1901 - Deutschland am Südpol

Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts war bis auf den Nord- und Südpol fast die ganze Erde entdeckt. Immer wieder zogen wagemutige Expeditionen los um die Arktis und Antarktis zu durchqueren und immer wieder scheiterten sie am Klima und am Eis. Engländer, Norweger und auch deutsche Forscher machten sich mit finanzieller Unterstützung ihrer Regenten und Regierungen auf, um als erste diese unwirtlichen Gebiete zu erreichen. So startete auch das deutsche Schiff Gauß in die eisigen Regionen.

Am 11. August 1901 lief die erste deutsche Antarktis-Expedition aus dem Kieler Hafen aus. Das Kommando hatte Erich Dagobert von Drygalski, ein 36-jähriger Wissenschaftler.

1,2 Millionen Reichsmark hatte Kaiser Wilhelm Il. für den Bau der "Gauß" auf der Kieler Howaldts- Werft bewilligt. Er wollte mit diesem Schiff den Engländern und ihren Expeditionen den Rang ablaufen.

Erich von Drygalski


Erich von Drygalski wurde am 9. Februar 1865 in Königsberg geboren. Nachdem er sein Studium der Geographie abgeschlossen hatte, unternahm er verschiedene Expeditionen nach Grönland und leitete außerdem die erste deutsche Südpolarfahrt.



Diese so genannte Gauß-Expedition dauerte von 1901 bis 1903. Insgesamt nahmen 32 Teilnehmer an dieser Expedition teil. Sie alle wurden von dem Forschungsschiff Gauß, welche speziell für diese Expedition gebaut wurde, zur Antarktis und zurück befördert.

Expeditionsschiff für Eismeere

Das Segelschiff, das mit Dampfmaschinen ausgerüstet war, ist eines der ersten Forschungsschiffe überhaupt. Mit seinem runden Rumpf sollte es für das Navigieren im Eis besonders geeignet sein.

Im Gegensatz zu den rein militärischen Schiffen der anderen Nationen wie England, den USA oder Skandinavien war die Gauß auf die wissenschaftliche Polarforschung ausgerichtet. Zur Besatzung zählten 5 Forscher und 22 Mann, wobei selbst die Matrosen der "Gauß" wissenschaftlich geschult waren.

Das Schiff, mit Pech und Korkmehl isoliert, war ein reines Forschungsschiff und militärisch nicht zu gebrauchen.

Zweck der Reise

Ziel der Reise war unter anderem, den magnetischen Südpol zu finden, deshalb war auf Metall beim Bau des Schiffes fast völlig verzichtet worden. Schließlich sollte kein Eisen die Instrumente ablenken.

Während der Geophysiker von Drygalski aus wissenschaftlichem Interesse in die Antarktis zog und er dort zahlreiche Untersuchungen machen wollte, verfolgte der deutsche Kaiser vor allem politische Ziele. Er investierte sein Geld, weil er sich eine spektakuläre, medienwirksame Reise erhoffte am besten noch mit dem Ergebnis, dass die Deutschen als erste den Südpol erreichten. Doch daraus wurde nichts. Im Gegensatz zum Kaiser dachte Drygalski nie an das Erreichen des Südpols. Der erschien ihm wissenschaftlich nicht so interessant.

Die Gauß-Expedition

Die Besatzung startete am 11. August 1901 von Kiel aus und sichtete am 21. Februar 1902 unbekanntes Land. Dieses Land wurde nach dem deutschen Kaiser in Kaiser-Wilhelm-II-Land benannt. Kurze Zeit später geriet das Schiff zwischen zwei Eisberge. Obwohl es aufgrund seiner speziellen Bauweise nicht zerstört wurde, war ein weiteres Vorankommen unmöglich.

Die Forschung im Eis

Die "Gauß" überwinterte bei 90 Grad Ost und 82 Grad Süd. Die 5 Wissenschaftlern an Bord nutzten die Zeit im Eis für Forschungen über das Wetter, den Magnetismus, die Strömung, über Tiere und Pflanzen. Die Forscher ernährten sich auch von Pinguinen und Robben. Sie bauten auf einer Scholle aus Eisblöcken und Brettern ein Observatorium und eine Wetterhütte.


