ganze Jahr über besetzt sein. Ein Team von neun Personen verbringt hier 14 bis 15 Monate. Neun Monate davon sind sie nur über Funk, Telefon und Internet mit der Außenwelt verbunden. Während dieser Zeit des antarktischen Winters kann dort kein Schiff anlegen und kein Hubschrauber oder Flugzeug landen. Im Sommervierteljahr hingegen kommen bis zu 40 weitere Wissenschaftler als Gäste dazu.

Zu Neunt durch den antarktischen Winter

Foto: Luftchemie-Labor auf Neumayer III.

Die meiste Zeit über sind die neun Überwinterer auf sich gestellt. Daher ist es wichtig, dass sie sich bei jedem denkbaren Problem selbst helfen können. Und so ist das Team zusammengesetzt: ein Arzt kümmert sich um die Gesundheit der Bewohner und leitet die Station.

Ein Funker/Elektroniker betreut die gesamte Elektronik und alle Computer der Anlage. Zwei Geophysiker, ein Wetterkundler (Meteorologe) und eine Luftchemikerin machen wissenschaftliche Untersuchungen und Messungen.

Foto: Das Spurenstoffobservatorium befindet sich wie einige andere Beobachtungsstationen in einem Kilometer Entfernung von Neumayer III. Mit Motorschlitten können die Wissenschaftler ihre Außenposten anfahren.

Ein Elektriker muss die Technik und die Fahrzeuge warten und in Stand halten und ein Ingenieur betreute bereits den Aufbau der neuen Station und ist nun damit beschäftigt, dass alles nun gut funktioniert. Für die gesunde Ernährung ist der Koch zuständig.

Was ist Schelfeis?

Foto: Ross-Schelfeis der Antarktis

 

Am Anfang steht der Schnee: Er fällt im Inneren des Kontinents, wo es sehr kalt ist, auf die Gletscher. Die weiße Decke verdichtet sich unter ihrem eigenen Gewicht und drückt das Eis in Richtung Meer. Als Schelfeis bezeichnet man eine große Eisplatte am anderen Ende dieses Prozesses, die auf dem Meer schwimmt und mit einem Gletscher an Land fest verbunden ist. In der Regel ist Schelfeis zwischen 200 und 1000 Metern dick. 

 

Links


Alle aktuellen Informationen über Neumayer III findet ihr auf der Seite des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung.

Hier findet ihr die aktuelle Ausgabe von Atkaxpress, der einzigen deutschen Zeitung aus der Antarktis, in der sich das neue Überwinterungsteam 2009 vorstellt.

 Mehr über die Natur in der Arktis und Antarktis erfahrt ihr im WAS IST WAS Band 36 Polargebiete.

Text: Liane Manseicher, 25.02.09; Karte: sansculotte: cc-by-sa 2.0; Ross-Schelfeis: pd; alle übrigen Fotos und Illustrationen: Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung.

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt