Die Frage der Woche: Wie funktioniert ein Raketentriebwerk?

Jede Woche beantworten wir euch Fragen zu allen möglichen Themen. Heute fragt uns Emil aus Berlin: "Wie funktioniert ein Raketentriebwerk?" Hier erfahrt ihr die Antwort ...

Raketentriebwerke, wie man sie von den Mondraketen oder dem Space-Shuttle kennt, funktionieren nach dem Rückstoßprinzip. Das hat Sir Isaac Newton 1687 in seinem Werk Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie erstmals niedergeschrieben.

Auf ein Raketentriebwerk angewendet besagt es, dass eine Rakete mit der gleichen Kraft nach oben beschleunigt wird, mit der der verbrennende Treibstoff nach unten ausgestoßen wird. Auch ein herumsausender Luftballon funktioniert nach diesem Prinzip. Ein Luftballon ist allerdings sehr leicht, so dass die Kraft der ausströmenden Luft ausreicht.



Hier siehst du das Rückstoßprinzip veranschaulicht. Die Kräfte, die auf die Wände wirken, heben sich auf, bzw. führen bei einer Rakete zu keiner Änderung der Richtung. Nur der Schub, der nach unten ausströmen kann führt zu einer entgegengerichteten Kraft nach oben.


Übrigens: Auch im Tierreich wird das Rückstoßprinzip zur Fortbewegung genutzt. Quallen und Tintenfische beispielsweise bewegen sich auf diese Art und Weise fort. 



Damit eine Rakete oder ein Space-Shuttle den Weltraum erreichen kann, müssen sie viel mehr beschleunigt werden als der Luftballon. Eine Rakete wiegt viele hundert Tonnen und muss auf eine Geschwindigkeit von mindestens acht Kilometern pro Sekunde gebracht werden, damit sie die Erde verlassen kann. Der größte Teil des riesigen Gewichts entfällt übrigens auf den Treibstoff!

Feststoffraketen

Bislang kamen für reguläre Raketenstarts nur chemische Antriebe zum Einsatz. Dabei unterscheidet man zwischen Feststofftriebwerken und Flüssigkeitstriebwerken. Bei Feststoffraketen liegt der Treibstoff als feste Masse vor. Der verbrennende Treibstoff erzeugt ein Gas. Das wird durch eine Düse gerichtet ausgestoßen und treibt so die Rakete voran.

Es werden keine Tanks benötigt und auch keine speziellen Brennstoffpumpen oder Leitungen. Das ist ein großer Vorteil. Aber dafür ist ihre Leistung nicht so groß. Und einmal gezündet, kann die Reaktion nicht mehr unterbrochen werden. Silvesterraketen sind im Prinzip Feststoffraketen.

Flüssigkeitstriebwerke

Flüssigkeitstriebwerke erreichen eine viel höhere Leistung, allerdings sind sie auch viel komplizierter. Raketenmotoren müssen sehr schnell sehr viel Treibstoff verbrennen. Der muss durch Tanks, Pumpen und Leitungen zur Verfügung gestellt werden. Zum Einsatz kommen verschiedene Stoffe, die teilweise auch giftig sind.

Die größte Leistung erbringt die Kombination von flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff. Die müssen zwar aufwändig gekühlt werden, dafür entsteht bei der Verbrennung nur Wasser!

Beim Space-Shuttle kombinierte man Flüssigkeits- und Feststoffantrieb. Die beiden Booster links und rechts des großen Tanks waren Feststoffraketen, die den größten Teil des Schubs lieferten. Wenige Minuten nach dem Start wurden sie abgeworfen. Gleichzeitig verbrannte in den drei Triebwerken des Space-Shuttle Wasserstoff und Sauerstoff aus dem großen orangenen Haupttank.


Hier die Triebwerke des Space Shuttle Atlantis kurz vor dem Start. die bläuliche Färbung der Flamme kommt durch die optimale Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff zustande. Die Kegelform rührt daher, dass in der Flamme ein geringerer Druck als in der Umgebung herrscht, so dass der Strahl zusammengedrückt wird.



