Margarete Steiff - mit Handicap zum Welterfolg

Vor 160 Jahren, am 24. Juli 1847 wurde Appolonia Margarete Steiff als drittes von vier Kindern der Familie Steiff in Giengen an der Brenz (Baden-Württemberg) geboren. Mit eineinhalb Jahren bekommt die kleine Margarete hohes Fieber und kann ihre Beine nicht mehr bewegen. Auch ihr rechter Arm ist betroffen. Später wird sich herausstellen, dass sie unter Kinderlähmung leidet, eine Krankheit, die damals noch kaum bekannt ist.

Margarete lässt sich nicht behindern


Foto: Margarete Steiff war zeitlebens auf den Rollstuhl angewiesen.

Eigentlich war zu erwarten, dass Margarete aufgrund ihrer Erkrankung ihr Leben lang auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sein würde und keinen eigenständigen Platz in der Gesellschaft ihrer Zeit einnehmen könnte. Schließlich war für Frauen damals die Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter vorgesehen. Doch diese Vorstellungen konnte Margarete wegen ihrer Lähmung nicht erfüllen.

Aber Margarete Steiff kämpft sich durch. Sie will unbedingt in die Schule gehen was damals für behinderte Kinder keineswegs selbstverständlich ist und setzt durch, dass ihre Geschwister sie mit dem Leiterwagen zur Schule ziehen. Eine Frau, die neben dem Schulhaus wohnt, trägt Margarete Jahre lang in ihr Klassenzimmer hinauf.

Schneidern mit Hindernissen

Gegen den Willen ihrer Eltern besucht sie als Jugendliche die Nähschule und legt mit 17 Jahren die Schneiderlehre ab. Und das obwohl sie ihren rechten Arm nur eingeschränkt und unter Schmerzen bewegen kann. Bald besitzt sie als erste Frau in Giengen eine Nähmaschine.

Die Nähmaschine, die damals noch mit einem Handrad auf der rechten Seite betrieben wird muss sie umdrehen, da sie das Rad nur mit ihrer Linken bedienen kann.

Trotz aller Widrigkeiten betreibt sie ab 1862 zusammen mit ihren beiden älteren Schwestern eine Damenschneiderei, die sie acht Jahre später, als ihre Schwestern wegziehen, allein weiterführt. 1877 eröffnet Margarete einen eigenen Laden, in dem sie Kleidungsstücke und Haushaltsartikel, die sie selbst hergestellt hat, verkauft.

Kuscheltier statt Nadelkissen

1879 fertigt sie einen ausgestopften kleinen Stoffelefanten an, der als Nadelkissen dienen soll. Sie schenkt ihn einer Freundin. Es stellt sich heraus, dass deren Kinder gern mit dem Stofftier spielen und so produziert Margarete noch mehr Exemplare, die ihr Bruder Fritz auf dem Weihnachtsmarkt verkauft.

Das Elefäntle ist der Hit und geht bald tausendfach über den Ladentisch. Was das Spieltier so besonders macht, ist die Tatsache, dass es ausgestopft, daher dreidimensional und deshalb besonders gut zum Spielen und Kuscheln geeignet ist. So entwickelt Margarete per Zufall ein ganz neues Spielzeug.

Von der Schneiderei zum Familienunternehmen

1890 baut Fritz ein eigenes Wohn- und Geschäftshaus für Margarete. Auch seine vier Söhne, die Margarete so nahe stehen, als wären es ihre eigenen Kinder, treten nach und nach in die Firma mit ein. Den Anfang macht Neffe Richard Steiff, der kreative Erfinder.  Auf Basis seiner Tierskizzen werden viele neue Stofftiere entworfen.

Margarete sucht lange nach einem geeigneten Überzugsmaterial und findet endlich einen Mohairplüsch, der zwar relativ teuer aber dafür schön anschmiegsam und leicht einzufärben ist.

Richards beweglicher Bär 


Foto: So sah der erste Plüschbär aus Steiffs Fertigung aus.

1902 entwickelt Richard den Plüschbären Bär 55 PB, einen 55 Zentimeter großen Bären mit beweglichen Armen und Beinen aus dem neuartigen Stoff. Tante Margarete, die jeden Arbeitsschritt ihres Unternehmens weiterhin genau mitverfolgt, ist zunächst skeptisch: sie glaubt nicht, dass Kinder mit dem plumpen und recht großen Bären spielen wollen.

Als Richard das Kuscheltier ein Jahr später auf der Leipziger Spielwarenmesse präsentiert interessiert sich auch kein Mensch dafür, bis kurz vor Feierabend ein amerikanischer Händler vorbeikommt und 3000 Exemplare bestellt. Von nun an wird der Plüschbär das wichtigste Produkt der Firma Steiff.

Teddys Namenspatron

Die bärige Erfolgsstory wird zudem noch durch den amerikanischen Präsidenten Theodor genannt Teddy Roosevelt unterstützt ohne dass er dies beabsichtigt. Auf einer Jagdpartie wird dem Präsidenten mangels eines wild vorbeilaufenden Bären ein eingefangenes Bärenbaby zum Abschuss vor die Flinte gehalten. Doch Roosevelt weigert sich, das wehrlose Tier zu töten.

Bild: Der Teddybär Cartoon von Clifford Berryman erschien 1902 in der Washington Post.

Eine Karikatur stellt Roosevelt mit dem Bären dar und so wird aus dem Spitznamen des Präsidenten sehr schnell der Teddybär und Roosevelts Symbol bleibt der Bär.

Mit Bär auf Erfolgskurs

Nun hält der Teddybär in Form eines weichen Plüschtiers aus Giengen innerhalb kurzer Zeit Einzug in viele Kinderzimmer. Ab 1904 bekommen die Stofftiere aus Steiffs Firma den Knopf im Ohr (siehe Foto), der sie unverwechselbar macht. Andere Produzenten wollen nämlich auch am Teddy-Boom verdienen und so kommen viele ähnliche Produkte auf den Markt.

Margarete Steiff beschäftigt 1907 bereits über 2000 Mitarbeiter. Ihr selbst geht es gesundheitlich aber immer schlechter. Möglicherweise als Spätfolge der Kinderlähmung wird sie immer müder und schwächer. Nach einer Lungenentzündung stirbt sie am 9. Mai 1909 im Alter von 61 Jahren.

Mehr über die Entstehung des Teddys erfahrt ihr auch im Steiff Erlebnismuseum in Giengen, das ihr wie weitere Puppen- und Teddymuseen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auch in unseren WAS IST WAS Freizeittipps findet.

Adresse:

Steiff Erlebnismuseum

Margaret-Steiff-Platz 1

89537 Giengen / Brenz

Telefon: 0 18 05 / 13 11 01

www.steiff.de/erlebnismuseum 

Text: lm 23.07.07, Fotos: GFDL, Knopf: steiff.de. 

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