Carl von Linde macht Luft flüssig
Carl Paul Gottfried Linde wurde am 11. Juni 1842 in Berndorf in Oberfranken geboren. Er studierte an der technischen Hochschule in Zürich und wurde Ingenieur. Ab 1868 war er Professor für Maschinenbau an der technischen Hochschule in München. Linde beschäftigte sich mit Kältetechnik, sprich mit Maschinen, die Kälte auf künstliche Art und Weise erzeugen.
Die Vorläufer der Kühlschränke
Foto: Eisschrank aus Norwegen
Vielleicht sagt ihr jetzt: wenn im Sommer man Eis haben will, stellt man einfach einen Behälter mit Wasser ins Gefrierfach. So einfach war das zu Lindes Zeiten jedoch noch nicht. Damals gab es nämlich noch keine Kühl- oder Gefrierschränke im heutigen Sinne. Wollte man Nahrungsmittel oder Getränke kühlen, so hatte man dafür in der Regel zwei Möglichkeiten:
Entweder man besaß einen tiefen Keller mit einer konstant niedrigen Temperatur oder man nutzte einen Eisschrank, einen z. B. mit Holz oder Stroh isolierten Schrank, der mit Natureis gekühlt wurde. Das Eis befand sich in einem separaten Fach und kam nicht mit den Lebensmitteln in Berührung.
Dazu musste im Winter Natureis z. B. aus Seen oder Flüssen in transportable Stücke geschlagen und in sehr kühle Eiskeller gebracht werden, in denen es auch im Sommer möglichst nicht auftaute. In der warmen Jahreszeit brachte der Eismann diese Eisblöcke dann in die Haushalte, die damit ihre Eisschränke immer neu bestückten, sobald der letzte Eisblock weggetaut war. Eine mühsame Sache!
Linde entwickelte ab 1876 Kältemaschinen, die aus Wärme Kälte machten. Das klingt fast nach Zauberei, so funktionieren aber bis heute unsere Kühlschränke.
Das Linde-Verfahren...
Wenn Gase verdichtet, also zusammengepresst werden, erwärmen sie sich. Wenn sie sich wieder entspannen, der Druck also nachlässt, kühlen sie sich ab. Diesen Effekt, der Joule-Thomson-Effekt heißt, könnt ihr bei jeder Spraydose beobachten: je länger man sprüht, desto kälter wird die Düse. Das sich die Flasche selbst abkühlt beruht auf einem anderen Effekt. Der Joule-Thompson-Effekt wirkt nur, wenn sich Gas ausdehnt, und das ist nennenswert erst an der Düse der Fall.
Wird das Gas nach dem Verdichten abgekühlt und dann der Druck wieder gedrosselt, wird das Gas noch kälter. Wendet man dieses System mehrere Male nacheinander an, kann man die Luft sehr stark abkühlen. Die bereits abgekühlte Luft kann man dann wieder zum Vorkühlen der nachströmenden, noch warmen Luft nutzen.
... hält die Limo kühl
Im Kühlschrank kommt das Linde-Verfahren folgendermaßen zum Einsatz: Im Kühlschrank befindet sich ein spezielles flüssiges Kühlmittel, das schon ab Temperaturen unter dem Nullpunkt verdampft. Das Innere des Kühlschranks mit 4-8 Grad Celsius führt also dazu, dass das Kühlmittel verdampft. Bei diesem Vorgang wird der Umgebung Wärme entzogen, die Temperatur im Kühlschrank sinkt. Den gleichen Abkühlungseffekt erlebst du übrigens, wenn du schwitzt. Die Flüssigkeit (Schweiß) auf der Haut verdampft und kühlt dich ab.
Nun wird das Kühlmittel aus dem Kühlschrank herausgesogen und mit einem Kompressor verdichtet. Es erwärmt sich und gibt Wärme über die Kühlrippen auf der Hinterseite des Kühlschrankes ab. Mithilfe des Linde-Verfahrens wird so die warme Luft aus dem Inneren nach draußen transportiert. Ist es im Kühlschrank kalt genug, wird der Kreislauf so lange angehalten, bis der Thermostat anzeigt, dass wieder Kühlung nötig ist, dann gehts wieder los.
Luft wird flüssig
Foto links: Linde - Luftverflüssigungsanlage auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900.
Mit dem nach ihm benannten Verfahren gelang es Linde auch, Luft flüssig zu machen. Bei -189 Grad Celsius geschieht dies nämlich. Man spricht vom Siedepunkt der Luft. Bei Temperaturen unter -189 Grad ist Luft flüssig, darüber gasförmig.
Foto rechts: Weltweit erste Anlage zur Gewinnung von Edelgasen (Sauerstoff-Argon-Apparat, 1913).
Der Nutzen? Flüssige Luft lässt sich in ihre Bestandteile zerlegen: Sauerstoff, Stickstoff, Argon und weitere Edelgase, die in der Luft enthalten sind, kann man auf diese Weise gewinnen. Argon etwa wird zum Schweißen, in Feuerlöschern und Glühbirnen verwendet.
Und wie kam Herr Linde zu seinem von?
Foto: Carl Linde
1897 wurde Linde vom bayerischen König Ludwig II in den persönlichen, nicht erblichen Adelsstand erhoben. Diese Form des Adels existierte in Deutschland von 1815 bis 1918 nur in Bayern und Württemberg. Carl von Linde starb 1934 im Alter von 92 Jahren in München. Lindes Firma, die Linde AG ist heute übrigens ein internationaler Konzern.
Link:
Foto: Linde-Werksanlagen in Höllriegelskreuth bei München im Jahre 1929.
Ein animiertes Schaubild erklärt, wie das Lindeverfahren funktioniert.
Text: lm 11.06.07, Fotos: Illustration Linde-Verfahren: Martin Kossick CC, Eisschrank: GFDL: Kjetil Lenes, alle übrigen Fotos: www.linde.com.
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