Das Auto mit zwei Gesichtern

Das Wirtschaftswunder sorgte nach dem zweiten Weltkrieg dafür, dass sich viele Menschen bald den Luxus eines Autos leisten wollten - und sei es auch nur ein Kleines. Die Zeit der Kabinenroller war da, einige groß genug, um damit zu zweit in den Urlaub fahren zu können, aber noch meilenweit vom Komfort heutiger Fahrzeuge entfernt. Die Ingenieure scheuten sich nicht, auch ungewöhnliche Fahrzeuge zu konstruieren.

Kurz nach dem Krieg traten veränderte Führerscheinbestimmungen in Kraft, und die Menschen hatten in den Jahren des Wirtschaftswunders immer mehr Geld zur Verfügung. Deshalb ließ das Interesse an Motorrädern immer stärker nach. Dafür wurden Klein- und Kleinstwagen für mehr und mehr Menschen interessant.

Damals gab es noch die Firma Zündapp. Der Name kommt von "Zünder- und Apparatebau GmbH Nürnberg". Die Firma war ursprünglich 1917 gegründet worden, um Zünder für Bomben zu fertigen. Nach dem ersten Weltkrieg verlegte man sich auf die Herstellung von Motorrädern.

Das Auto - der Gott

Als 1955 der Bedarf an Kleinwagen immer mehr zunahm, hatte Zündapp als Motorradproduzent zunächst nichts zu bieten. Aber die Dornier Werke aus München hatten die Pläne für ein pfiffiges Kleinauto in der Schublade und suchten noch einen Lizenznehmer. Zündapp griff zu und baute das "Janus" genannte Auto.

"Janus" ist ein Gott der römischen Mythologie. Es war der Gott des Anfangs und des Endes und wurde als Kopf mit zwei entgegengesetzten Geischtern dargestellt. Auch der "Janus" von Zündapp hatte zwei Gesichter. Wie andere Kabinenroller auch, hatte der "Janus" keine klassischen Seitentüren, sondern man konnte die Front des Wagens komplett aufklappen. Und ebenso die Rückseite, so dass insgesamt vier Personen im Wagen Platz fanden. Die hinteren Passagiere saßen dabei entgegen der Fahrtrichtung.

80 km/h Spitze

1956 wurde der "Janus" auf der Amsterdamer Autoausstellung vorgestellt. Der Slogan dazu lautete: "Wer den Janus fährt mit vieren, wird´s als angenehm verspüren!". Anstelle eines angenehmen Erlebnisses werden die Fahrten mit den ersten Exemplaren eher ein Abenteuer gewesen sein. Denn zunächst baute Zündapp den Motor eines Rollers mit 250 Kubikzentimetern ein. Damit konnte die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h nur mit viel Anlauf erreicht werden. Und zu versuchen, mit vier Personen einen Berg hinaufzufahren, war ein Wagnis.

Zündapp verwendete schließlich einen leistungsstärkeren Motorradmotor. 1957 begann die Serienfertigung. Allerdings war der "Janus" deutlich teurer als geplant. 3290 DM sollte damals ein solches Fahrzeug kosten und Zündapp plante, im Jahr 1500 Stück abzusetzen. Dafür wurde in Nürnberg für viel Geld extra eine moderne Produktionsstraße errichtet.

Blick nach hinten führt in Sackgasse

Das geplante Absatzziel wurde aber nie erreicht. Wegen des Preises und wegen der ungewöhnlichen Sitzposition der Fond-Passagiere, die bei einigen Mitfahrern Übelkeit hervorrief, wurde die Produktion 1958 eingestellt. Von den gebauten 7000 Fahrzeugen befinden sich noch heute einige in der Hand von Sammlern. Zündapp ging 1984 in Konkurs, bis dahin wurden immer noch Motorräder gebaut.

Das Technikmuseum Sinsheim zeigt ab dem 1.Juli 2005 die Sonderausstellung "50 Jahre Goggo & Co." Informationen dazu erhaltet ihr unter der Telefonnummer 07261 - 92990 oder bei http://www.technik-museum.de.

Links:

Ein weiterer Artikel über Kabinenroller bei WAS IST WAS

Hier findet ihr eine Homepage von Liebhabern alter Zündapp-Fahrzeuge

Eine schöne Seite über Kabinenroller, mit vielen Fotos

Wenn ihr noch mehr über Geschichte und Technik des Autos erfahren wollt, dann schaut doch auch mal in den

WAS IST WAS-Band 53: Das Auto

Text: -jj- / 8.6.2005 Foto Janus: Fubar Obfusco/ Wikipedia unter GNU-FDL

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