Der Schneider von Ulm und sein Traum vom Fliegen

Einmal wie ein Vogel durch die Lüfte gleiten diesen Traum hatte Albrecht Berblinger sein Leben lang. Am 31. Mai 1811 wagte der als Schneider von Ulm bekannt gewordene Flugpionier vor den Augen des Königs den ersten Versuch die Donau mit seinem selbst gebauten Flugapparat zu überqueren.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Er schaffte es nicht. Er konnte es gar nicht schaffen, weil die Windverhältnisse an diesem Tag nicht ideal waren. Doch der Druck vor der Masse und dem König zu bestehen war zu groß. Der Schneider stürzte in die Donau und der Hohn und Spott der Menschen verfolgte ihn ein Leben lang. Unglücklich und verarmt starb er im Alter von 58 Jahren in einem Hospital.


Witzfigur oder genialer Erfinder?

Seinen Zeitgenossen galt Albrecht Berblinger als Witzfigur. Als einer, der nicht anerkennen konnte, dass der Mensch eben nicht fliegen kann und die Naturkräfte nicht überlistet werden können. Das ist allerdings ungerecht. Denn der Schneider war tatsächlich ein begabter Erfinder, der sogar eine funktionstüchtige Beinprothese entwickelt hat für Menschen, die ihr echtes Bein oder ihren Fuß bei einem Unfall oder im Krieg verloren haben. Seine Konstruktionen gelten noch heute als Vorbild.

Hängegleiter war flugfähig

Außerdem haben Wissenschaftler inzwischen herausgefunden, dass der Flugapparat des Schneiders von Ulm sehr wohl flugfähig gewesen wäre. Sie haben den Hängegleiter nachgebaut und erfolgreiche Versuche damit gestartet. Am 31. Mai 1811 herrschten über der Donau allerdings solche Fallwinde, dass er scheitern musste.   

Schneider wider Willen

Schon als kleiner Junge hatte Albrecht den Traum vom Fliegen. Die Chance, dass tatsächlich zu schaffen, waren alles andere als gut. Mit 13 Jahren kam er ins Waisenhaus, weil sein Vater starb und er keine Familie mehr hatte. Dort zwang man ihn eine Schneiderlehre zu machen, obwohl er eigentlich lieber Uhrmacher werden wollte. Er interessierte sich brennend für Mechanik, begann nebenbei zu tüfteln und zu erfinden.

Berblinger gegen den Rest der Zunft


Seine bekannteste Erfindung war der Hängegleiter, mit dem der Schneider einmal wie ein Vogel durch die Lüfte fliegen wollte. Die Ulmer spotteten über ihn und man drohte sogar, ihn aus der Zunft zu werfen, weil seine Erfindung nichts mit dem Schneiderhandwerk zu tun hatte. Berblinger musste eine hohe Geldstrafe bezahlen und war mit einem Schlag seine ganzen Ersparnisse los. Als ihm der König Friedrich von Württemberg eine große Geldsumme bot, war das die große Chance für den Schneider von Ulm.

Angst zu versagen

Im Mai 1811 besuchte der König die schwäbische Stadt um sich den sagenumwobenen Flugapparat vorführen zu lassen. Am 30. Mai wollte der Schneider von der Adlerbastei starten. Doch Berblinger traute sich nicht und behauptete, das Gerät sei kaputt. Als er einen Tag später einen erneuten Versuch starten wollte, ließen die Zuschauer keinen Rückzieher mehr zu. Ein Polizist soll dem Flugkünstler einen Stoß gegeben haben und Berblinger stürzte unter Gelächter der Menge in die Donau.

Erster "fliegender" Mensch


Die tragischen Folgen für den "Schneider von Ulm" lassen sich heute nicht mehr rückgängig machen. Wie viele geniale Menschen, war er seiner Zeit voraus, konnte nicht mit ihrer Anerkennung rechnen. Doch heute,  200 Jahre nach seinem Flugversuch, hat Albrecht Berblinger unseren Respekt verdient. Er war der erste Mensch, der sich in die Lüfte erhob, und gehört damit zu den Pionieren der späteren Luftfahrt. Sein Flugapparat kann heute noch als Nachbau im Ulmer Rathaus besichtigt werden.

Nic 25.5.2011 / Fotos: Abbildungen wikipedia gemeinfrei

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