Luftkissenboote

Im Dezember 1955 patentierte der britische Ingenieur Christopher Cockerell sein Luftkissenboot, auch Hovercraft genannt. Er überquerte damit den Ärmelkanal. Heute werden Hovercrafts besonders vom Militär eingesetzt, kleine dienen auch als Sportgeräte.


Luftkissenfahrzeuge sind eigentlich mehr Flugzeuge als Schiffe. Sie werden durch Propeller angetrieben. Eine große Gummischürze ist rund um den flachen Rumpf angebracht (4). In dieser fängt sich die komprimierte Luft, die durch ein Gebläse (2,3) unter den Fahrzeugboden gepresst wird.

So entsteht ein Luftkissen, welches den Rumpf leicht vom Boden abhebt. Das Hovercraft, wie es der Erfinder genannt hat, kann nun durch die Luftschrauben (1) bewegt werden. Dabei sind Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h erreichbar.

Ein genialer Tüftler

Christopher Cockerell war nicht der erste, der die Idee für ein Luftkissenfahrzeug hatte. Schon 1875 meldete der Konstrukteur John Isaac Thornycroft ein Patent für eine Luftkissentechnik an. Allerdings war er mit dem Bau der ersten Torpedoboote ausgelastet, so dass er aus seiner Idee nichts machte.

Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte der britische Ingenieur Christopher Cockerell das Luftkissenboot weiter. Er experimentierte mit leeren Blechdosen, einem Föhn und Küchenwaagen, bis später ein 60 cm langes Arbeitsmodell entstand. 1955 ließ er das Gerät patentieren und nannte es Hovercraft.

Der besondere technische Kniff dabei war eine doppelwandige Führung des Luftstroms an der Außenkante des Fahrzeugs, so dass dieser an Druck gewann und damit überhaupt in der Lage war, das Fahrzeug mit vergrößerter Effizienz vom Boden abzustoßen.

Staatsgeheimnis

Die ersten fahrfähigen Modelle erfüllten Cockerells Erwartungen. Sogar über Wasser ließ er sie erfolgreich schweben. Nach einer zweijährigen Erprobungsphase führte Cockerell sein Gerät 1957 dem britischen Militär vor.

Die Möglichkeiten des neuen Fahrzeugs erschlossen sich den Militärführern jedoch nicht, zumal diese es keiner der etablierten Waffengattungen Marine, Luftwaffe oder Heer direkt zuordnen konnten. Dennoch wurde es als ein Objekt der nationalen Geheimhaltung eingestuft. Für Cockerell bedeutete das, dass er seine Erfindung ein Jahr lang ausserhalb der britischen Regierung und des Militärs niemandem vorführen durfte.

Erst 1958 konnte er sein Gerät für kommerzielle Zwecke entwickeln. Schon im Frühjahr 1959 war es so weit: die SR.N1, das erste vollwertige Luftkissenfahrzeug, durchquerte den Ärmelkanal bei ruhiger See.

Linienverkehr

Drei Jahre später - 1962 - wurde in Großbritannien der erste  Hovercraft-Passagierdienst eingerichtet. Spektakulär wurde es aber erst im Jahr 1968: British Railways nahm mit zwei SRN4-Hovercrafts den Betrieb auf.

Die beiden von Gasturbinen angetriebenen Hovercrafts Princess Margaret (siehe Bild) und Princess Anne waren die größten je gebauten Luftkissenfahrzeuge. Sie konnten zuletzt bis zu 418 Passagiere und 60 Autos in nur 30 Minuten von Dover nach Calais transportieren. Am 14. September 1995 überquerte das Hovercraft Princess Anne den Ärmelkanal in nur 22 Minuten. Dieser Rekord wurde bis heute nicht gebrochen.

Der unter dem Kanal hindurch führende Eurotunnel beendete schließlich die Ära der großen Autofähren-Hovercrafts. Im Oktober 2000 wurden sie außer Dienst gestellt. Es gibt aber noch eine Passagierlinie, die mit dieselgetriebenen Passagier-Hovercrafts von Portsmouth aus die Isle of Wight bedient.

Viele Anwendungen

1969 wurde Cockerell für seine Erfindung zum Ritter geschlagen, durfte sich von nun an also Sir nennen.

Heutige Luftkissenboote sind als Expeditionsfahrzeuge, als Materialtransporter, oder als Hilfsfahrzeuge bei Rettungsdiensten und Feuerwehren im Einsatz. Natürlich hat das Militär seine Vorbehalte gegenüber der neuen Technik schnell aufgegeben und setzt ebenfalls Hovercrafts ein.

Die Briten besitzen heute ein ganzes Bataillon mit Luftkissenbooten. Die Fahrzeuge wurden in Extremsituationen u. a. in der Libyschen Wüste und im kanadischen Eismeer erprobt. Es gibt auch kleine HOvercrafts, die als Sportgerät eingesetzt werden.

Die USA setzen ebenfalls mehrere Hovercraft-Staffeln ein, wobei die Fahrzeuge herkömmliche Landungsboote ersetzen und als Transporter genutzt werden.

Text: RR 12. 12. 2005, Bild: Schema MesserWoland/cc-by-sa 3.0; Hovercraft Christopher Kern/cc-by-sa 3.0;

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