Nürnbergs fahrerlose U-Bahn

Seit heute, dem 14. Juni 2008 verkehrt in Nürnberg offiziell und regulär die U-Bahn U3 ohne Fahrer auf ihrer 6,5 Kilometer langen Linie. Wir erklären euch, wie es funktioniert und was die Vorteile sein sollen. Das Projekt sollte zunächst rund 185 Millionen Euro kosten und wurde nun 600 Millionen Euro teuer.

Rubin ist die Abkürzung für Realisierung einer automatisierten U Bahn in Nürnberg. Im April 2004 begannen die ersten Tests dieser fahrerlosen U-Bahn auf einem eigens eingerichteten Prüfgleis. Die fahrerlose U-Bahn sollte zur WM ab 2006 eingesetzt werden. Aber Fehlplanungen und technische Schwierigkeiten verzögerten immer wieder den Start. Das Projekt kostet statt der geplanten 185 Millionen Euro nun 600 Millionen. Hier ein paar technische Details, wie so eine automatische U-Bahn ohne Fahrer funktioniert.

Technische Besonderheiten


 

Gefahren wird die U-Bahn sozusagen von einem Rechner, dem ATC (= Automatic Train Control). Dieser besteht aus verschiedenen Bestandteilen: der automatischen Zugsicherung (ATP = Automatic Train Protection) und der automatischen Zugsteuerung (ATO =Automatic Train Operation), die den Fahrzeugführer ersetzt. Die automatische Zugsteuerung erhält Befehle vom ATC Streckenrechner. Zum Beispiel Fahr- und Bremsbefehle, Befehle zum Auf- und Abrüsten und gibt diese an die Fahrzeugsteuerung weiter. Es werden Kommandos und Meldungen ausgetauscht, wie beispielsweise Abfahraufträge, Geschwindigkeitsvorgaben oder wie voll ein Zug ist. Die automatische Zugsicherung überwacht die automatische Zugsteuerung. So auch die Höchstgeschwindigkeit, wo der Zug sich gerade befindet, die Türen. Bei drohender Gefahr stoppt die automatische Zugsicherung das Fahrzeug.


 

Spezielle Sicherheitselemente


 

Für die fahrerlosen U-Bahnen gibt es nochmals spezielle Sicherheitsrichtlinien und -forderungen. So verfügen die fahrerlosen U-Bahnen über spezielle Hindernis-Erkenner, auch Bahnräumer genannt. Diese leiten eine Bremsung ein, sobald ein Hindernis erkannt wurde. Außerdem verfügen sie über Entgleisungsdetektoren, die den Wagen davor bewahren, aus der Spur zu geraten, gegebenenfalls den Zug sicher zum Halten bringen und den Vorfall an eine Leitstelle weitergeben.


 

Was passiert, wenn die Türe nicht mehr schließt?


 

Geht bei den herkömmlichen eine Türe nicht mehr, dann schreitet der Fahrer ein. Er kann das Problem, zum Beispiel eine eingeklemmte Dose entfernen oder aber die außer Betrieb setzen. Bei der fahrerlosen U-Bahn wird das Problem entweder durch Sensoren erkannt oder durch Zugbegleiter, die die Störung an die Leitstelle melden und entsprechend reagieren. Über Funk werden Störungen auch vom Fahrzeug an die Fahrzeug-Werkstatt gemeldet. So können Fahrzeug-Techniker etwaige Störungen sofort analysieren.


 

Türen-Hightec


 

Die Türen erhalten eine hochsensible Türkantensensorik. Die Sensorleiste erkennt eingeklemmte Gegenstände oder Personen. Diese Sensorleisten sind druckempfindlich ausgeführt und beim Anfahren des Zuges noch aktiv. Auch dünne Gegenstände, wie ein Schal oder eine Hundeleine, die beim Schließen der Türen normalerweise nicht erkannt werden, lösen spätestens beim Losfahren des Zuges Alarm aus. Der Zug stoppt sofort. So wird auch ein Mitschleifen von Fahrgästen verhindert.


 

Kurz bevor die Türen schließen, blinkt und piepst es. So können auch Seh- und Hörbehinderte erkennen, dass sich die Türen schließen. Auch das Ein- und Aussteigen wird erleichtert, denn ausfahrbare Rampen überbrücken den Spalt zwischen Bahnsteig und Türen. So können Rollstühle oder gehbehinderte Menschen, Kinderwagen oder Fahrräder ohne Probleme in die Wagen gelangen.

 

Im Notfall


Umfangreiche Tests sollten die Sicherheit des Fahrbetriebs gewährleisten.

Sollte dennoch ein Notfall eintreten, sind die Gäste nicht allein. Denn sie sind über die Notsprechstelle, die heute mit dem Fahrer verbindet, direkt in die Leitstelle verbunden. Außerdem werden die Züge durchgehend per Kameras überwacht. Die Videobilder landen in der Leitstelle, die im Notfall sofort eingreifen kann. Sollte im Wagen ein Feuer ausbrechen, treten die installierten Rauchmelde- und Temperatursensoren in Aktion. Sie entdecken Gefahren bereits in der Entstehung. Die Sensoren lösen in der Leitstelle Alarm aus und der Zug wird im nächsten Bahnhof automatisch angehalten. Dort erkunden VAG-Mitarbeiter die Ursache für die Brandmeldung.


 

Wegerfassung


Ständig überwacht und erfasst der Computer die aktuelle Position des Wagens. Wo befindet sich der Wagen, wie groß ist der Abstand zu anderen Fahrzeugen, wie schnell ist er, wie lang braucht der Wagen. All diese Daten werden ständig auf dem neuesten Stand gehalten und gegebenenfalls korrigiert. Das heißt, die U-Bahn fährt je nach Bedarfs entsprechend langsamer, beschleunigt oder wartet ein wenig.


 

U-Bahn Begleiter


 

Nur weil die U-Bahn von einem Computer gefahren wird, bedeutet das noch lange nicht, dass die Fahrgäste allein gelassen werden. Vielmehr werden einige Fahrer um- und weitergeschult und begleiten die Gäste im Zug um bei Problemen schnell helfen zu können.

 

Vorteile



Ein großer Vorteil ist die Erhöhung der Zugfolge. Gerade in Spitzenzeiten, wie dem morgen- und abendlichen Berufsverkehr können mehr Züge eingesetzt werden, ohne dass auf Personalbestand und Dienstpläne geachtet werden muss. Jeder Zug, der nicht gerade in der Werkstatt steht, kann auf die Schiene gebracht werden, falls dies nötig sein sollte. Dadurch entstehen für den Fahrgast weniger Wartezeiten und mehr Komfort, weil die Züge nicht mehr überfüllt sind.



Nürnberg ist einmalig



Die fahrerlose U-Bahn in Nürnberg ist etwas besonderes, weil weltweit einmalig normale Züge mit Fahrer sowie Fahrerlose auf der selben Strecke verkehren. Dadurch sind viel höhere Anforderungen an die Sicherheit zu erfüllen, als auf einer reinen Automatikstrecke.


Alle weiteren Infos zur fahrerlosen U-Bahn findet ihr unter www.rubin-nuernberg.de im Internet.



Text: ab; rr; -jj- 13.6.2008 // Bilder: U-Bahn RalfR/GFDL; Testbetrieb: Marco Jäger

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