Otto Hahn

Am 22. Dezember 1938 gelang dem Chemiker Otto Hahn die erste Kernspaltung. Damit waren die Voraussetzungen zur technischen Nutzung der Kernenergie, aber auch zur Herstellung von Atomwaffen gelegt. 1944 erhielt er für seine Forschungen den Nobelpreis für Chemie.

Otto Hahn wurde am 8. März 1879 in Frankfurt/Main als Sohn eines Geschäftsmannes geboren. 1901 schloss er sein Chemiestudium ab und forschte ab 1904 in London, Montreal/Kanada (1905) und später Berlin (1906). Dabei konzentrierte er sich vor allem auf die radiochemische Forschung. 1905 entdeckte er ein neues radioaktiven Element: Radiothor.

Atomforscher der ersten Stunde

1907 begann seine lange und wissenschaftlich sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit Lise Meitner. 1909 entdeckten die beiden den radioaktiven Rückstoß bei der Aussendung von Alpha-Strahlen. Gemeinsam mit Otto von Baeyer gelang es Hahn und Meitner, zum ersten Mal, Betastrahl-Spektren von einer Reihe radioaktiver Strahlen zu erhalten. Dieses Verfahren spielt in der modernen Atomforschung eine wesentliche Rolle.

1918 entdeckten Meitner und Hahn das Element 91, welches den Schlüssel zur Klärung der Zerfallserscheinungen der radioaktiven Elemente darstellt. 1924 leitete Otto Hahn kommissarisch das Kaiser-Wilhelm-Institut. Erst 1928 wurde er auch dessen Direktor und blieb es bis 1945.

Folgenreiche Entdeckung

1938 experimentierten Wissenschaftler dort mit Uran. Da Lise Meitner als Jüdin Deutschland verlassen musste, vollendete Hahn mit seinem neuen Mitarbeiter Strassmann den berühmt gewordenen Versuch, bei dem erstmals die Spaltung des Uran-Kerns durch Neutronen gelang. Uran-Atome wurden mit Neutronen beschossen - um noch schwerere Atome zu erzeugen, so genannte Transurane, die es in der Natur nicht gibt. Bei dieser Kernspaltung wurden unvorstellbare Mengen von Energie freigesetzt.

An diesem 22. Dezember 1938 begriffen Otto Hahn und sein Kollege Fritz Strassmann nicht, was passiert war. Bei der Analyse ihrer beschossenen Uran-Atome fanden sie Barium, etwas, das eigentlich nicht dorthin gehörte. Barium ist viel kleiner als der Urankern und wenn aus Uran Barium entstanden war, so folgerte Hahn, dann musste der Kern zerplatzt sein.

Durch briefliche Anregungen hatte Lise Meitner maßgeblichen Anteil an der Entdeckung der Kernspaltung von Uran und Thorium. Gemeinsam mit ihrem Neffen Otto Frisch erarbeitete sie 1939 dazu die erste theoretische Erklärung. Den Nobelpreis für Chemie des Jahres 1944 erhielt Otto Hahn jedoch allein.

Mit der Entdeckung waren die Voraussetzungen zur technischen Nutzung der Kernenergie, aber auch zur Herstellung von Atomwaffen gelegt.

Tod und Verderben

Als im August 1945 mehr als 300.000 Menschen starben, nachdem US-amerikanische Flugzeuge Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki geworfen hatten, fühlte Hahn sich schuldig für die Folgen seiner Entdeckung. Obwohl er wusste, dass es im Prinzip möglich war, dass aus seiner Entdeckung eine solche Mordwaffe herauskam, entsetzte ihn die Anwendung zutiefst.

In seiner Dankesrede zur Verleihung des Nobelpreises warnte Hahn vor der Verbreitung und Weiterentwicklung von Kernwaffen. Damit betrat er politisch überaus brisantes Terrain.

Von 1948-1960 war Otto Hahn Präsident der "Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften", der Nachfolgeorganisation des "Kaiser-Wilhelm-Institutes". In dieser Eigenschaft forderte er immer wieder ein Atomwaffenverbot. 1957 unterzeichnete er gemeinsam mit 16 weiteren international bekannten Atomwissenschaftlern die sogenannte Göttinger Erklärung. Zu den Unterzeichnern gehörten auch Max Born, Werner Heisenberg und Carl-Friedrich von Weizsäcker.

Bis ans Ende seines Lebens kämpfte Otto Hahn gegen das atomare Wettrüsten. Im Alter von 89 Jahren starb er 1968 in Göttingen.

Text: Roland Rosenbauer 22. 12. 2003

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