Waghalsig: Erster Fallschirmsprung vor 210 Jahren

War es unermüdlicher Forscherdrang oder einfach nur halsbrecherischer Mut? Was André Jacques Garnerin am 22. Oktober 1797 dazu bewegte sich aus 760 Metern Höhe aus einem Heißluftballon zu stürzen, können wir heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Für seine Pariser Mitbürger war er nach dem geglückten Manöver jedenfalls der wenn auch etwas verrückte Held des Tages.

Bild: Garnerin springt mit Fallschirm aus einem Heißluftballon. Abbildung um 1890.

Noch heute gilt Garnerin unter Funsportlern als Pionier des Fallschirmspringens. Wenn sein selbstgebasteltes Fluggefährt auch nicht genau mit dem inzwischen gebräuchlichen Sportgerät zu vergleichen ist. Der Franzose war der erste, der den Absprung aus einem Luftfahrzeug wagte. Mutige Vorgänger wie Joseph Montgolfier hatten sich im Gegensatz dazu nur getraut sich von Bäumen, Häusern oder Kirchtürmen fallen zu lassen.

Der Held von Paris

Garnerin hatte sein Vorhaben genauestens durchdacht. War doch beim ersten Versuch einige Monate zuvor die Hülle des Ballons bereits am Boden zerplatzt. Doch diesmal klappte es: Um 17.28 Uhr stieg sein Gefährt aus dem Pariser Park Monceon in die Lüfte. In einer Höhe von 700 Metern kappte Garnerin die Verbindung zum Ballon und stürzte in rasanter Geschwindigkeit mit seinem Fallschirm in die Tiefe. Einige Zuschauer stießen bereits gellende Schreie aus, da sie fest mit einer tödlichen Bruchlandung rechneten. Doch im letzten Moment entfaltete sich die Kappe und der Pilot segelte in ausladenden Pendelbewegungen heil zu Boden.

Technisch nicht perfekt

Dass der Flug im freien Fall noch nicht perfekt klappte, lag vor allem daran, dass der Fallschirm technisch nicht ausgereift war. Da die Kappe des Fallschirms noch keine Scheitelöffnung hatte, musste die Luft seitwärts entweichen, was zu den starken Schwankungen führte. Garnerin berücksichtigte diese Erfahrungen bei seiner nächsten Konstruktion und entwarf mit Hilfe eines Astronoms einen stark verbesserten Fallschirm.

Bild rechts: Fallschirmspringen heute.

Attraktion auf Volksfesten

In den Folgejahren sorgten Wissenschaftler für weitere technische Finessen. Sie reduzierten das Gewicht des Fallschirms von 120 auf 12 Kilo und schafften es trotzdem den Durchmesser von neun auf 12 Meter zu vergrößern. In rasanter Geschwindigkeit entwickelte sich das Fallschirmspringen zur neuen Mode des 19. Jahrhunderts. Vor allem auf Volksfesten sorgten wagemutige Männer und Frauen mit akrobatischen Schausprüngen für die Befriedigung der menschlichen Sensationsgier.

Chinesen als Erfinder

Bild links: Fallschirmspringen heute.

Fallschirmspringen als Sport entwickelte sich erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Überall in Europa und Amerika bildeten sich Clubs, wetteiferten Athleten um neue Rekorde. Trotz seiner großen Popularität auf beiden Kontinenten: der Fallschirm wurde nicht in unseren Breitengraden erfunden. Glaubt man den Überlieferungen sollen Fallschirmkünstler den chinesischen Kaiser Fo-Kien schon bei dessen Krönungsfeier im 14. Jahrhundert unterhalten haben.

Genie da Vinci

Die Abbildung rechts zeigt den Entwurf von Leonardo da Vinvi aus dem Jahr 1495.

Erste europäische Entwürfe eines Fallschirms stammen übrigens von dem genialen Erfinder Leonardo da Vinci. 1495 entwarf der Italiener exakte Abbildung samt Beschreibung eines solchen Luftgefährts. Doch es blieb bei der reinen Theorie. Es sollte über ein Jahrhundert dauern bis sein Landsmann Fausto Vernio erstmals mit einem Fallschirm von einem venezianischen Glockenturm absprang.

Nic 22. 10. 2002 / lm - 22.10.2007 / Entwurf von Leonardo da Vinvi : Vereinsseite FSG Hangelar; garnerin: PD; Fallschirmspringen heute: Tessloff Archiv.

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