Turbopumpen arbeiteten mit gut 30.000 Umdrehungen pro Minute und drückten den Treibstoff mit 300 bis 450 bar in die Brennkammer. Dort wurden Temperaturen von rund 3.300 Grad Celsius erreicht. Jedes Triebwerk verbrauchte pro Sekunde 1.340 Liter Treibstoff!

Die Triebwerke wurden nach jedem Start ausgebaut und überprüft. Sie konnten zehn Mal wiederverwendet werden. Ein einziges Triebwerk kostete rund 50 Millionen Dollar. Diese Triebwerke gehörten zu den leistungsfähigsten, die bisher gebaut wurden.


Triebwerke der Zukunft

Für den Start von der Erde oder einem Himmelskörper werden wohl noch lange Zeit chemische Antriebe genutzt werden. Sie bringen in kurzer Zeit sehr viel Schub auf. Das ist nötig damit die sogenannte Fluchtgeschwindigkeit erreicht werden kann. Sie beträgt auf der Erde acht Kilometer pro Sekunde. Erst dann kann das Schwerefeld der Erde verlassen werden.



Raketenpionier Wernher von Braun vor der Saturn V-Rakete, die Astronauten bis auf den Mond brachte. Pro Sekunde verbrauchten die fünf Triebwerke 15 Tonnen Treibstoff, um die Rakete genügend zu beschleunigen.

Befindet sich ein Satellit oder eine Raumkapsel schließlich im All, kann man auch andere Antriebsideen verwenden. Forscher experimentieren mit den unterschiedlichsten Techniken.

Ionentriebwerke

Bei Ionentriebwerken werden Gase durch ein elektrisches Feld beschleunigt. Zwar ist der Schub sehr gering, dafür wird nur wenig Treibstoff benötigt und es kann eine hohe Endgeschwindigkeit erreicht werden. Der ideale Antrieb für Sonden, die tief ins Weltall vorstoßen sollen und bei denen die Reisedauer keine so große Rolle spielt.

Lichtbogentriebwerke arbeiten ebenfalls elektrisch. Zwischen zwei Elektroden wird eine hohe Spannung angelegt, so dass ein dauerhafter, 5.000 Grad heißer Funke entsteht der sogenannte Lichtbogen. Treibstoff wird hindurchgeleitet, der stark erhitzt wird und dadurch beim Ausströmen durch die Düse für den Antrieb sorgt.

Sonnensegel

Man kann im Weltraum auch segeln! Sogenannte Sonnensegel bestehen aus einer riesigen Fläche aus einem ultradünnen und damit leichten Material. Sie nutzen den Sonnenwind, der sich wie Wind auf der Erde im Segel fängt und es dadurch vorantreibt. Der Sonnenwind besteht aus elektrischen Teilchen, die bei den gewaltigen Reaktionen in der Sonne entstehen. Auf der Erde zeigt sich der Sonnenwind in den Polarregionen als Polarlicht.

Es gibt noch viele weitere Ideen, wie man Raumfahrzeuge und Sonden im Weltraum antreiben kann. Einen Warp-Antrieb, mit dem man so schnell oder sogar schneller als das Licht sein kann, wird es wohl sehr wahrscheinlich leider nie geben. Star Trek bleibt Science-Fiction.

Übrigens

In den 1950er und 1960er Jahren kam man auch auf die Idee, Raumschiffe durch Explosionen von Atombomben anzutreiben. Sie sollten hinter dem Raumschiff im Abstand weniger Sekunden explodieren und dadurch einen riesigen Schub erzeugen. Aber Kernwaffenexplosionen im Weltall sind verboten und auch der Schutz des Raumschiffs und der Mannschaft war nicht gesichert, so dass man die Idee wieder aufgab.

Text: -jj- 13.6.2012 // Bilder: Rückstoß Hartmut Redlefs/PD; Raketenstart NASA/PD; Saturn V-Triebwerk NASA/PD;

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