"Prototypen" aus der Natur

Der Begriff Bionik setzt sich zusammen aus Biologie und Technik. Die Bionik versucht, für technische Probleme eine Lösung in der Natur zu finden. Denn während der Entwicklung der verschiedenen Lebewesen in den letzten vier Milliarden Jahren, hat die Natur die unterschiedlichsten Schwierigkeiten überwunden. Ihre Geschöpfe müssen laufen, schwimmen, fliegen und brauchen Schutz durch Schalen, Knochen und Gehäuse. All das mit so wenig Kraft und Aufwand, wie möglich. Dabei kamen Lösungen heraus, die auch mit modernsten Methoden kaum erreicht oder verbessert werden können.


"Aquaray" genannte Wasserfahrzeugstudie der Firma Festo, die sich am Schwimmverhalten des Mantas orientiert. Foto © Festo

Bionik heißt also, sich die Lösungen der Natur anzuschauen und dadurch den Alltag der Menschen leichter zu machen. Aber das machen die Menschen nicht erst heute. Schon Leonardo da Vinci hat vor gut 500 Jahren den Vögeln aufs Gefieder geschaut und versucht, einen Flugapparat zu konstruieren. Das hat damals noch nicht so gut geklappt, dennoch war der Naturphilosoph Leonardo vermutlich der erste Bionik-Ingenieur.

Blindes Nachahmen funktioniert nicht

 

Deltaloop © Hochschule Magdeburg-Stendal, Mike Höllerich und Frauke Kielbock



Das Beispiel Flugzeug zeigt auch, dass man Lösungen nicht genau so übernehmen kann, wie die Natur es vormacht. Die ersten Flugapparate versuchten, den Flügelschlag mechanisch nachzumachen. Das konnte nicht klappen. Erfolg hatte erst Otto von Lilienthal, der die Flügel von Vögeln genauer anschaute. Schnell stellte sich heraus, dass der Vogelflügel eine besondere Form hat. Erst diese gekrümmte Form ermöglicht das Fliegen.

Unscheinbares Anhängsel

 

Der Glasschwamm ist Vorbild für die Entwicklung neuer Glasfasern und Lichtleiter. © Max Planck Institute of Colloids and Interfaces (MPI) Potsdam

Ein weniger spektakuläres Beispiel für Bionik im Alltag ist der Klettverschluss. Die Pflanze, die dafür Pate stand ist - na? - die Klette. Der Verschluss wurde in den 50er Jahren entwickelt. George de Mestral untersuchte die kleinen, harten Kügelchen, die nach Spaziergängen im Fell seines Hundes hingen. Unter dem Mikroskop entdeckte er die kleinen Haken, mit denen die Klette hängenbleibt. Daraus entwickelte er den praktischen, oft verwendbaren Klettverschluss.

Lotus-Effekt und Kohlrabi

Wenn von Bionik die Rede ist, darf der Lotus-Effekt nicht fehlen. Der Lotus ist eine Pflanze aus Asien, die dort fast als heilig gilt. Sie ist der Inbegriff von Reinheit, weil sie aus dem dicksten Morast unbefleckt hervorsprießt. Erst seit einigen Jahren ist klar, weshalb. Auf der Blattoberfläche befinden sich winzigste Erhebungen aus Wachs. Darauf kann kein Schmutz haften, Wasser oder Dreck perlt einfach ab. Auch Insekten wie Libellen und Schmetterlinge machen sich den Effekt zu Nutze um Körperstellen zu schützen, die sie nicht selbst reinigen können.

Mittlerweile hat man verschiedene Produkte mit solch einer selbstreinigenden Oberfläche hergestellt, unter anderem Dachziegel und Geschirr. Der Lotus-Effekt kommt auch bei anderen Pflanzen vor, etwa bei Kapuzinerkresse und Kohlrabi. Aber Kohlrabi-Effekt klingt einfach nicht so exotisch und geheimnisvoll.

Lange Liste...

Das sind längst nicht alle Technologien, bei denen von der Natur abgeschaut wurde. Das Dach des alten Olympiastadions in München nahm sich Seifenblasen als Vorbild. Die Dachfläche wirkt wie ein Seifenfilm, der sich zwischen den Pfosten und Begrenzungen spannt. Dadurch wird Druck von Wind, Schnee oder Regen am besten abgefedert.

 

Foto © Bionic Car Daimler AG



Auch Knochen und Fachwerk sind nach einem ähnlichen Prinzip konstruiert. Mit wenig Material wird große Tragkraft und Stabilität erzielt. Davon lassen sich Ingenieure etwa im Automobilbau inspirieren und erzielen mit wenig Material hohe Festigkeit. Das Computermodell rechts wirkt schon fast so organisch wie ein Schädel.

Auch Bäume dienen als Inspiration: Bauteile für Maschinen wachsen im Computer wie Bäume. Dort, wo die Beanspruchung groß ist, wird viel Material verwendet, woanders wenig. Dadurch wirken die neuen Bauteile in gewisser Weise natürlich.

Ausstellung "Prototypen - Bionik und der Blick auf die Natur"

All dies zeigt euch die Ausstellung "Prototypen - Bionik und der Blick auf die Natur". Gezeigt werden sollen die Zusammenhänge, die zwischen Kunst, Technik und Natur bestehen. Dabei werden teils verblüffende Antworten auf Fragen wie "Wie entsteht Bewegung?", "Wozu dienen Grenzen?", "Was ist Stabilität? ", "Woher kommt Energie?", "Wie organisieren sich Dinge von selbst?" gegeben.


Rasterelektronenmikroskopaufnahme eines Tropfens. © Prof. W. Barthlott, Universität Bonn

Die Ausstellungsstücke aus den Bereichen Kunst, Technik und Naturwissenschaft laden dabei zum Experimentieren an den verschiedenen Mitmachstationen und interaktiven Modulen ein. Unterteilt ist die Ausstellung in sechs Themenräume: Bewegung, Grenzen, Struktur, Selbstorganisation, Evolutionstrategie und Energie. Außerdem sind Familientage und Vorträge geplant.

Die Homepage der Ausstellung findet ihr hier.

Hier gibt es eine weitere Homepage mit viel Informationen rund um das Thema Bionik Http://www.ideenlabor-natur.de/

Wenn dich das Thema interessiert, dann wirf doch auch einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 122: Bionik

Text: -jj- 4.8.2005; ergänzt 16.8.2006 sowie 19.5.2008

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