Ihre Beobachtungen und gesammelten Daten wurden später in einem 22-bändigen Expeditionsbericht niedergeschrieben. Die übrigen Besatzungsmitglieder halfen, eine Windmühle zur Erzeugung von Elektrizität zu errichten oder gingen auf die Jagd.

Mit dem Schlitten erkundeten die Forscher die Umgebung. Die insgesamt sieben Ausflüge wurden mit Hilfe von Schlittenhunden durchgeführt.




Außerdem unternahm Drygalski eine Ballonfahrt. Der mit Wasserstoff gefüllte Ballon erreichte dabei eine Höhe von 500 Metern.

Ziel des Aufstieges war es, die Umgebung besser zu beobachten. Dabei entdeckte Drygalski einen erloschenen Vulkan, den die Besatzung fortan Gaußberg nannte.

Kurz darauf unternahm die Mannschaft eine Erkundungsfahrt zu diesem Berg, um den 371 Meter hohen Vulkan zu vermessen und um weitere Forschung zu betreiben.

Zum Zeitvertreib außerhalb der Arbeit und damit keine schlechte Stimmung aufkam, organisierte man Clubs, um die Gestrandeten zu beschäftigen. Beispielsweise gab es einen Karten-Club, einen Gesangsverein oder einen Club für Raucher.

Wieder frei

Als das Schiff im antarktischen Frühling noch immer eingeschlossen war, bemerkte die Besatzung, dass dort, wo man Asche auf das Eis streut, dieses zu schmelzen beginnt.




Drygalski wurde bewusst, dass dunkle Farben das Sonnenlicht absorbieren, wodurch das Eis sich erhitzt und schließlich schmilzt. Daraufhin begannen er und seine Mannschaft Asche zwischen die Gauß und die das Schiff umschließende Eiskante zu streuen. Der Plan funktionierte und sie konnten das Schiff durch einen zwei Meter tiefen Kanal bis ins freie Wasser navigieren.




Am 8. Februar 1903 konnte das Schiff durch das aufbrechende Eis seine Fahrt wieder aufnehmen.

Rückkehr nach Deutschland

Am 24. November 1903 traf die Gauß wieder in Deutschland ein. Kaiser Wilhelm II sah die Expedition als erfolglos an - kein Rekord war gebrochen, die Deutschen waren nicht so weit vorgedrungen wie eine zeitgleiche englische Expedition und der Südpol war nicht annähernd erreicht worden.

Für die Forscher sah die Sache allerdings ganz anders aus: Bis 1931 wertete Drygalski die Reise aus, er füllte 20 Bände und zwei Atlanten. Über 1400 Tierarten wurden zum ersten Mal beschrieben. Die Fachwelt war überrascht über die ungeheuere Artenvielfalt in diesem eisigen Gebiet. Die Forscher erhielten neue Erkenntnisse über den südlichen Indischen Ozean und seine Temperatur. Außerdem wurde eine Tiefenkarte des Ozeans erstellt.


Drygalskis Hoffnungen, eines Tages wieder zum Südpol reisen zu können, wurden von der deutschen Regierung zunichte gemacht. Trotz wissenschaftlicher Erfolge war Kaiser Wilhelm II. von der Expedition nicht überzeugt und gewährte keine Mittel für eine weitere Überwinterung.

Auch nach der Gauß-Expedition unternahm Drykalski weitere Forschungsreisen. 1934 setzte er sich schließlich zur Ruhe.

In Südgeorgien wurde im Süden der Insel der Drygalski-Fjord nach dem deutschen Forscher benannt.

 Mehr über die Arktis und Antarktis erfahrt ihr im WAS IST WAS Band 36 Polargebiete.

Text: RR, Stand: 18. 7. 2011, Bilder: H. Noack (Portrait Drygalski, PD), Sansculotte (Grafik Südpol; CC-BY-SA-2.0-DE ), NOAA (Luftaufnahme Gauss; PD), Connie J. Martin (Drygalski-Fjord; cc by sa 3.0)

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