Ende des Linksverkehrs in Schweden

Vor 40 Jahren, am 3. September 1967 mussten sich die schwedischen Autofahrer umstellen. Statt des bisherigen Linksverkehrs mussten sie jetzt, wie in den angrenzenden Nachbarländern, rechts fahren.

Wenn die Schweden von "Dagen H" sprechen, zu deutsch Tag H, meinen Sie damit den 3. September 1967.

Der Buchstabe H steht für das schwedische Wort "Högertrafikomläggningen" und das bedeutet "Rechtsverkehrumstellung." Dabei hatte es in Schweden schon im Jahr 1718 eine Rechtsverkehrsverordnung gegeben, die hatte aber nur bis 1734 Bestand, dann wurde wieder links gefahren. Allerdings war die Frage des Links- oder Rechtsverkehrs im Zeitalter der Pferdefuhrwerke kein Thema. Die "richtige" Seite des Verkehrsflusses bereitete erst mit der Ausbreitung des Automobils Probleme, vor allem auch deshalb, weil der Verkehr sich schnell internationalisierte.

Im Straßenverkehr fahren bei Linksverkehr die Verkehrsteilnehmer auf der linken Straßenseite, im Rechtsverkehr auf der rechten Straßenseite - jeweils in Fahrtrichtung gesehen.

Warum überhaupt Linksverkehr?

Die Frage könnten Kinder, in deren Ländern Linksverkehr herrscht, auch anders herum stellen: Warum überhaupt Rechtsverkehr?"

Von den 221 Staaten und Gebieten der Welt haben derzeit 58 Linksverkehr (siehe Karte: die rosa dargestellten Länder haben Linksverkehr).

In den einzelnen Ländern hat sich das ohne Blick auf die Nachbarstaaten entwickelt. Auf welcher Seite sich begegnende Fuhrwerke einander auszuweichen haben, wurde durch Konvention, später durch Rechtsvorschriften festgelegt, um Missverständnisse und Unfälle zu vermeiden. Auf alten Münzen mit Darstellungen von römischen Legionen und Reitern sieht man diese immer links verkehren.

Die Entscheidung für Rechts- oder Linksverkehr fiel in der Zeit vor der Erfindung des Autos auf ganz unterschiedlichen Grundlagen:

Napoleon und die Fuhrwerke


Wenn Zugtiere im Linksverkehr am Zügel geführt wurden, vermied der Führer beim Entgegenkommen zweier Fuhrwerke zwischen Zugtiere und Wagen zu geraten.

Bei vom Wagen aus gesteuerten Fuhrwerken saß der Fahrer auf der rechten Seite, damit seine Peitsche nicht die Passagiere traf, weil er nach hinten ausholen musste. Er fuhr deshalb möglichst weit links, von wo aus er entgegenkommenden Verkehr besser sehen konnte.

Bei Fuhrwerken, bei denen der Fuhrmann auf einem der Zugtiere ritt, sah es anders aus: Der Reiter musste sich auf das hinterste linke Tier setzen, um die anderen Pferde mit seiner Peitsche kontrollieren zu können. Hier war die bevorzugte Straßenseite deshalb rechts. Allerdings gelten die beiden letzten Beispiele nur für Rechtshänder.

Die jeweils verbreitete Form der Fuhrwerke hatte wichtigen Einfluß auf die Wahl der Verkehrsrichtung. Im Frankreich der Revolutionszeit dominierten berittene Gespanne, und die Regierung Robespierres erließ ein Gesetz, das in Paris Rechtsverkehr vorschrieb. Napoleon erweiterte dieses Gesetz auf Militärfahrzeuge. Frankreich hat dann im Gefolge von Napoleons Eroberungen in weiten Teilen Europas den Rechtsverkehr eingeführt.

Erst beim Aufkommen verstärkten Autoverkehrs erhielt die Frage von Rechts- oder Linksverkehr eine größere praktische Bedeutung. Heute herrscht in den einzelnen Staaten jeweils eine einheitliche Regelung, ob links oder rechts gefahren wird.



Für den Rechtsverkehr gebaute Autos

Bis 1967 herrschte in Schweden Linksverkehr, während die Nachbarländer Norwegen und Dänemark immer Rechtsverkehr hatten. Die Situation wurde noch dadurch erschwert, dass die Lenksäulen schwedischer Autos auf der linken Seite eingebaut waren, wodurch sicheres Überholen erschwert war.

In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ließ die schwedische Regierung per Volksabstimmung entscheiden, ob man sich an den skandinavischen Nachbarländern orientieren und den Rechtsverkehr übernehmen wolle. Das Ergebnis fiel anders aus als erhofft: Nur 15,5 % der Bevölkerung votierten für einen Übergang zum Rechtsverkehr. Eine der häufigsten Begründungen gegen die Umstellung war das bequeme Aus- und Einsteigen zum Bürgersteig hin. Im Laufe der Zeit änderte sich jedoch die öffentliche Meinung, und so erlangte ein Antrag, Rechtsverkehr einzuführen, 1963 im schwedischen Reichstag die Mehrheit. Vier Jahre später trat das Gesetz zur Umstellung vom Links- auf Rechtsverkehr in Kraft.

Verlierer der Umstellung war die Straßenbahn

Der Öffentliche Personennahverkehr hatte unter der Umstellung am schlimmsten zu leiden: In Malmö und anderen schwedischen Städten wurde wegen der neuen Lage die Straßenbahn abgeschafft. Dort, wo die Waggons nur Türen auf einer Seite hatten, hätte man neben der Umstellung von Weichen und Haltestellen auch entweder die Türen der vorhandenen, damals schon älteren Waggons umbauen müssen oder es wäre ein komplett neuer Wagenpark anzuschaffen gewesen. Beides empfand man als zu teuer, so dass die Straßenbahn in Malmö noch einige Jahre mit den Waggons weiterbetrieben wurde, bei denen die Türen nunmehr auf der "falschen" Seite waren, dann wurde sie stillgelegt. Göteborg und Norrköping sind die einzigen Städte in Schweden, die auch nach Umstellung auf Rechtsverkehr ihre Straßenbahn langfristig behalten haben.

Die Stockholmer U-Bahn fährt bis heute weiterhin im Linksverkehr, wie auch der übrige schwedische Schienenverkehr.

Text: -rr- 3. 9. 2007, Bilder: Wikipedia, GNU

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