Die "Caravelle"": erfolgreichstes Düsenflugzeug "made in Europe"

Wirtschaftlicher Druck und Nationalstolz waren die Gründe, die zur Entwicklung der "Caravelle", des bisher erfolgreichsten in Europa gebauten Düsenflugzeuges, geführt hatten. Angesichts steigender Passagierzahlen wollte Frankreich nach dem Krieg ein eigenes Flugzeug und sich dadurch von der amerikanisch-britischen Vorherrschaft im Flugzeugbau lösen.

Die "Caravelle" war nicht das erste Düsenflugzeug, das Passagiere transportieren sollte. Die britische Fluggesellschaft BOAC begann 1952 mit dem Passagiertransport mit einer de Havilland "Comet". Aber das britische Flugzeug war sehr unzuverlässig, und nach mehreren Abstürzen wurde die "Comet"-Flotte 1954 zunächst stillgelegt. Zwar gab es verbesserte Nachfolgemodelle, aber der Ruf der Maschine war ruiniert.

Stolz als Motivation

Das kam den Franzosen zu Gute. Schon 1951 hatte die französische Regierung den Plan, ein eigenes Düsenflugzeug zu bauen. Man war auf der Suche nach einem Ersatz für die McDonnell Douglas DC-3, einem Propellerflugzeug, das auch bei der Berliner Luftbrücke zum Einsatz kam. Außerdem war Frankreich schon immer eine sehr stolze Nation, und die Entwicklung eines Düsenflugzeugs versprach viel Ansehen. Auch wenn es viel Geld kostete, man wollte die Vorherrschaft der amerikanischen und britischen Flugzeugbauer brechen.

Außerdem war abzusehen, dass die Passagierzahlen immer weiter steigen würden. Man benötigte also neue Flugzeuge, die mehr Passagiere schneller und weiter transportieren konnten. Die französische Regierung hatte einige Vorgaben, die das neue Flugzeug erfüllen sollte. 65 Passagiere sollten transportiert werden können, dazu noch Fracht und das mit einer Reisegeschwindigkeit von 700 Kilometern pro Stunde. Ende 1952 fiel die Entscheidung für den Entwurf "SE 210 Caravelle" der Firma Sud-Aviation.

Luftige Tragflächen

Das Neue an diesem Flugzeug war die Anordnung der Triebwerke. Alle anderen Düsenflugzeuge, auch die alte "Comet", hatten ihre Triebwerke an den oder in den Tragflächen. Bei der "Caravelle" saßen die Triebwerke am hinteren Ende des Fliegers. Dadurch wurde es zum einen in der Passagierkabine deutlich leiser. Zum anderen war das aerodynamische Verhalten der Maschine sehr gut. Die Luft konnte nun, von keinen Triebwerksaufbauten behindert, die Tragflächen besser umfließen. Außerdem war die Maschine durch die Triebwerksanordnung auch sehr stabil in der Luft.

Im Vergleich zu heutigen Maschinen ist die Caravelle zwar eher klein, aber für die damalige Zeit war es ein beeindruckendes Flugzeug und wirkte ohne Propeller sehr modern. Auch gab es neue Einstiegstreppen und Fenster, die den Passagieren gute Sicht boten. Das neue Konzept wurde sogar von den amerikanischen Herstellern McDonnell Douglas und Boeing kopiert.

Frühreif

Der neue und revolutionäre Flieger wurde schließlich am 23. Juni 1955 auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Paris präsentiert. Der Erstflug des Prototyps lag da gerade eine Woche zurück. Der neue Flieger verkürzte die Reisezeit Paris-Moskau um eine auf nur noch zwei Stunden Flugdauer.

Text: -jj- 22.6.2005 Bild Caravelle bei Wikipedia unter GFDL.

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